Zusammenfassung
Mit der Annexion Österreichs — am 13. März 1938 war Hitler unter großem Jubel und Begeisterung der auf den Straßen befindlichen Massen in Wien einmarschiert — begann nun die zügige Gleichschaltung der österreichischen Politik und des öffentlichen Lebens1 und damit eine Periode offenen nationalsozialistischen Terrors gegen politische Gegner, Gegnerinnen und die jüdische Bevölkerung. Auch Hermann Broch wurde noch am Tag des Hitlerschen Einmarsches verhaftet. Aufgrund günstiger Umstände — er war wegen kommunistischer Umtriebe arretiert worden, seine jüdische Glaubenszugehörigkeit blieb offenbar unbemerkt — wurde er am 31. März 1938 wieder entlassen.2 Nach seiner Entlassung trieb Broch, der schon 1934 über eine Auswanderung nachgedacht und vorsorglich seine etwa zweitausend Bände umfassende Bibliothek in die Wohnung Ea von Alleschs gebracht hatte3, seine Emigrationspläne mit beratender Unterstützung auch seitens von Alleschs voran. Die Verbindung von Hermann Broch und Ea von Allesch war zwar keine Liebesbeziehung mehr, dennoch war sie nach wie vor von großer Intensität, in ihrer Wut und Enttäuschung ebenso wie in ihrer Zuneigung und Fürsorge. Broch emigrierte Mitte des Jahres 1938 über verschiedene europäische Stationen in die USA. Seine achtzigjährige Mutter, die Österreich nicht verlassen wollte, zog in Brochs ehemaliges Zimmer in der Wohnung Ea von Alleschs in der Peregringasse 1.
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Literatur
Im Zuge der Gleichschaltung der Presse ging beispielsweise noch im Jahr 1938 die Anzahl der Tageszeitungen von ehemals 22 auf 12 zurück und reduzierte sich während der Naziherrschaft fortwährend — ein herber Verlust für die Zeitungsstadt Wien war sicherlich besonders das im Januar 1939 ausgesprochene Verbot für die traditionsreiche liberale Neue Freie Presse.
Vgl. Lützeler (1985), S. 218ff.
Vgl. ders. (1985), S. 83
Pohanka, Reinhard: Stadt unter dem Hakenkreuz. Wien 1938–1945. Wien 1996, S. 23
Hack; Kleiß (Hg.), S. 417
Das genaue Datum der Deportation Johanna Brochs ist unklar. Wie aus einem Brief Hermann Brochs an seinen Verleger Daniel Brody deutlich wird, befand sich Johanna Broch 1940 noch in der Obhut Ea von Alleschs. Die Situation wurde jedoch zusehends gefährlicher für die alte Frau. Broch an Brody am 25. Februar 1940 aus Princeton: „Zu den europäischen Sorgen gehört natürlich in wachsendem Maße die Mutter; es wird ja doch notwendig werden sie herauszubringen, und wie man dies mit einer so alten, gebrechlichen und umständlichen Frau bewerkstelligen soll, ist unausdenkbar“ (dies., S. 416). In einem anderen Brief an Daniel Brody aus dem Jahr 1948 spricht Broch von drei Jahren (ausgehend vom Zeitpunkt seiner Emigration sind es die Jahre 19381941), in denen Ea von Allesch Johanna Broch betreut hat (vgl. dies., S. 501).
Ea von Allesch an Hermann Broch, 14. März 1946. Autograph der Beinecke Rare Book and Manuscript Library der Yale University, New Haven, USA
Vgl. auch Zeemann, 5. 120
Lützeler (1985), S. 227
Vgl. Pohanka, S. 34ff.
Als Jude sah Friedell für sich in Österreich keine Lebensmöglichkeit mehr. Eine Emigration kam für ihn jedoch nicht in Frage (vgl. Haage, Peter: Der Partylöwe, der nur Bücher fraß. Egon Friedell und sein Kreis. Hamburg/Düsseldorf 1971).
Täubele, Paraphrase des Interviews
Vgl. Bruckmüller, S. 518f.
Pohanka, S. 59
Zitiert nach Lützeler (1985), S. 227. Dem Zufall, daß das Wohnhaus Ea von Alleschs nicht Opfer der Bomben wurde und der Tatsache, daß Ea von Allesch 1944 dem Aufruf der Regierung, für die ausgebombten öffentlichen Bibliotheken private Buchbestände abzuliefern (vgl. Pohanka, 5. 55) nicht Folge geleistet hat, ist es zu verdanken, daß Brochs zweitausend Bände umfassende Bibliothek, die sich — wie bereits erwähnt — während des Krieges in der Peregringasse befand, fast vollständig erhalten blieb.
Zitiert nach Lützeler (1985), S. 317
Zitiert nach ebd.
Malmberg, S. 156
Vgl. Pötzl, Lebenslauf
Vgl. Neck, Rudolf: Innenpolitische Entwicklung, in: Weinzierl, Erika; Skalnik, Kurt (Hg.): Osterreich. Die Zweite Republik. Graz/Wien/Köln 1972, Band 1, S. 149f.
Unveröffentlichter Brief Hermann Brochs an seinen Wiener Anwalt vom 15. Februar 1946, Autograph der DöL, Wien
Neck (1972), S. 149
Vgl. Brusatti, Alois: Entwicklung der Wirtschaft und Wirtschaftspolitik, in: Weinzierl; Skalnik (1972), Band 1, S. 424
Zitiert nach Schönwiese, S. 89
Vgl. Lützeler (1985), S. 291f.
Vgl. ders. (1985), S. 317
Vgl. ebd.
erscheint Ea von Allesch in Lehmanns Allgemeinem Wohnungsanzeiger unter der Berufsbezeichnung „Wissenschaftliche Graphologin“.
Leider existieren nur drei Briefe Ea von Alleschs aus dieser Periode. Aus Brochs Briefen von 1946 bis 1951 an Ea von Allesch geht jedoch eine regelmäßige Korrespondenz der beiden miteinander hervor.
Hermann Broch an Ea von Allesch, 14. Januar 1948, Autograph der DöL, Wien
Hermann Broch an Ea von Allesch, 20. Mai 1947, Autograph der DöL, Wien
Hermann Broch an Ea von Allesch, 18. Oktober 1950, Autograph der DöL, Wien
Hermann Broch an Ea von Allesch, 10. Juli 1950, Autograph der DöL, Wien
Hermann Broch an Ea von Allesch, 09. August 1950, Autograph der DöL, Wien
Hermann Broch an Ea von Allesch, 04. November 1950, Autograph der DöL, Wien
Schönwiese, S. 89
Vgl. Pötzl, Lebenslauf
Akt 6 A 593/53 des Bezirksgerichtes Innere Stadt, Wien
Vgl. Albertsen, S. 153; Schönwiese, S. 90
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Severit, F. (1999). 1938–1953: Kampf ums Überleben — Körperlicher Verfall und Tod. In: Ea von Allesch: Wenn aus Frauen Menschen werden. Literaturwissenschaft / Kulturwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08435-8_8
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