Zusammenfassung
Während die Entwicklung der Disziplin in den Jahren zwischen dem ersten und dem zweiten Methodenstreit durch einen Siegeszug der „privatwirtschaftlichen Kunstlehre“ bei nahezu völliger Stagnation der „privatwirtschaftlichen Wissenschaft” gekennzeichnet war, ist für die seit dem zweiten Methodenstreit verflossenen beiden Jahrzehnte ein rascher Ausbau jener „privatwirtschaftlichen Wissenschaft“ charakteristisch. Er erfolgte allerdings kaum durch Betriebswirte, sondern vor allem durch Nationalökonomen, die in zunehmendem Maße von der klassischen Gleichgewichts- zur Verlaufs- bzw. dynamischen Analyse übergingen, also nicht mehr nur Gleichgewichtssituationen, sondern den Wirtschaftsablauf erklären wollten. Dieser Wirtschaftsablauf aber ist das Ergebnis der Dispositionen der Wirtschaftssubjekte, nicht zuletzt der Unternehmer.128 Es galt daher für die Nationalökonomen zunächst, diese Dispositionen bzw. die unternehmerischen Wirtschaftspläne, auf denen wiederum jene Entscheidungen (nämlich über Käufe und Verkäufe in einer bestimmten Periode) beruhen, zu analysieren. „Nur so ist eine Kausalanalyse des wirtschaftlichen Geschehens und eine Voraussage über den unter gewissen Voraussetzungen zu erwartenden Ablauf möglich.“128 „Die Theorie der Haushaltung und der Unternehmung wird damit Grundvoraussetzung für die moderne Wirtschaftstheorie in Gestalt der Verlaufstheorie.“129
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Literatur
Vgl. Schneider, Erich: Einführung in die Wirtschaftstheorie, 2. Teil, Wirtschaftspläne und wirtschaftliches Gleichgewicht in der Verkehrswirtschaft. 2. A., Tübingen 1953, S. 1
Schneider, Erich: Das Gesicht der Wirtschaftstheorie unserer Zeit und das Studium der Wirtschaftswissenschaften. Tübingen 1947, S. 11, im Original kursiv
eine Ausnahme bildete bereits sehr früh Gutenberg; vgi. Gutenberg, Erich: Die Unternehmung als Gegenstand betriebswirtschaftlicher Theorie. Berlin und Wien 1929
eine Ausnahme bildet hier das Buch von Möller, Hans: Kalkulation, Absatzpolitik und Preisbildung. Die Lehre von der Absatzpolitik der Betriebe auf preistheoretischer und betriebswirtschaftlicher Grundlage. Wien 1941
Gutenberg, Erich: Grundlagen der Betriebswirtschaftsfehre. 1. Bd: Die Produktion, 1. A., Berlin-Göttingen-Heidelberg 1951 (2. A. 1955 ); 2. Bd: Der Absatz, Berlin-Göttingen-Heidelberg 1955
insbesondere von Mellerowicz, vgl. Mellerowicz, Konrad: Eine neue Richtung in der Betriebswirtschaftslehre? In: ZfB, 22. Jg, 1952, S. 145–161
Schwantag, Karl: „Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre“. Zu Erich Gutenbergs Buch. In: ZfB, 22. Jg, 1952, S. 11–18, hier S. 11
Mellerowicz, Eine neue Richtung, a.a.O., S. 160. Mellerowicz führte u. a. weiter aus: „Sie treibt ... nicht Theorie um der Theorie willen und hat darum auch keine Verwendung für Zahlenspielereien und für so weit getriebene mathematisch isolierende Methoden, daß sie zu einer betriebswirtschaftlich unbrauchbaren Höhe der Abstraktion führen und die erzielten Erkenntnisse für die betriebliche Wirtschaftsführung ohne Belang sind. Gerade dieses Ergebnis erzielt aber die von Gutenberg angewandte Methode.“ (a.a.O., S. 147) Er brachte weiterhin zum Ausdruck, daß er es „bedauern” würde, „wenn seine [Gutenbergs] Richtung die herrschende werden sollte, denn nach meiner Überzeugung sollte ,die Betriebswirtschaftslehre der Praxis dienen’ und das kann die Gutenbergsche Theorie nicht, sie kann die Betriebswirtschaftslehre der Praxis höchstens entfremden, nachdem diese gerade so weit gekommen ist, die Bedeutung der Betriebswirtschaftslehre für ihre praktischen Arbeiten ... anzuerkennen. Die Ergebnisse einer fünfzigjährigen sehr erfolgreichen Forschung werden hier aufs Spiel gesetzt — wofür? Wir halten für eine an der Praxis ausgerichteten Betriebswirtschaftslehre — und nur die hat Sinn — das Gutenbergsche Verfahren für abträglich. Oder soll sich jetzt auch der Betriebswirt in die Arena des wirtschaftlichen Geschehens stellen, sich an seinen Formulierungen freuen und die praktische Wirtschaft — sich selbst überlassen?“ (a.a.O., S. 160 f., Hervorhebungen im Original)
Gutenberg, Erich: Zum „Methodenstreit“. In: ZfhF, NF, 5. Jg, 1953, S. 327–355, hier S. 339
Gutenberg, Zum „Methodenstreit“, a.a.O., S. 340. Die Bestrebungen der Vertreter der Kunstlehre jedoch offenbar verkennend — denn so interpretiert er den Satz von Mellerowicz: „Die Praxis wäre dann ,ihrer` Theorie beraubt, der Theorie, die sie unbedingt braucht, weil sie ein ,Steuer und eine Karte` auf dem Ozean der ständig wechselnden wirtschaftlichen Erscheinungen in Betrieb und Markt benötigt.” (Mellerowicz, Eine neue Richtung, a.a.O., S. 155) — führt er weiter aus: „Wie klein und eng erscheint in diesem Zusammenhang die Ansicht, die Betriebswirtschaftslehre habe die Aufgabe, den leitenden Persönlichkeiten in den Unternehmungen sagen zu sollen, was sie zu tun
Vgl. insbesondere: Hax, Karl: Gegenstand, Entwicklung und gegenwärtiger Stand der Betriebswirtschaftslehre. In: WPg, 1. Jg, 1948, Nr. 6 („Betriebswirtschaftslehre als Wirtschaftlichkeitslehre der Unternehmung“), S. 3–13, insbes. S. 7 f. und Sieber, E[ugen] H.: Wirtschaftlichkeit und Wirtschaftlichkeitsmessung, a.a.O., insbes. S. 173 f. Auf diese und andere Beiträge gehen wir unten S. 60 ff. ausführlich ein.
Hinsichtlich des Problems der Abgrenzung gegenüber der Nationalökonomie wurden keine neuen Argumente vorgetragen, vgl. unten S. 82 ff.
Schmalenbach, Eugen: Neue Aufgaben der Betriebswirtschaftslehre. In: Betriebswirtschaftliche Beiträge, Heft 1 (1947), S. 3–9
Hax, Karl: Die menschlichen Beziehungen im Betrieb als Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. In: ZfhF, NF, 2. Jg, 1950, S. 390–399
Hasenack, Wilhelm: Methoden-und Entwicklungsprobleme der Betriebswirtschaftslehre. Aufriß von Gestaltungsmöglichkeiten der Betriebsforschung. In: Aktuelle Betriebswirtschaft, Festschrift zum 60. Geburtstag von Konrad Mellerowicz, Berlin 1952, S. 1–28, insbes. S. 5 ff.
Schäfer, Erich: Ober einige Grundfragen der Betriebswirtschaftslehre. In: ZfB, 20. Jg, 1950, S. 553–563 )
Schäfer, Ober einige Grundfragen, a.a.O., S. 553
Schäfer, Ober einige Grundfragen, a.a.O., S. 554
Es muß Verwirrung bringen, wenn die Frage, was dem künftigen Betriebswirt als Beruf an Wissen und Können, also an Ausbildung nottut, mit der Frage nach dem Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre, also nach dem Objekt oder Ziel einer wissenschaftlichen Disziplin, verquickt wird. Dies geschieht aber nach meinen Beobachtungen
In unserer Darstellung ist im Unterschied zu jener des ersten Methodenstreits nur ein geringer Bruchteil der Diskussionsbeiträge erwähnt, auf die übrigen werden wir im Verlaufe der Untersuchung noch eingehen. Hier galt es lediglich, die heutige methodologische Problemstellung anzudeuten.
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© 1957 Westdeutscher Verlag, Opladen
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Moxter, A. (1957). Die jüngsten Methodenstreitigkeiten. In: Methodologische Grundfragen der Betriebswirtschaftslehre. Beiträge zur betriebswirtschaftlichen Forschung, vol 4. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-07308-6_4
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