Zusammenfassung
Im vorigen Kapitel haben wir Naturvorstellungen vor allem als Idealtypen kennengelernt. Nun stellt sich aber die Frage: Wie werden Naturvorstellungen wirksam und wo sind sie empirisch anzutreffen? Sind sie fest in den Köpfen und den Sozialstrukturen verankert, wie die Cultural Theory mutmaßt — an diesem Punkt ganz der Mainstream-Soziologie folgend? Oder sind sie vielleicht stärker in Diskursen und kollektiven Handlungszusammenhangen verankert, zwischen denen die Individuen in ihrer Alltagspraxis hin- und herwechseln? Diesen Fragen soll im Folgenden nachgegangen werden, bevor wir uns in Kapitel 4 und 5 den empirischen Fallbeispielen zuwenden.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
“This is the pattern that we might expect to observe in what may be termed ‘late-industrial’ or ‘latemodern’ societies; that is, societies with a relatively high level of technological and industrial development that have moved beyond the first flush of enthusiasm for science-based wealth creation and are actively engaged in debates about benefits in relation to risks (... to the environment), quality of life, and other so-called ‘post-industrial’ values.” (Bauer et al. 1998b: 224)
Wenn man hier die Sinus-Milieus ins Auge fasst, würde ich — trotz aller Vorbehalte wegen der vermuteten Schwäche des Einflusses sozialstruktureller Variablen — ein ‘alteritätsorientiertes Milieu’ tendenziell beim postmaterialistischen Wertpol und in den höheren Schichtlagen (also derzeit ‘intellektuelles Milieu’ und ‘postmodernes Milieu’), ein ‘identitätsorientiertes Milieu’ beim konservativen Pol und in den niedrigen Schichtlagen (also im ‘traditionellen bürgerlichen Milieu’ und im ‘traditionellen Arbeitermilieu’) vermuten (Angaben zur neuesten Milieu-Studie von Sinus in Geißler 2000: 58).
Entsprechende Untersuchungen wurden zwar nicht mit der Kategorie der Naturvorstellungen, wohl aber mit den Topoi ‘Umweltbewusstsein’ und ‘Umweltverhalten’ breit durchgespielt und methodologisch ausgiebig debattiert (z.B. Dierkes/Fietkau 1988, Diekmann/Preisendrfer 1992, Diekmann 1996, Lange 2000).
Es handelt sich um alltagsnahe empirische Beobachtungen, die durch Feldstudien gewonnen werden — im Unterschied zum Mainstream der Kognitionspsychologie, die bei Laboruntersuchungen ihre Vorannahmen über die Vermeidung kognitiver Dissonanzen reproduziert. Im Labor bemühen sich Versuchspersonen tatsächlich dem Ideal kognitiver Kohärenz zu entsprechen, aber im Alltag verhalten sie sich ganz anders, wie Lave (1988) und Hutchins (1995) gezeigt haben.
Rights and permissions
Copyright information
© 2003 Springer Fachmedien Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Gill, B. (2003). Wo und wie sind Naturvorstellungen empirisch zu erfassen? — Ein methodologischer Prolog zu den Fallstudien. In: Streitfall Natur. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-07784-8_5
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-07784-8_5
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-13838-1
Online ISBN: 978-3-663-07784-8
eBook Packages: Springer Book Archive