Zusammenfassung
Das Grundgesetz bestimmt in Artikel 21 Absatz 1 Satz 3: „Ihre (der Parteien) innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen“. Ein zentraler Grundsatz jeder Demokratie besteht darin, zu wissen beziehungsweise erfahren zu können, wer ihr angehört. Hierzu müßte demnach auch das Recht eines jeden „einfachen“ Parteimitgliedes zählen, zumindest die Namen und Adressen der anderen Mitglieder der kleinsten territorialen Organisationseinheit der eigenen Partei feststellen zu können. Wer sich auf der Straße bewegt, kann davon ausgehen, daß nahezu alle über achtzehn Jahre alten Menschen, denen er begegnet, das allgemeine Wahlrecht haben. Wer jedoch zu den wenigen Bürgern zählt, die einer Partei — und gar noch der eigenen — angehören, ist so nicht auszumachen. Dazu bedarf es offenbar einer parteiinternen Einsichtnahme in die Adressenliste der Mitgliederl.
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Literatur
Zum Thema siehe auch meinen Aufsatz: Parteimitgliedschaft als Geheimsache? In: MERKUR — Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, Nr. 532, Heft 7, Juli 1993, S. 586–600. Dort werden die sechs wichtigsten Grundsätze innerparteilicher Demokratie genannt (S. 587): „Erstens: Alle Parteimitglieder sind grundsätzlich Träger bzw. Inhaber gleicher Grundrechte (Gleichheitssatz). Zweitens: Innerparteiliche Willensbildung erfolgt offen und frei (Grundsatz der Offenheit bzw. Transparenz). Drittens: Entscheidungen werden mehrheitlich getroffen — ungeachtet möglicher Konkretisierungen z. B. als einfache, qualifizierte, Zweidrittel-Mehrheit usw. (Grundsatz der Mehrheitsregel). Viertens: Mehrheiten dürfen nur im Rahmen rechtlich geschützter Minderheitenrechte entscheiden (Grundsatz verbindlicher Mitgliederrechte). Fünftens: Alle führenden Positionen innerhalb der Partei müssen Wahlen unterliegen. Das Personal aller innerparteilichen Führungsgremien muß je nach Organisationsregelung den Mitgliedern zur Disposition stehen (Grundsatz der Wahlabhängigkeit des Führungspersonals). Sechstens: Innerparteiliche Organe und deren Mehrheiten müssen auch seitens aller Mitglieder kontrollierbar sein (Grundsatz kontrollierender Mitwirkung und Mitentscheidung)“.
Beschluß des Bundesparteigerichts der CDU vom 10. August 1992.
Zitiert nach Die Welt vom 25. November 1988.
Der rechtliche Vorwurf lautete, daß der vom Gesprächskreis gewählte Name den Eindruck erwecken würde, daß es sich hierbei um eine parteioffizielle Einrichtung handle! Es handelte sich bei dem Gesprächskreis um ein freies Treffen von CDU-Mitgliedern und interessierten Gästen, zu deren Zusammenkünften der Landesvorsitzende und jedes andere CDU-Mitglied unter der Bezeichnung „Gesprächskreis für christlich-demokratische Politik in Hamburg“ geladen und stets willkommen waren.
Da sich der Vorsitzende des CDU-Ortsverbandes Uhlenhorst/Hohenfelde bei seiner Ablehnung der Einsichtnahme gegenüber einem „einfachen“ Mitglied auf eine „gefestigte Rechtsauffassung der Partei-Schiedsgerichtsbarkeit” berufen hatte, war er am 10. November 1989 von mir gebeten worden: „Können Sie mir hierzu Belege bzw. Urteilskopien zukommen lassen?“ Das war offenbar erst am 20. April 1990 möglich, als Dr. Willich dem „einfachen” Mitglied, allerdings ohne jede Quellenangabe oder sonstige Datenhinweise, die hier zitierten zwei Auszüge aus den gerichtlichen Begründungstexten zustellte.
Bei dieser Mitgliederversammlung war es um die Wahl aller Delegierten für jene Vertreterversammlung gegangen, die in den kommenden zwei Jahren sämtliche Bewerber des Hamburger Landesverbandes der CDU für öffentliche Ämter im Europäischen Parlament, dem Bundestag, der Hamburger Bürgerschaft und allen Bezirksversammlungen zu bestimmen hatte. Im übrigen mußte der Antrag auf einstweilige Verfügung so formuliert werden, damit juristisch eine persönliche Betroffenheit des Antragstellers begründet war.
Es waren dies die Herren Hubert Feldkamp, Helmut Niemeyer sowie der ehemalige Hamburger CDU-Bürgerschafts-und spätere Bundestagsabgeordnete Gerhard Orgaß.
Im Mahnschreiben des Rechtsanwalts Rummel stehen die Sätze: „Betrüblich an der ganzen Sache ist, daß zögerliches und hinauszögerndes Bearbeiten von Vorteil für die Antragsgegnerin ist ... Noch kann der Unterzeichner seine Auftraggeber abhalten zu glauben, das Parteigericht sei parteiisch im Interesse der Antragsgegnerin“.
Protokoll der Sitzung des Landesparteigerichts am 13. März 1991“, S. 2.
Siehe S. 10 des Beschwerdeantrages vom 2. Juli 1991.
Vgl. dazu oben Anm. 1.
Zitiert nach CDU-BPG 5/91 (R), S. 9 und 11 f. Siehe auch unten S. 294–302.
Bei Jürgen Rüttgers — dem ehemaligen Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion des Bundestages, Vorsitzenden der Deutschen Vereinigung für Parlamentsfragen und heutigen Bundesbildungsminister — heißt es hierzu in dessen Buch: Dinosaurier der Demokratie — Wege aus der Parteienkrise und Politikverdrossenheit (Hamburg 1993, S. 239): „Eine Reform der CDU muß vor allem ein Ziel haben: die Entwicklung weg von der Gremienpartei hin zur Bürgerpartei“. Dies ist eine Erkenntnis, die dem Hamburger Landesvorstand und den CDU-Parteigerichten offenbar völlig fremd geblieben zu sein scheint.
Norbert Blüm: Reaktion oder Reform? — Wohin geht die CDU?, Reinbek bei Hamburg 1972, S. 16 f.
FAZ vom 21. September 1992, S. 4.
Die DemO, die von Hamburg aus als ein „Verband der Parteibenutzer“ gegenüber allen Parteien auf mehr Offenheit und Transparenz drang, hatte in ihrem Gründungsaufruf von 1991 unter den „Konkreten Forderungen für mehr innerparteiliche Demokratie” als Punkt 1 aufgeführt: „Jedes Mitglied muß die Mitglieder-Adressenliste seiner lokalen Parteiuntergliederung, worin es selbst eingetragen ist, einsehen können“. Vgl. Helmut Stubbe-da-Luz: „Ein Verband der ,Parteibenutzer` — Entstehung und erste Aktivitäten der Vereinigung Demokratische Offenheit/ DemO (1991/1992)”.
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Steffani, W. (1997). Parteiinterne Einsichtnahme in Mitgliederlisten — zugleich eine Dokumentation. In: Gewaltenteilung und Parteien im Wandel. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08109-8_12
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