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Zusammenfassung

Eine Definition bei der sozialwissenschaftlichen Behandlung der Abfallproblematik lautet, daß „Abfall“ eine gesellschaftlich konstruierte Zuschreibung von Unwert sei. Zwar entstehen immer Stoffe und Dinge, die für deren Produzenten oder Konsumenten irgendwann wertlos sind, doch die Auffassung, dies sei jetzt „Abfall“, mit den entsprechenden Konsequenzen für dessen „Beseitigung“, ist in dieser soziologischen Sichtweise ein Vorgang, der nicht selbstverständlich ist. Lassen sich über solche gesellschaftlichen Zuschreibungen allgemeine Aussagen treffen?

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Literatur

  1. Thompsons (1981) Anspruch an seine Theorie ist sehr viel weitergefaßt. Es geht ihm wohl darum, anhand der Kategorie ”Abfall“, als dem gesellschaftlich Ausgeschlossenem, eine Gesellschaftstheorie zu verfassen. Ich halte diese Konzeption für nicht überzeugend, insbesondere ist seine Anwendung der mathematischen Katastrophentheorie zur Konzeptualisierung meines Erachtens wenig erhellend.

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  2. Auf die Neufassung des Abfallgesetzes als Kreislaufwirtschaftsgesetz wird noch eingegangen (vgl. Kapitel 2.4.2).

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  3. Herrmann (1986) und Ruckdeschel (1990). Ein Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts, der in dieser Weise archäologische Forschungen betrieb, war Rudolf Virchow, der zwei Aufsätze über Funde von Küchenabfällen verfaßte (vgl. Vasold 1988, S. 328).

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  4. Das neuzeitliche Pendant zu diesem Vorgehen ist das Garbage Project, vgl. Kapitel 1.

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  5. Es besteht eine interessante Analogie zur Entwicklung der Wasserver- und -entsorgung. Nach Tarr (1996, S. 10) läßt sich im 19. Jahrhundert wiederholt der Aufbau von Versorgungssystemen beobachten, ohne daß eine entsprechende geregelte Entsorgung sicher gestellt oder auch nur angedacht wurde. 12

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  6. Die Ambivalenz, die mit diesem Beispiel verbunden ist, liegt darin, daß Platin als Katalysator ja gerade die Umweltverträglichkeit von Autos verbessern soll.

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  7. Allgemein über sozialwissenschaftliche Anwendungen des Entropiekonzeptes berichtet Proops (1987).

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  8. Der Begriff geht auf Rostow (1969) zurück, der die Entwicklung des Kapitalismus im 19. Jahrhundert in drei Phasen unterteilt. Die mittlere Periode bezeichnet den wirtschaftlichen „take off‘, der durch große ökonomische Wachstumsraten, die Ausbildung eines führenden industriellen Sektors und durch politisch sowie sozial adäquate Rahmenbedingungen zu charakterisieren ist. Rostow (1969, S. 291) setzt den Zeitraum dieser Phase der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland von 1850–73 an.

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  9. Eine problemorientierte Darstellung der abfallwirtschaftlichen Sichtweise von Stoffflüssen gibt Schenkel (1993), vgl. auch Sachverständigenrat (1991, S. 21ff.).

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  10. Als Kritik an den folgenden historischen Teilen habe ich verschiedentlich gehört, daß sie zu lang geraten seien. Ich habe mich trotz dieser — wohlgemerkt nicht einhelligen — Rückmeldungen dafür entschieden, im wesentlichen nicht zu kürzen, weil gerade in der historischen Einordnung die Relativität aktueller Entwicklungen deutlich wird. In einer längeren zeitlichen Perspektive gewinnen Entwicklungstendenzen in der gesellschaftlichen Bearbeitung des Abfallproblems deutlichere Konturen. Einige Interviewpartner aus Abfallwirtschaftsämtern, die ihre eigene Arbeit explizit in einen historischen Rahmen einordneten (vgl. Kapitel 5.2), motivierten mich, den historischen Wurzeln der Abfallproblematik detaillierter zu folgen als es ursprünglich geplant war.

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  11. „Sonst gilt vielfach Mull (in Torfmull auch hd.), schwed. mull ,Erde‘ mit nachträglicher üAussprache [...]. Die alte Sprache bevorzugt das Sammelwort ahd. gamulli, mhd. gemülle, mnd. gemül“ (Kluge 1975, S. 492).

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  12. „Das“ steht im Original.

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  13. Melosi (1981, S. 14) spricht in diesem Zusammenhang von einer „service revolution“.

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  14. Im historischen Kontext beschreibt Tarr (1996, S. 165ff.) am Beispiel der Abwasserbehandlung Reaktionen des Wissenschaftssystems und des politischen Systems auf öffentlichen Protest hin. Dieses Muster — offizielle Maßnahmen erst als Reaktion auf öffentlichen Widerspruch — findet sich auch in der Abfallwirtschaft unserer Tage wieder (vgl. Looß 1992, S. 110 und Kapitel 4; auf ähnliche Sachverhalte beim gegenwärtigen ökologischen Diskurs weist Hansen 1991 hin).

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  15. Wohl (1983, S. 87) vertritt eine etwas andere Sichtweise. Er geht davon aus, daß die MiasmaTheorie, trotz großer Defizite, viele positive Wirkungen hatte. „The pythogenic view focused attention on the sanitary state of things, and although the theory of the propagation of disease which it advanced was incorrect, it nevertheless achieved much good.“

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  16. Eine ausführliche Darstellung der Abwasserentsorgung in einer historischen Perspektive geben Lange und Otterpohl (1997), bei der sie auch auf Defizite des heutigen Systems verweisen. Nach Meinung der Autoren habe die Festlegung von Standards der Abwasserentsorgung im letzten Jahrhundert dazu geführt, daß nicht die zu lösenden Aufgaben, sondern das Funktionieren der Schwemmkanalisation von primärem Interesse war. „Erst seit einigen Jahren kommen regional unterschiedliche und angepaßte Lösungen wieder in den Blickpunkt der Expertendiskussion“ (S. 26).

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  17. Roscher (1992) weist auf die großenteils bisher unberücksichtigten sozialen Folgen der Einführung dieser technischen Großsysteme hin. Tarr (1996, S. 179ff.) geht unter anderem im Rahmen einer retrospektiven Technikfolgenabschätzung auf die Abwasserbehandlung in den USA im Zeitraum 1800–1932 ein. Er sieht Folgewirkungen zum Beispiel auf der Ebene politischadministrativer Integration.

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  18. „The growing faith in sanitary engineers as protectors of the urban environment also led to the assumption that solid waste was primarily an engineering problem. Faith in technology fostered the belief that since the water-carriage problem had been solved by technical means refuse could likewise be mastered through the skills of the engineer“ (Melosi 1981, S. 89).

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  19. Auf das heutige Verhältnis von Abfallexperten und Öffentlichkeit (bei dem sich durchaus Ähnlichkeiten zu den obigen Aussagen finden lassen) werde ich noch in den Kapiteln 5.2 und 7 zurückkommen.

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  20. „The male-dominated elitists, efficiencyorientated technical reformers operated independently of the primarily female-dominated aesthetics — and healthoriented civic groups“ (Melosi 1981, S. 132).

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  21. Hering und Greeley (1921, S. 310) zitieren einen ungarischen Autor von 1911, der die Abfallverbrennung unter anderem mit der Auffassung befürwortete: „In our century and in the name of hygiene and humanity, there should no longer be people, who, to earn their living, are compelled by a municipality to pick over its refuse.“

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  22. Bereits von zeitgenössischen Autoren wurde um 1900 die „wastefulness“ der amerikanischen Bevölkerung beklagt. „Americans have not learned to save; and their wastefulness imperils their future“ (zit. n. Melosi 1972, S. 639).

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  23. Es wurde auch schon die Gefahr von Altlasten gesehen: „It is not advisible to dump rubbish on any ground that is expected to be used for any other purpose within a few years“ (Hering/Greeley 1921, S. 633f.).

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  24. Im Zeitraum 1954–90 stieg die Produktionsmenge der deutschen Verpackungsindustrie um 700 % (Auge/Hamm 1992). Der wachsende Anteil von Verpackungen am Abfallaufkommen lieferte die Begründung für die Verpackungsverordnung mit der Konsequenz der Bildung des Dualen Systems in der Bundesrepublik Deutschland.

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  25. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (1978, S. 441) sieht in der Bundesrepublik bis Anfang der 70er Jahre eine „Latenzzeit“ der Umweltpolitik. „Was fehlte, war das allgemeine Engagement für eine in größeren Zusammenhängen gesehene Umweltsicherung, wie es zu Anfang der siebziger Jahre entstand.“

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  26. Das komplizierte Wechselspiel zwischen Ökologie-Bewegung und wissenschaftlichem ökologischen Diskurs haben Cramer, Eyerman und Jamison (1987) untersucht. Sie unterscheiden drei Phasen in dieser Beziehung von wissenschaftlichem Subsystem und interessierter Öffentlichkeit, wobei sie insbesondere zur Charakterisierung der ersten Phase Rachel Carsons Buch von 1962 „Silent Spring“ eine große Wirkung zuschreiben (S. 94ff.).

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  27. Krohn (1997) stellt Entwicklungen in der Abfallwirtschaft, wie insbesondere die Einführung unterschiedlicher Deponietypen und Entsorgungskonzepte als eine Stufenfolge rekursiver Lernprozesse dar. Bei den abfallwirtschaftlichen „Experimenten“ hätte nicht das Nicht-Wissen am Anfang der Entwicklung gestanden, sondern es zeige sich an diesen Beispielen, daß es erst durch Forschungsstrategien aufgedeckt werde. Die „Auflösung von Wissensdefiziten in bearbeitbare Probleme und machbare Lösungen“ werde jedoch immer wieder neues Nicht-Wissen erzeugen (S. 84), das heißt, den Zustand des Experimentierens wird man nicht überwinden können. Die heutige Situation in der Abfallwirtschaft sei eine Übergangsphase, in der von primär technischen Experimenten zu sozio-technischen übergegangen werde. Mir erscheint fraglich, ob sich wirklich eine eindeutige Stufenfolge in der Entwicklung der Abfallwirtschaft nachweisen läßt.

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  28. Seminarteilnehmerinnen eines empirischen Praktikums zum Thema „Müllproblem“ wiesen mich 1992 auf ein Schild an einem Parkplatz in Oberjoch/Allgäu hin, das diese Entwicklung kurz und knapp umschrieb. Dort stand: „Dies ist eine Wertstoffsammelinsel und kein Müllabladeplatz.“

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  29. Die obigen Zahlen beziehen sich auf die alten Bundesländer. Nach dem Statistischen Bundesamt (1997, S. 718) lag die Zahl der Deponien in ganz Deutschland im Jahre 1993 bei 2 948. Es gab 56 Verbrennungs- und 358 Kompostieranlagen.

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  30. Außer den bereits erwähnten historischen Analogien besteht hier eine Ähnlichkeit zu argumentativen Strategien von Bürgerinitiativen und allgemein alternativer Bewegungen, die ebenfalls über Risikoargumentationen oftmals ihre Einschätzungen von Technologien im öffentlichen Diskurs verankern möchten (vgl. van den Daele 1989 und Abschnitt 4.6).

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  31. Auf die Wichtigkeit solcher Erzählungen für die Entwicklung und den Bestand von Organisationen gehen beispielsweise Westerlund und Sjöstrand (1981, S. 44ff.) unter den Stichworten „Organisationsmythen“ und „-sagen“ ein.

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  32. Geradezu symptomatisch scheint mir zu sein, daß die Abfallwirtschaftsämter, die wir für die Gespräche aufsuchten, oftmals in neuen, sehr modernen Gebäuden untergebracht waren, so daß sich die durch die Gesprächspartner vermittelte „Aufbruchsstimmung“ vielfach in dem „Ambiente“ wiederfand. Besonders eindrucksvoll war in diesem Zusammenhang das Gebäude beim Gespräch E. Es ist ein Neubau mit viel Glas und Stahl, an dessen etwas futuristischer Fassade in blauer, geschwungener Leuchtschrift steht: „Abfallwirtschaftsamt der Stadt [X]“. Auf die Interviews, beispielsweise auf die angesprochene Dichotomie von „früher“ im Gegensatz zur Situation „heute“, werde ich noch detaillierter im Kapitel 5.2 eingehen.

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  33. Im Zusammenhang mit der Abfallpolitik am Anfang der 90er Jahre in der Bundesrepublik schreibt der Sachverständigentrat für Umweltfragen (1998, S. 174): „Von Neuorientierung, Systembruch, ja sogar von einer Revolution in der Abfallwirtschaft ist die Rede.“

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  34. Im „Amtsblatt der Stadt Karlsruhe“ vom 13.9.96 wird unter der Überschrift „Noten fürs Verwerten: Für DSD ist es noch zu wenig“ über die Abfall- und Wertstoffsammlung in Karlsruhe berichtet: „Alles was kleiner ist als sechs Zentimeter im Durchmesser, fällt beim Sieben in der Sortieranlage übrigens durch.“ Dieses technische Faktum erfordere persönlichen Einsatz, denn dem verantwortungsbewußten Verbraucher und der gewissenhaften Abfallsammlerin wird von einem Mitarbeiter der Anlage geraten, „etwa Alu-Deckel von JoghurtBechern in einer gekennzeichneten Tüte zu sammeln und so als Wertstoff zu retten“! (Hervorhebungen nicht im Original.)

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  35. Hier werden auch unkonventionelle Wege beschritten. In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 12.6.96 wird unter dem Titel „Eine Müll-Lotterie zur Stärkung des Sammeleifers“ berichtet: ”[...] bei der ersten deutschen Müll-Lotterie ist vieles anders: Das uRecycling-für-Millionen Spiel‘ verlegt den Ziehungsort aus dem Aufnahmestudio in eine Abfallsortieranlage. Hier hat die mit Gummihandschuhen geschützte Glücksgöttin aus der auf einem Band vorbeiziehenden Mischung aus alten Joghurtbechern, Shampooflaschen und Käseschachteln so lange leergetrunkene Getränkekartons herauszufischen, bis sie eine Milch oder Safttüte identifizieren kann, auf der mit einem wischfesten Filzstift der Name und die Telefonnummer eines Verbrauchers notiert ist. Denn gewinnen kann bei dieser Abfall-Lotterie nur, wer seinen Müll vor dem Wurf in die gelbe Tonne ordentlich beschriftet.“

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Martens, B. (1999). Das Abfallproblem im historischen Zusammenhang. In: Die gesellschaftliche Resonanz auf das Abfallproblem. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08211-8_2

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