Zusammenfassung
Lag in Kapitel 5 der Schwerpunkt auf der deskriptiven Darstellung der Resultate des Existenzgründerprojekts, so soll im folgenden eine vertiefte Erklärung des Erfolgs von Gründungsverläufen anhand ausgewählter Fallstudien erfolgen.
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Literatur
Der Zeitpunkt der Beendigung der Arbeitslosigkeit muß dabei nicht mit dem der Gewerbeanmeldung identisch sein. Nach §118 (2) SGB III schließt nämlich die Ausübung einer 15 Stunden wöchentlich nicht übersteigenden Beschäftigung nicht aus, daß jemand beschäftigungslos ist. Damit kann der Status der Arbeitslosigkeit erhalten werden, obwohl gleichzeitig ein Gewerbe ausgeübt wird. Maßgebend für die Beendigung der Arbeitslosigkeit und die Gewährung von Überbrückungsgeld nach §57 SGB III ist die auf eine Vollexistenz ausgerichtete Selbständigkeit.
Vgl. Wießner, F. [Sprung, 1998 ], S. 11. Da diese Mitnahmeeffekte die Eigenkapitalbasis der Gründer und somit deren Bestandsfestigkeit stärken, kann nicht pauschal von einer Verschwendung gesprochen werden. Dennoch wird freilich in diesem Fall der eigentliche Subventionszweck verfehlt.
Wie bei der Aufarbeitung der Literatur festgestellt wurde (vgl. Kap. 2.1.4.3), scheinen subjektive Informationsdefizite im Gründungsprozeß eine große Rolle zu spielen.
Diese verlaufsbezogenen Größen wurden schon von Briiderl, J./Preisendörfer, P./ Ziegler, R. in [Erfolg, 1996 ], S. 280 als „prozeßkontinuierliche Erfolgsfaktoren“ bezeichnet, ohne darauf näher einzugehen.
Erinnert sein noch einmal an die o.g. Verzögerungseffekte. Betrachtet man darüber hinaus diejenigen Gründer mit längerer Verweildauer in der Arbeitslosigkeit genauer, so fällt auf, daß diese keinesfalls typische Langzeitarbeitslose waren. So hatte etwa Jürgen Bergner sein Gewerbe (Hausverwaltung) bereits in der Arbeitslosigkeit angemeldet, aber erst nach 21 Monaten zur Vollexistenz ausgeweitet.
Der Zusammenhang zwischen den Denkmustern, mit denen Menschen ihre Erlebnisse deuten und dem langfristigen beruflichen Erfolg ist in der amerikanischen Psychologie derzeit Gegenstand zahlreicher Forschungen, vgl. z.B. Joppe, J. [Fähigkeiten, 20001, S. V1/1.
Dies bestätigt die von Frank und Korunka mit anderen Methoden gefundenen Ergebnisse, vgl. Frank, H./Korunka, C. [Informationsverhalten, 19961, S. 958.
Die Dominanz der Banken als Geldgeber der Wirtschaft befindet sich derzeit in einer kontrovers geführten aktuellen Diskussion, vgl. etwa Albach, H. [Bankbeziehungen, 1997 ].
Auf diese Situation haben die großen Förderbanken inzwischen reagiert, etwa die Deutsche Ausgleichsbank mit der Einführung des „DtA-Startgelds“ am 01.05.1999. Bei diesem Programm, das speziell für Arbeitslose und kleinere Gründungsvorhaben bis zu 50.000 EURO konzipiert ist, werden wesentliche Verbesserungen für die Hausbanken geschaffen: So wird die Hausbank auf Antrag bis zu 80% der Kreditsumme haftungsfrei gestellt und erhält 1 TDM für die Beantragung und Verwaltungskosten. Die Erfahrung im Rahmen des Existenzgründerprojekts hat gezeigt, daß solche Programme eine ganz wesentliche Vereinfachung der Geldbeschaffung für Gründungswillige darstellt.
Die Rolle guter Bankbeziehungen für die Bestandsfestigkeit großer Unternehmen wurde z.B. von Albach bestätigt, vgl. Albach, H. [Bankbeziehungen, 1997 ], S. B. Es kann ohne weiteres unterstellt werden, daß dies für kleine bzw. junge Unternehmen ebenfalls gilt.
Die Münchner Gründerstudie hatte für Existenzgründer aus der Arbeitslosigkeit einen Wert von 34 TDM aufgewiesen, vgl. Brüderl, J./Preisendörfer, P./Ziegler, R. [Erfolg, 1996 ], S. 156.
Vgl. Albach, H./Hunsdiek D. [Anpassung, 1987 ], S. 186.
Vgl. Struck, J./Thomsen, U./Kuhn, C. [Überbrückungsgeld, 1998], S. 17. Bei der Münchner Gründerstudie lag der durchschnittliche Startkapitalbedarf bei 82 TDM; davon entfielen 48 TDM auf Eigenkapital, der Rest von 34 TDM mußte durch Fremdkapital aufgebracht werden, vgl. Brüderl, J./ Preisendörfer, P./Ziegler, R. [Erfolg, 1996 ], S. 168.
Zum gleichen Ergebnis kam Bögenhold in [Berufspassage, 1989 ], S. 274.
Vgl. in Bezug auf Familienunternehmen Hennerkes, B.-H. [Bank, 2000 ], S. 157.
Bezogen auf die Zielgruppe der Frauen hat die Forschung schon bisher darauf hingewiesen, daß sich der Beratungsprozeß von Grund auf wandelt, sobald die Qualitätsmerkmale von Gründungswilligen nicht optimal sind, vgl. Oltmann, I. [Not, 1999], und Oltmann, I. [Frauen, 1992 ].
In diesem Rechtsbereich sind wegen fehlender Kenntnisse des Steuersystems teilweise absurde Vorstellungen von Gründern anzutreffen. So gab ein angehender Grafiker an, ausschließlich für Geschäftskunden arbeiten zu wollen, da diese Zielgruppe die Kosten ja von der Steuer absetzen könnten. Somit entstünden dem Kunden gar keine echten Kosten.
Vgl. Bögenhold, D. [Berufspassage, 1989 ], S. 276.
Dies deutet auf eine eher geringe internale Kontrollüberzeugung hin, vgl. Abschnitt 2.1.4.2. Dort wurde als Folge fehlender internaler Kontrollüberzeugung abgeleitet, daß aufgrund der dadurch bedingten Unterschätzung des eigenen Potentials eigene Aktionen entweder unterbleiben oder nicht konsequent genug umgesetzt werden. Dies kann anhand des hier geschilderten Falles gut nachvollzogen werden.
Dass die Selbständigkeit nur von wenigen Gründern explizit als Jugendtraum angegeben wurde, sollte nicht als Beweis einer Präferenz für abhängige Beschäftigungsformen gedeutet werden, sondern ist vor dem Hintergrund gesellschaftskultureller Gegebenheiten zu interpretieren. Trotz gleicher Charaktere und gleicher Gründungseinstellungen wäre die Antwort auf diese Frage möglicherweise in den USA ganz anders ausgefallen, da dort eine ausgeprägte Kultur der Selbständigkeit vorherrscht (vgl. zu den Merkmalen einer nationalen Gründungskultur z.B. Koch, L. [Gründungskultur, 1999], S. 313ff.). Oder noch stärker kontrastiert: In der ehemaligen DDR hätte man wieder ein ganz anderes Ergebnis, nämlich zu Ungunsten der Selbständigkeit erhalten, erstens weil die ehemals dort gültigen kulturellen Denkmuster die Selbständigkeit dem Kapitalismus und damit einer unerwünschten Gesellschaftsform zugewiesen hätte, die Selbständigkeit also nicht der,social desirability’ entsprach. Zweitens hätten die Probanden aufgrund ihrer Sozialisation mit der Selbständigkeit vermutlich wenig anfangen können, denn: „Die Menschen haben vom Prinzip her nicht selbst Aufgaben zu suchen, Probleme zu erkennen und aufzugreifen, sondern sie werden ihnen verpflichtend zugewiesen.“(Graf, H.-W./Miethe, H. [Wechselwirkungen, 1992], S. 999.)
Als Beispiel dafür kann die Antwort von Frau Ehrmann auf die Frage nach ihrer Philosophie angeführt werden: „Ich sehe Strumpfhosen nicht als isolierte Kleidungsstücke, sondern als Beitrag zum Gesamterscheinungsbild der Frau, als Abrundung: Mode zur Mode.“
Vgl. Kasek, L. [Grundorientierungen, 1992 ], S. 1155.
Von den 23 im Rahmen der Fallstudien betrachteten Gründer traten sechs als Nachfrager von betriebsfremden Arbeitskräften auf (nicht betrachtet wurde die Mithilfe von Familienangehörigen). Dabei entstanden insgesamt 16 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Zu berücksichtigen ist aber, daß die Fälle Naumann (3), Schambach (3) und Dornheim (5) als „Ausreißer nach oben“ betrachtet werden müssen. 16 Gründer stellten überhaupt kein Personal ein.
Wenn hier von Unternehmerrisiko und Risiko der unternehmerischen Existenz gesprochen wird, so handelt es sich dabei um feststehende Begriffe. Eigentlich ist dabei Ungewißheit, nicht Risiko gemeint, da letzteres bekannte Wahrscheinlichkeiten für unternehmensrelevante Zustande voraussetzen würde, vgl. Kap. 2. 1. 2.
Die Forschungsintention entspricht damit exakt dem, was Bögenhold als soziologisch-mikroanalytische Untersuchung gefordert hat: „Ziel soll es sein, die Kombination von Motiven und strategischen Konzeptionen in Verbindung mit den jeweiligen Ressourcenallokationen zu ergründen, welchen in dem sozialen Prozeß von Firmengründungen eingesetzt werden.“ ( Bögenhold, D. [Berufspassage, 1989 ], S. 269 ).
Bei den Gründern, die angaben, daß sie eine Geschäftsidee hatten wurde weiter differenziert, ob sie nur eine Idee hatten oder unter einer Vielzahl von Ideen ausgewählt haben.
Der Fall, daß das Hobby ohne weiteres zum Beruf gemacht werden kann, ist selten aber dennoch durchaus vorhanden. Unter den vom Kuratorium betreuten Existenzgründern befand sich ein Modellbauspezialist, der inzwischen deutschlandweit mit gutem Erfolg Modelleisenbahnanlagen aufbaut. Es wurden sogar schon weitere Mitarbeiter eingestellt.
Die empirischen Befunde bestätigen somit die aus der Arbeitslosenforschung theoretisch abgeleiteten Aussagen (vgl. Kap. 2.1.7.2.).
Inwiefern dieses Verhalten der Banken durch innovative Darlehensmodelle wie das DtA-Startgeld verändert werden, bleibt abzuwarten. Im Rückzug der Großbanken liegt auch die Chance für die Regionalbanken begründet, sich den Markt der Existenzgründer nicht mit anderen teilen zu müssen.
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Seidel, M. (2002). Zeitablaufbezogene Analyse erfolgsrelevanter Einflußgrößen im Prozeß von Existenzgründungen. In: Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit. DUV Wirtschaftswissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08033-6_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-08033-6_6
Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-8244-0637-1
Online ISBN: 978-3-663-08033-6
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