Zusammenfassung
Den Rahmen sowohl für theoretische wie meta-theoretische Desiderata jedweder Forschungsentwicklung bietet auf höchstem Abstraktionsniveau heute sicherlich die pragmatisierte Konzeption der Erklärungsstruktur, zumal diese Pragmatisierung auch zu einer integrativen Perspektive von Erklären und Verstehen geführt hat (vgl. Schurz, 1990a). Die klassische Konzeption der Erklärungsstruktur war eine primär syntaktisch bzw. formal-semantisch ausgerichtete, für die das sogenannte Hempel-Oppenheim-Schema der deduktiv-nomologischen Erklärung das prototypische Beispiel darstellt. Die Relevanz pragmatischer Aspekte, also die Bedeutung von Fragekontexten, Antwortdimensionen etc. wurde nach einiger Zeit z.B. durch die Strukturdivergenz von Erklärung und Prognose deutlich (vgl. Lenk, 1972), die heute unter dem Terminus Erklärungsasymmetrien behandelt wird. Ein klassisches Beispiel dafür ist der Barometerfall (von Grünberg): Das Fallen des Barometers (als Indikator des absinkenden Luftdrucks) ist als Prognose für den kommenden Sturm völlig akzeptabel, nicht aber als Erklärung dieses Sturms; unter Erklärungsperspektive verhält es sich anders herum, das Fallen des Barometers wird durch das anziehende Sturmtief erklärt. Die gleiche Erklärungsasymmetrie liegt beim Beispiel des Fahnenmastschattens (von Bromberger) vor: Wenn man den Sonnenstand kennt, kann man entweder aus der Länge des Fahnenmastes die Länge des Schattens auf dem Erdboden berechnen oder umgekehrt aus der Länge des Schattens die Länge des Fahnenmastes. Die Berechnung der Mastlänge aus dem Schatten ist als Prognose in Ordnung, erklären wird man aber sicher nur die Schattenlänge von der Mastlänge her (vgl. van Fraassen, 1990, S. 38f). Die Beispiele zeigen, daß bei Warum-Fragen und -Antworten immer auch die Kohärenz zu z.B. ontologischen Vorstellungen des Rahmenwissens eine Rolle spielt.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Barth M., Gärtner, Ch. and Neumann-Braun, K. (i.d.B.). Spielräume der Faszination oder die Zuschauerirritation als dramaturgisches Prinzip in modernen Filmen.
Brosius, H.-B. (i.d.B.). Der gut informierte Bürger? Rezeption von Rundfunknachrichten in der Informationsgesellschaft.
Charlton, M. and Borcsa, M. (i.d.B.). Thematische Voreingenommenheit, Involvement und Formen der Identifikation: Diskussion eines Modells für das aktive Zuschauerhandeln anhand eines empirischen Beispiels.
Deppermann, A. (i.d.B.). Verwirrung als Rezeptionsproblem und -attraktion: Der Film “Angel Heart” im Gespräch Jugendlicher.
Drinkmann, A. and Groeben, N. (1989). Metaanalysen für Textwirkungsforschung. Methodologische Varianten und inhaltliche Ergebnisse im Bereich der Persuasionswirkung von Texten. Weinheim: Deutscher Studien Verlag.
Fiske, J. (1987). Television Culture. London/New York, NY: Routledge.
Fraassen, B. van (1990). Die Pragmatik des Erklärens: Warum-Fragen und ihre Antworten. In G. Schurz (Hrsg.), Erklären und Verstehen in der Wissenschaft (S. 31–89 ). München: Oldenbourg.
Goetsch, P. (i.d.B.). Der unsichtbare Feind im Vietnam-Film. Zum Problem der Sympathielenkung.
Groeben, N. (1980). Rezeptionsforschung als empirische Literaturwissenschaft. 2. Aufl. Tübingen: Narr.
Groeben, N. (1982a). Empirische Literaturwissenschaft. In D. Harth and P. Gebhardt. (Hrsg.), Erkenntnis der Literatur. Theorien, Konzepte, Methoden der Literaturwissenschaft (S. 266–297 ) Stuttgart: Metzler.
Groeben, N. (1982b). Leserpsychologie: Textverständnis - Textverständlichkeit. Münster: Aschendorff.
Groeben, N. (1994). Frauen–Science Fiction–Utopie. Vom Ende aller Utopie(n) zur Neugeburt einer literarischen Gattung? IASL (Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur), 19, 2, 173–206.
Groeben, N. and Vorderer, P. (1988). Leserpsychologie: Lesemotivation - Lektürewirkung. Münster: Aschendorff.
Hasebrink, U. (i.d.B.). Individuelle Muster der Actionnutzung.
Hengst, H. (i.d.B.). Intertextualität, Mediengewalt und die Konstruktion schützender Rahmen.
Huinink, J. (1989). Mehrebenensystem-Modelle in den Sozialwissenschaften. Wiesbaden: Deutscher Univ. Verlag.
Krotz, F. (i.d.B.). Kontexte des Verstehens audiovisueller Kommunikate: Das sozial positionierte Subjekt der Cultural Studies und die kommunikativ konstruierte Identität des Symbolischen Interaktionismus. Lenk, H. (1972). Erklärung, Prognose, Planung. Freiburg: Rombach.
McClamrock, R. (1991). Methodological individualism considered as a constitutive principle of scientific inquiry. Philosophical Psychology, 4 (3), 343–354.
Meran, J. (1979). Individualismus oder Kollektivismus? Zeitschrift für allgemeine Wissenschaftstheorie, 10, 35–53.
Myrtek, M., Scharff, Ch. and Brügner, G. (i.d.B.). Psychologische Untersuchungen zum Fernsehverhalten bei 11- und 15jährigen Schülern unter besonderer Berücksichtigung der emotionalen Reaktionen.
Petty, R. E. and Cacioppo, J. T. (1986). Communication and persuasion. New York, NY: Springer. Postman, N. (1985). Wir amüsieren uns zu Tode. Frankfurt: Fischer.
Postman, N. (1993). Das Verschwinden der Kindheit. Frankfurt: Fischer.
Rustemeyer, R. (1993). Aktuelle Genese des Selbst. Motive der Verarbeitung selbstrelevanter Rückmeldungen. Münster: Aschendorff.
Scheele, B. (1990). Emotionen als bedürfnisrelevante Bewertungszustände. Grundriß einer epistemologischen Emotionstheorie. Tübingen: Francke.
Schmidt, S.J. (1980/1982). Grundriß der Empirischen Literaturwissenschaft. Bd. 1. Der gesellschaftliche Handlungsbereich Literatur. Bd. 2. Zur Rekonstruktion literaturwissenschaftlicher Fragestellungen in einer Empirischen Theorie der Literatur. Braunschweig: Vieweg.
Schneider, S. (i.d.B.). Gewaltrhetorik in der Selbstpräsentation jugendlicher HipHopper.
Schön, E. (1995). ‘Lesekultur’–Einige historische Klärungen. In C. Rosebrock (Hrsg.), Lesen im Medienzeitalter (S. 137–164 ). München: Juventa.
Schurz, G. (1990a) (Hrsg.). Erklären und Verstehen in der Wissenschaft. München: Oldenbourg.
Schurz, G. (1990b). Einleitung: 40 Jahre nach Hempel-Oppenheim. In G. Schurz (Hrsg.), Erklären und Verstehen in der Wissenschaft (S. 11–30 ). München: Oldenbourg.
Selg, H. (1986). Pornographie. Psychologische Beiträge zur Wirkungsforschung. Bern: Huber.
Tuomela, R. (1990). Eine pragmatisch-nomologische Theorie des wissenschaftlichen Erklärens und Ver-stehens. In G. Schurz (Hrsg.), Erklären und Verstehen in der Wissenschaft (S. 125–170 ). München: Oldenbourg.
Vorderer, P. (i.d.B.). Action, Spannung, Rezeptionsgenuß.
Vorderer, P. and Valsiner, J. (im Druck). (Sozial-)Psychologie und Soziologie - oder: Das Mikro-MakroProblem(-Bewußtsein). In N. Groeben (Hrsg.), Zur Programmatik einer sozialwissenschaftlichen Psychologie,Bd. I. Metatheorie. Münster: Aschendorff.
Winter, R. (i.d.B.). Vom Widerstand zur kulturellen Reflexivität. Die Jugendstudien der British Cultural Studies.
Editor information
Rights and permissions
Copyright information
© 1997 Springer Fachmedien Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Groeben, N. (1997). (Meta-)Theoretische Desiderata der Medien(wirkungs-)forschung unter der Perspektive der Text-Leser-Wechselwirkung. In: Charlton, M., Schneider, S. (eds) Rezeptionsforschung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08111-1_2
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-08111-1_2
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-12825-2
Online ISBN: 978-3-663-08111-1
eBook Packages: Springer Book Archive