Zusammenfassung
Im Alltag wissen wir genau, wie der Begriff des „Lebenslaufes“ zu verstehen ist: Er meint normalerweise eine chronologisch geordnete Dokumentation wichtiger Ereignisse im Leben eines Menschen. Ein solcher Lebenslauf soll Außenstehende über den persönlichen Werdegang unterrichten, indem er die Art und die Sequenz der vollzogenen Statusübergänge und Positionswechsel im beruflichen und familiären Bereich auflistet. Er enthält keinerlei Bewertung, aber er ist für den Adressaten häufig die Grundlage einer Einschätzung der Person und ihrer Entwicklung. Erkennbar wird dies etwa, wenn man die Bedeutung des Lebenslaufes bei einer Bewerbung um einen Arbeitsplatz betrachtet. Der Personalleiter eines Wirtschaftsunternehmens, der eine bestimmte Position angemessen besetzen muß, hat bestimmte Kriterien zur Bewertung der Lebensläufe der verschiedenen Bewerber, die der spezifischen Logik der Aufgabenstellung entsprechen. Die einzelnen Phasen des Bewerberlebenslaufs mit ihrer spezifischen Dauer und Chronologie werden aus dem Blickwinkel ihrer Funktionalität für die gesuchten Bewerberqualitäten analysiert. Dabei schwingt auch eine ganz spezifische Vorstellung einer normalen Berufslaufbahn zumindest indirekt mit, wenn etwa Hartmann/Meyer (1980: 130) als wichtige Kriterien der Bewerberauswahl u.a. die „Gradlinigkeit der Berufsentwicklung“, die „Häufigkeit des Stellenwechsels“, „Beschäftigungslücken“ und ein aus den Daten erkennbares „Gesamtlebenskonzept“ nennen. Eine solche Bewertung wird möglich, weil es im privaten wie im beruflichen Lebensbereich institutionelle Vorgaben und Verlaufsmuster gibt, an denen sich eine Beurteilung orientieren kann. Sie bilden die Grobstruktur, innerhalb der das Individuum im Rahmen seiner Möglichkeiten und Ziele am Projekt des eigenen Lebens arbeitet. Der Lebenslauf als eine Institution der Moderne dient der Orientierung individueller Lebensplanung und Lebensführung. Er gibt Richtmarken und Ziele vor, an denen das Individuum sein Handeln, seine Entscheidungen und seine gesamte Biographie mißt und an denen seine Entwicklung auch von anderen gemessen wird.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Rights and permissions
Copyright information
© 1998 Springer Fachmedien Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Birkelbach, K.W. (1998). Dimensionen des Lebenslaufes: Vorüberlegungen, Fragestellungen und Analyseplan. In: Berufserfolg und Familiengründung. Studien zur Sozialwissenschaft, vol 201. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-07700-8_1
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-07700-8_1
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-13136-8
Online ISBN: 978-3-663-07700-8
eBook Packages: Springer Book Archive