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Zusammenfassung

Die gegenwärtige Familie ist eine „historisch gewordene Sozialform“ (Lenz/ Böhnisch1997: 11). Ein Rekurs auf die Sozialgeschichte der Familie kann daher die gegenwärtigen Diskussionen um Wandel oder Bedeutungsverlust bereichern und den Blick für das Besondere des Wandels und die augenblickliche Verfasstheit von Ehe und Familie schärfen. Im Folgenden wird die Entstehung des bürgerlichen Familienmodells als Reaktion auf die modernen (industriellen) Gesellschaftsbedingungen skizziert. Damit einhergehend wird der Geschlechterdiskurs beschrieben, innerhalb dessen das Verhältnis zwischen Männern und Frauen auf der Vorstellung beruht, dass ihre Lebensbereiche strikt und gemäß den Wesensunterschieden der Geschlechter getrennt sind (Abschnitt 1). Auch die gegenwärtige Familie lebt noch in der Tradition des bürgerlichen Familienideals, wenngleich neue Leitbilder die Geschlechterordnung aufzuweichen beginnen. Der Familienalltag spiegelt derartige Diskrepanzen zwischen tradierten Haltungen und neuen Ansprüchen wider. Sie müssen von den Mitgliedern der Familie nicht zuletzt auch auf der Ebene der individuellen Beziehungen bewältigt werden. Familiale Lebensverhältnisse rekurrieren damit unausgesprochen auf Mythen und Gleichheitsunterstellungen (Abschnitt 2).

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Literatur

  1. Im preußischen allgemeinen Landrecht von 1794 bediente man sich des modernen Begriffs der Familie und es war erstmals nicht mehr von Hausstanden die Rede. Kosellek (1981) resümiert, dass mit dieser semantischen Umbenennung eine “antiständische Rechtspolitik“ (a.a.O.: 114) einherging, in der der Gesetzgeber die Familie auf die Rechte ihrer einzelnen Mitglieder hin konstruierte. Dahinter stand eine “rigorose Individualisierung der Rechtsansprüche“ (a.a.O.: 113), in der die altständischen herrschaftlichen Hausrechte- und Pflichten beseitigt wurden, um so die einzelnen Personen als potentielle Staatsbürger erreichen zu können. Der Weg für ein liberales Wirtschaftsrecht war geebnet.

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  2. Die traditionelle Agrargesellschaft war im wesentlichen gekennzeichnet durch ein geringes Entwicklungsniveau und eine traditionelle Organisation der landwirtschaftlichen Produktion. Mindestens 80% der Bevölkerung lebten von der Landwirtschaft, der Hof war die soziale Form der Produktion (vgl. Rosenbaum 1982 ).

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  3. Dies gilt auch für die bäuerlichen Familien, worauf Sandgruber (1983) mit Nachdruck hinweist: “Nichts erlaubt uns anzunehmen, dass die Autorität des Mannes über die Frau in der bäuerlichen Familie absolut war. Auch wenn das Recht und die öffentliche Meinung die Frau nachrangig einstuften, hatte diese doch ihre feste und mitbestimmende Rolle im Produktionsprozess des ganzen Hauses“ (a.a.O.: 138). Die Bäuerin hatte - zumeist nach Kriterien der Nähe zum Haus - ihren eigenen zugewiesenen Bereich wie Getreideanbau, Viehwirtschaft, Hausarbeit sowie die Regelung der Kinderbetreuung mit den ihr unterstellten Arbeitskräften (vgl. auch Rosenbaum 1982 ).

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  4. Luhmann spricht in diesem Kontext von “Kasernierung der Sexualität in der Ehe“ (1982: 149).

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  5. Honegger (1991) hat detailliert herausgearbeitet, wie zwischen 1750 und 1850 innerhalb der Humanwissenschaften eine in hohem Maße normativ aufgeladene Theorie der Geschlechterordnung entstand. In diesem wissenschaftlichen Diskurs wird weniger eine Theorie des Geschlechter-verhaltnisses als vielmehr eine Theorie der Frau entworfen.

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  6. Eine prägnante Darstellung der soziologischen Klassiker zum Geschlechterverhältnis gibt Meuser (1998).

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  7. Auf die bäuerliche Familienform sowie die Heimarbeiterfamilien kann hier nicht näher eingegangen werden. Bei beiden Formen waren Lebens- und Produktionsbereich noch eng verschmolzen. Die gemeinsame Arbeit aller Haushaltsmitglieder dominierte das gemeinsame Leben. 1925 betrug der Anteil der Beschäftigten in der Landwirtschaft noch 31%, 1955 reduzierte er sich auf 18% und 1985 betrug er nur mehr 5% (Meyer 1992: 53 ).

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  8. Auch die bürgerliche Frauenbewegung - ebenso geprägt von der Vorstellung einer grundlegenden Verschiedenartigkeit der Geschlechter - war daran interessiert, den Proletarierinnen das bürgerliche Familienleben nahezubringen. Konkret hieß dies, die Arbeiterinnen sollten zugunsten von Kindererziehung und Hausarbeit auf Erwerbsarbeit verzichten (vgl. Y. Schütze 1995 ).

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  9. Mit dieser Funktions- und Eigenschaftsbestimmung von Männern und Frauen qua Geschlechtsrollenorientierung erinnern Parsons’ Ausführungen an die bereits beschriebenen dichotomisierenden Vorstellungen früherer soziologischer Klassiker (vgl. dazu vor allem die Ausführungen über Tönnies). Seine familiensoziologischen und sozialisationstheoretischen Ausführungen reflektieren zwar eine mögliche Praxis, versäumen es aber, “diese Praxis als eine gesellschaftliche zu benennen, d.h. zu berücksichtigen, dass sie wie alle Praxis kontingent ist“ (Meuser 1998: 57). Eine positive Geschlechtsrollenidentifikation kombiniert in Parsons’ Perspektive für den Mann Dominanz und Verantwortlichkeit für Frau und Familie. Die normative Integration und Komplementarität der weiblichen und männlichen Rolle ist dabei der Analyseschwerpunkt und verdeckt mit dieser Fokussierung den Blick für Macht- und Herrschaftsverhältnisse.

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  10. Beispielsweise wurden die Ergebnisse der Hospitalismusforschung von Spitz (1965, deutsch 1967) verkürzt als Belege herangezogen, mütterliche Erwerbstätigkeit mit Mutterlosigkeit gleichzusetzen (vgl. dazu Sommerkorn 1988).

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  11. Elter’ ist die singularisierte Form von `Eltern`. Dieses im Frtihneuhochdeutsch gebräuchliche, aus dem jetzigen Sprachgebrauch jedoch verschwundene Wort, ist zwar schwerfhllig, allerdings aber präziser. Lenz/Böhnisch (1997: 28) plädieren für die Wiederverwendung dieser Sprachform in der Familienforschung.

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  12. Es stellt sich hier natürlich die Frage, ob es sich bei Alleinlebenden tatsächlich um `Singles` handelt, die nicht in einer festen Partnerschaft leben oder um Alleinlebende mit einem Partner, mit dem sie aber nicht zusammenleben (`living apart together`); (vgl. dazu Bender/Bien 1996, Diewald 1993, Klein 1999).

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  13. Erst im Zuge der Neufassung des Sexualstrafrechts wurde 1974 der “Kuppeleiparagraph“ abgeschafft (Barabas/Erler 1994: 61); vorher waren sogenannte nicht-eheliche Lebensgemeinschaften von Männern und Frauen nicht möglich.

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  14. Zur Differenzierung in den Lebenslagen von Frauen vgl. z.B. Jurczyk/Rerich 1993.

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  15. Nach Kurz-Scherf (1989: 47) arbeiten 80% der Teilzeitbeschäftigten in den Niedriglohnbranchen im Handel und Dienstleistungssektor. Vgl. dazu auch den Überblick über die Entwicklung der Frauenerwerbstätigkeit bei Singer (1996).

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  16. Vergleicht man die Einstellungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie in den alten und neuen Ländern, so kommen eklatante Unterschiede zu Tage (vgl. Peuckert 1999 ). Beispielsweise wird in Ostdeutschland von Frauen die Erwerbstätigkeit von Müttern generell positiver eingeschätzt. In den alten Bundesländern lehnen die Mehrheit der befragten Frauen eine Vollerwerbstätigkeit ab, wenn zu betreuende Kinder unter 3 Jahre alt sind (a.a.O.: 211f ).

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Liebold, R. (2001). Stand der Forschung. In: „Meine Frau managt das ganze Leben zu Hause ...“. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-07774-9_2

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-07774-9_2

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-531-13636-3

  • Online ISBN: 978-3-663-07774-9

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