Zusammenfassung
Über die Stellung des Menschen in der Natur ist in der Geistes- und Wissenschaftsgeschichte viel, aber nicht immer trefflich gestritten worden. Als besonders unfruchtbar für das theoretische Verständnis menschlicher Lebensformen erwies sich dabei der aus der abendländischen Geistesgeschichte überkommene begriffliche Gegensatz zwischen Natur und Kultur. Intelligenz, planvolles Handeln, Kommunikation mittels sprachlicher, verbaler Symbole und die Fähigkeit zur technischen Umgestaltung der Natur gelten in den Kultur- und Sozialwissenschaften zum Teil bis auf den heutigen Tag als ausschließlich menschliche Merkmale, deren Kulturgeschichte unabhängig von den Tatsachen der biologischen Evolution verstanden werden könnten (vgl. Petryszak 1979).
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Literatur
Eine ausführliche Behandlung der anthropologischen, evolutionstheoretischen Zusammenhänge, auf die sich die folgenden Abschnitte stützen, sowie weiterführende Literaturhinweise finden sich z.B. bei Henke und Rothe (1994), Campbell (1979) oder Klein (1989). Die 2. deutsche Auflage des Buches von B. Campbell, die ich benutzt habe, war inzwischen stellenweise veraltet. Sie konnte beispielsweise neuere Befunde und Diskussionen über die altsteinzeitliche Großwildjagd (Nitecki und Nitecki 1987) noch nicht berücksichtigen (vgl. Campbell 1979, Abschn. 7.11). Jedoch sind die letzten Einzelheiten solcher Debatten für unsere Argumentation unwesentlich.
Verschiedene Anthropologen wie beispielsweise Boyd und Richerson ( 1985, S. 33-35) verwenden einen engeren Kulturbegriff, indem sie die definierenden sozialen Prozesse des Lernens und der Überlieferung stärker einschränken. Diese Unterscheidungen sind für uns hier aber unwesentlich. — Zum Begriff des Lernens aus verhaltensökologischer und soziologischer Sicht siehe Abschnitt V. 1.
Das evolutionstheoretische Verständnis der Technik, von dem wir hier ausgehen, steht über weite Strecken im Gegensatz zur Tradition der deutschen Technikphilosophie und -anthropologie, wie sie bei A. Gehlen (1965) und A. Huning (1990) im Überblick dargestellt ist. Die ältere Technikphilosophie ging u.a. davon aus, daß der Mensch ein „schutzloses, biologisch nicht angepaßtes „Mängelwesen und die Technik ausschließlich eine Erfindung des anatomisch modernen Homo sapiens sei. Der vielleicht folgenreichste Irrtum dieser Tradition liegt jedoch in der Auffassung, die technische Umgestaltung der Natur sei etwas grundsätzlich anderes als die evolutionäre Anpassung. Diese und zahlreiche andere Thesen sind weder mit den Beobachtungsbefunden noch dem augenblicklichen Stand der Theoriebildung in Paläontologie und Anthropologie verträglich. Dennoch bleibt festzuhalten, daß gerade Gehlen trotz empirisch falscher Voraussetzungen oft zu theoretisch außerordentlich fruchtbaren Erkenntnissen der Technikanthropologie gelangt ist. So läßt sich seine These, der technische Fortschritt diene der „Entlastung vom Druck der natürlichen Lebensbedingungen, unmittelbar evolutionstheoretisch interpretieren, wenn man seinen Entlastungsbegriff als ecological release im Sinne englischsprachiger Darstellungen der Verhaltensökologie auffaßt. Ähnliches gilt für Gehlens (1957, S. 8) Begriff der Technik als einer „Organverstärkung.
Leider ist der Werkzeuggebrauch in den vorgeschichtlichen Funden immer nur anhand der Werkzeugherstellung nachzuweisen. Dies läßt grundsätzlich die Möglichkeit einer noch älteren Technik offen, die sich unbearbeiteter Gebrauchsgegenstände bediente, aber keine Spuren hinterließ. Die Vermutung liegt zwar nahe, daß der aufrechte Gang auch für den allerersten Technikgebrauch ohne Werkzeugherstellung selektiert wurde (Klein 1989; Foley 1992; Schick und Toth 1993), läßt sich aber wohl kaum jemals unmittelbar belegen.
Daß das Buch von G. Basalla allerhand Mißverständnisse über die biologische Anpassung enthält (S. 13f.!), braucht uns dabei nicht zu stören.
A ist der Gesamtenergieverlust, der durch die Atmung aller Organismen im Ökosystem entsteht.
Die Zahlenangaben über die fossilen Energienreserven der Erde schwanken um ein Vielfaches in der Literatur. Aber selbst bei optimistischen Abschätzungen stellt sich das Knappheitsproblem in absehbarer Zeit (Nentwig 1995, Abschn. 4. 7 ).
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Geiger, G. (1998). Verhaltensökologie der Technik. In: Verhaltensökologie der Technik. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-07718-3_4
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