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Faschismus und Geschichte

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Part of the book series: Literaturwissenschaft/Kulturwissenschaft ((LWKW))

Zusammenfassung

Wie bei allen Schelmenromanen entspricht die narrative Struktur der Insel des zweiten Gesichts dem autobiographischen Muster. Und dennoch ist dort nicht »genau die typische Doppelebene pikaresken Erzählens realisiert«.1 Wie Guillaume van Gemert so scheint der Forschung insgesamt entgangen zu sein, daß sich außer der als Schreibgegenwart zu bezeichnenden Zeitstufe und den »zwanzig« Jahre (S. 9) zurückliegenden Ereignissen auf Mallorca, welche die Haupthandlung des Textes bilden, noch fünf weitere Erzählstränge auf Grund der temporalen und vor allem der räumlichen Gegebenheiten unterscheiden lassen. In chronologischer Ordnung sind zuerst Kindheit und Jugend des Protagonisten in seinem kaiserzeitlich geprägten Heimatort am Niederrhein zu nennen; danach folgen die beiden in die Epoche der Weimarer Republik fallenden Stationen seines Studiums, anfangs in Köln, später dann in Münster. Am nächsten an die Inselzeit rückt Vigoleis’ Tätigkeit als Übersetzer in Amsterdam heran. Der Bericht von seinen Erlebnissen in Portugal während des zweiten Weltkriegs schließlich liegt von der Hauptebene aus gesehen in der Zukunft.

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Literatur

  1. So aber Guillaume van Gernert: Don Quijote und Sancho Pansa zugleich, S. 45.

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  2. Hans Daiber: Striptease einer Schreibmaschine, S. 21.

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  3. Dies implizieren andere Vergleiche, die Thelen für seine Schreibart findet: So spricht er vor allem von seinem »Kaktusstil«, bemüht aber auch Bilder von Koralle und Zugvogel (siehe dazu Jürgen Pütz: »Geschichten sind doch nicht dazu da, daß sie rasch zu Ende gehen«, S. 114).

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  4. Vgl. diese Auflistung der Textstellen, an denen ein Übergang von der Haupt- zu einer Nebenhandlung erfolgt: S. 21 ff. Amsterdam S. 345ff. Köln S. 68f. Süchteln S. 410 Portugal (Grenzstation) S. 89ff. Köln S. 461f. Köln S. 225ff. Süchteln S. 484ff. Portugal S. 238f. Basel S. 526ff. Süchteln S. 266ff. Amsterdam S. 566ff. Köln S. 274ff. Süchteln S. 590f. Köln S. 337ff. Münster S. 719ff. Münster

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  5. Zur Terminologie siehe jochen Vogt: Aspekte erzählender Prosa, S. 118–125.

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  6. Zur symbolischen Verwendung der Kartoffel vgl. auch S. 285 u. 331.

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  7. Siehe dazu Hans-Ulrich Wehler: Das Deutsche Kaiserreich, S. 105f. u. 133.

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  8. Vgl. Wilhelm von Humboldt: Über das vergleichende Sprachstudium, bes. S. 19–21. Zum »Wandel der Bildungsidee« im Kaiserreich siehe Hellmut Becker/Gerhard Kluchert: Die Bildung der Nation, S. 49–81.

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  9. Siehe dazu Hans-Ulrich Wehler: Das Deutsche Kaiserreich, S. 118f. u. 122.

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  10. Siehe dazu Reinhard Kühnl: Die Weimarer Republik, S. 129.

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  11. In Preußen und Kaiserreich galten »die Festigung vaterländischer Gesinnung und Treue gegenüber der Dynastie als höchste Lehrziele« (H lans-Ulrich Wehler: Das Deutsche Kaiserreich, S. 125; siehe dazu auch Helmut König: Imperialistische und militaristische Erziehung, S. 20–26). Zumindest der ‘heimliche Lehrplan’ im Unterricht der Folgestaaten diente analogen Zwecken. (Siehe dazu Karl-Heinz Hucke/Hermann Korte: Literaturgeschichte, S. 11).

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  12. Siehe dazu Hellmut Becker/Gerhard Kluchert: Die Bildung der Nation, S. 231f. u. 234–236.

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  13. »Die rheinische Bewegung kann als bürgerliche Protestbewegung gegen eine zu starke Zentrali-sierung des Staatswesens« verstanden werden« (Klaus Reimer: Rheinlandfrage und Rheinland-bewegung. S. 415). Viele politische Kräfte sahen »nach der Abdankung Wilhelm II eine Chance, sich von der preußischen Bevormundung zu befreien« (ebd., S. 411). Dortens Kabinett in der rheinischen Republik gehörte auch das historische Pendant zur Figur Kremers an (vgl. ebd., S. 310f.). Ein Erlaß vom 22. Okt. 1923 gibt Auskunft über seine Ziele: »Zur Rettung des Rheinlan-des in letzter Stunde vor völliger Verelendung durch Preußens Schuld und vor linksradikaler Revolution haben die unabhängigen Rheinländer die Zivilgewalt übernommen« (zitiert aus ebd., S. 453).

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  14. »Von einer hohen Prädestiniertheit und Anfälligkeit eines Großteils der geistigen Elite« gehen auch Karl Dietrich Bracher, Wolfgang Schulz und Gerhard Sauer (Die nationalsozialistische Machtergreifung, S. 22) aus.

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  15. Siehe dazu Gerhard Bauß: Die Studentenbewegung der sechziger Jahre, S. 223–226.

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  16. Siehe dazu Reinhard Kühnl: Die Weimarer Republik, S. 110f.; Hans-Ulrich Wehler: Das Deutsche Kaiserreich, S. 1291

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  17. Albert Vigoleis Thelen wußte um den Reiz dieser Figur und wählte darum die Passage über den Besuch des Paares bei Martersteig für eine eindrucksvolle Lesung, von der noch eine Aufzeichnung existiert.

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  18. Siehe dazu Hans-Ulrich Wehler, Das Deutsche Kaiserreich, S. 185–187.

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  19. Die jüdische Schauspielerin Gerstenberg findet mit ihrem Sohn ebenfalls früh Zuflucht in der »Pension del Conde« (vgl. S. 149f.). Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung fliehen dann zahlreiche Emigranten auf die Insel.

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  20. Walter Hofer (1Hg.): Der Nationalsozialismus, S. 14.

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  21. Im Kaiserreich ist von einer nachhaltigen »Militarisierung maßgeblicher Gruppen der Gesamtgesellschaft«, von einem »sozialen Militarismus« auszugehen, »demzufolge das Militär nicht nur an die Spitze der Prestigeskala rückte, sondern mit seinen Wert- und Ehrvorstellungen, seinen Denk- und Verhaltensweisen die ganze Gesellschaft durchdrang« (Hans-Ulrich Wehler: Das Deutsche Kaiserreich, S. 158; siehe dazu auch Reinhard Kühnl: Die Weimarer Republik, S. 129).

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  22. Als immanenter ‘Beweis’ für diese Behauptung wird der Offizier im folgenden auch als Major, Oberst, General und Feldwebel bezeichnet (vgl. S. 207f.).

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  23. Vgl. etwa auch S. 205: »Ich verstehe ja doch nichts von kriegerischem Geplänkel«.

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  24. Jaroslav IHašek: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk, Bd. 1, S. 97.

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  25. Siehe dazu Helmut Günther: Der ewige Simplizissimus, S. 1; Wilfried van der Will: Pikaro heute, S. 23f.

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  26. Siehe dazu diese Arbeit, Kap II, S. 33, Anm. 58.

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  27. Siehe dazu Hans-Ulrich Wehler: ine »auf konservativ-autoritäre Maximen« (Das deutsche Kaiserreich, S. 73) ausgerichtete Bürokratie sorgte im Kaiserreich »für ein hohes Maß an Kontinuität in den Staatsgeschäften« (ebd., S. 72). Man kann »erst aus der Geschichte der preußischdeutschen Bürokratie im Kaiserreich das ganze Gewicht der Bürde ableiten, die sich die Weimarer Republik mit der Übernahme einer derartigen vorgeformten Beamtenschaft auflud« (ebd., S. 76f.). Siehe dazu auch Reinhard Kühnl: Die Weimarer Republik, S. 70–72.

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  28. Hans-Ulrich Wehler: Das Deutsche Kaiserreich, S. 75.

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  29. Das in der Insel des weiten Gesicts beschriebene Verhalten des Staatsbeamten ist im Kaiserreich durchaus typisch. Dort waren »Formalisierung und unpersönliche Regelhaftigkeit des Verfahrens, [...] formalistische Federfuchserei [...], Schalterdistanz, Dünkel nach außen und Liebedienerei nach innen gegenüber Vorgesetzten« üblich (ebd., S. 75). Die Bürokratie wurde zum »Vorbild« für einen »allgemeinen Bürokratisierungssprozeß im deutschen gesellschaftlichen Leben«. Als sozialpsychisches »Pendant« bildete sich besonders bei den Angestellten »eine konfliktscheue, zu Identifikation mit« dem jeweiligen »Dienstherrn< [...] neigende Gruppenmentalität« heraus (ebd., S. 77).

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  30. Siehe dazu Wolfgang Scheffler: Judenverfolgung im Dritten Reich, S. 35–39; Hans-Ulrich Thamer: Verführung und Gewalt, S. 691 u. 703.

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  31. Jurij M. otman, auf den diese Terminologie zurückgeht, bezeichnet die einem solchen Interpretationsverfahren zugrundeliegende Textstruktur als »Ko-opposition sich wiederholender äquivalenter lemente«: »Die kombinatorische Anordnung der Textelemente und die daraus resultierende Bildung zusätzlicher Sinne nach dem Prinzip der internen Umkodierung [...] stellen die Grundlage des Mechanismus eines literarischen Textes dar« (Die Struktur literarischer Texte, S. 122f.).

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  32. Die Berechtigung einer solchen Zuordnung bezeugt etwa die alltägliche Prozedur, durch die Don Fernando mit seinem fahruntüchtigen Auto ins Büro gelangt (vgl. S. 255).

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  33. »Ich lasse zwei Postkarten an mich selbst los —: zurück an den Absender, falls unbestellbar. Als Absender gebe ich mich selbst auf, einmal mit der alten, dann mit der neuen Adresse. Die Karten folgen einander im Abstand von einigen Tagen. Den Rest besorgt der Postbote. Er stellt fest, daß es Vigoleis an der angegebenen Adresse nicht gibt und steckt die Karte wieder in die Tasche — zurück an den Absender. Beim nächsten Bestellgang wird dieselbe Adresse wieder beschritten, mit demselben Ergebnis. Die Karte geht verloren. Die zweite ist nicht frankiert, wesalb die Post die Gänge mehrmals ausführen läßt, um an ihr Geld zu kommen. Auf diese Weise spielt sich die Bestellung ein, und wenn ich ankomme, klappt es wie am Schnürchen« (S. 595).

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  34. Auch dieser ‘Roman im Roman’ kann als Beitrag zum immanenten ästhetischen Diskurs interpretiert werden, doch ergeben sich daraus keine grundlegend neuen theoretischen Einsichten gegenüber der Lesung aus Vigoleis’ (Euvre im Literaturkreis der Schauspielerin Adele Gerstenberg (vgl. dazu diese Arbeit, Kapitel II, S. 35f.).

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  35. Zum Vorgehen der Nationalsozialisten bei der Gleichschaltung des gesellschaftlichen Lebens vgl. I lans-Ulrich Thamer: Verführung und Gewalt, S. 259–261.

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  36. Vgl. dazu Reinhard Kühnl: Die Weimarer Republik, S. 237: »Die Menschen aus den bürgerlichen Mittelschichten [...] bejubelten [...] ihre eigene ntmündigung und Unterjochung«.

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  37. Siehe dazu Hans-Ulrich Thamer: Verführung und Gewalt, S. 417–425.

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  38. Siehe dazu Walter Hofer (Hg.): Der Nationalsozialismus, S. 120.

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  39. Zum weitgehend konformen Verhalten der christlichen Kirchen gegenüber dem Nationalsozialismus siehe Reinhard Kühnl: Die Weimarer Republik, S. 125–127; Hans-Ulrich Thamer: Verfürung und Gewalt, S. 435–446.

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Neumann, M. (2000). Faschismus und Geschichte. In: Der pikarische Moralist. Literaturwissenschaft/Kulturwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08182-1_4

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