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Zusammenfassung

Zu Professionalität und Professionalisierung gibt es in den letzten Jahrzehnten der Erwachsenenbildung/Weiterbildung unterschiedliche Definitionen. Die begriffliche Verschiebung von Professionalisierung zur Professionalität hat etwas mit den besonderen Konstitutionsbedingungen der sich verberuflichenden pädagogischen Aufgabengebiete in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung zu tun. Professionalisierung beschreibt den Prozess der Verberuflichung; sie erfordert die Einstellung hauptberuflichen Personals mit fester beruflicher Perspektive, woraus dann mit einem entsprechenden Studienprofil ein neu zu strukturierendes Feld entstehen sollte. Die Universitäten waren für diesen Prozess zu langsam, was auch mit der schulisch orientierten Pädagogik zusammenhängt, so dass die Verbände, die in den 60er und 70er Jahren die Erwachsenenbildung organisierten — wie es bildungspolitisch gewollt war -, die Qualifizierung im ersten Zugriff übernahmen. Die Universitäten waren indirekt daran beteiligt, da Hochschullehrer Studienbriefe erstellten und Seminare leiteten. Verberuflichung mit dem Ziel der Professionalisierung wurde als Hauptberuflichkeit mit speziellen Qualifikationen interpretiert. Die verbandsintern erstellten Selbststudienmaterialien, Studienbriefe und Seminarzyklen wurden systematisch entwickelt, hatten ein fernstudiendidaktisches Profil und waren aus einer interdisziplinären Perspektive feldbezogen gestaltet.1 Im Bereich der Volkshochschulen konnte beim Berufseinstieg an diesem Konzept partizipiert werden, allerdings hatte es nie verpflichtenden Charakter. Gleichwohl gab es zwischen den Hochschulvertretern und dem Praxisfeld eine sehr enge Zusammenarbeit. Professionalisierung als Verberuflichung war vor allem sozialisatorische Wissensaneignung im Berufsfeld (vgl. Gieseke 1989). Man musste sich Wissen im Prozess des Tuns aneignen, die jeweilige Institutionalform bzw. der Träger bestimmte den Zuschnitt des beruflichen Handelns. Man wusste unter diesen Bedingungen, wie die geforderte Arbeit sich vollzieht, konnte das eigene Vorgehen im Prozess der Programmplanung — denn das ist die zentrale Hauptaufgabe der neu angestellten Hauptberuflichen — aber nicht ausreichend begrifflich ausdifferenzieren, weil noch keine makrodidaktische, keine erwachsenenpädagogische Systematik entwickelt war. Das in den Studienbriefen entwickelte Wissensprofil konnte also mit den gerade erworbenen Sozialisationserfahrungen der neu eingestellten Hauptberuflichen verglichen werden. Erwachsenenpädagogik hatte es vor diesem Hintergrund nicht leicht, als Bezugswissenschaft, die selbst erst im Entstehen war, akzeptiert zu werden. Aber diese verschiedenen Qualifizierungsprofile, neue theoretische und empirische Entwicklungen Ende der 80er und während der 90er Jahre schufen eine curriculare Struktur erwachsenenpädagogischen Wissens, die trotz der jeweiligen verbandsspezifischen Auslegungen sehr große deckungsgleiche Anteile hatte, so dass von trägerübergreifenden Anforderungsprofilen gesprochen werden kann. Auch die berufliche Weiterbildung, die seit Mitte der 80er und in den 90er Jahren die didaktisch-methodische, wenn auch nicht die theoretische Diskussion bestimmte, schert hier nicht aus. Dieser Prozess ist allerdings nicht abgeschlossen, da sich gleichzeitig mit der stärker empirischen Orientierung dieser erziehungswissenschaftlichen Teildisziplin eine Zerstörung bisheriger institutioneller und organisatorischer Strukturen durch reduzierte finanzielle Förderung, stärkere Projekt- und Marktorientierung auch für die Preisgestaltung abzeichnete. Paradoxerweise dehnte sich die Weiterbildung aber zeitgleich mit diesem Prozess noch weiter aus. Es setzte das ein, was Kade als Entgrenzung beschreibt (vgl. Kade 1997). Die organisatorischen und institutionellen Strukturen differenzieren sich weiter aus. Eine neue Unübersichtlichkeit bestimmt das Bildungsmarkt-Geschehen.2 Allerdings sind alle Institutionen direkt oder indirekt von einer öffentlich-staatlichen oder firmenbezogenen Förderung abhängig, da die Teilnehmergebühren die Kosten für den Lernprozess nicht vollständig decken können.

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Gieseke, W. (2002). Was ist erwachsenenpädagogische Professionalität?. In: Otto, HU., Rauschenbach, T., Vogel, P. (eds) Erziehungswissenschaft: Professionalität und Kompetenz. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08029-9_13

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