Zusammenfassung
Wenn je ganze Völker in ihren Kulturepochen mit dem Lebensalter der Individuen verglichen werden dürfen, so hat man Recht, die Nordamerikaner ein jugendliches Volk oder lieber ein Volk in dem ersten Stadium des Mannesalters zu nennen; man hat sie auch schon ein Volk in den Flegeljahren genannt. Es ist das nicht blos richtig, sofern die Kultur selbst eine neue, noch unfertige ist; es hat dieser Satz schon ganz äußerlich eine gewisse Wahrheit. Es giebt kein Land, in idem das jugendliche Alter so dominirt. Nirgends ist das Durchschnittsalter der Lebenden so niedrig, d. h. birgt so viele junge Leben in sich...Dieses Überwiegen der Jugend hat außerordentlich einfache Ursachen. Die große Zahl der Einwanderer gehört an sich den jüngeren Lebensjahren an; der natürliche Zuwachs ist in keinem Lande so stark als hier, wo durch den hohen Arbeitslohn und leichten Erwerb die Kinder schon bis zum 15. und 18. Jahre ihren Eltern mehr eintragen, als sie je gekostet haben. Kinder sind in Amerika keine ökonomische Last, sondern ein Vortheil. In keinem Lande wird so früh, so schnell und so leicht geheirathet. Es ist eine sehr verbreitete Sitte, die ersten Jahre der Ehe im Gasthof oder Boording-house zuzubringen; ein Kapital ist gar nicht nöthig oder wird viel einträglicher im Geschäft angelegt. Wie viel leichter läßt sich da eine Ehe eingehen, wie wird aber auch dadurch die europäische Stabilität eines geordneten Haus- und Familienwesens zu einer Art beweglicher Junggesellenwirthschaft.
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Referenzen
Gustav von Schmoller, Nationalökonomische und socialpolitische Rückblicke auf Nordamerika. In: Preußische Jahrbücher. Verlag Georg Reimer, Berlin 1866. Aus dem Kapitel: Der nordamerikanische Nationalcharakter. Band 17. S. 520–537.
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von Schmoller, G. (1959). Gustav von Schmoller. In: Amerika im Spiegel des deutschen politischen Denkens. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-07081-8_27
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-07081-8_27
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-663-06168-7
Online ISBN: 978-3-663-07081-8
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