Zusammenfassung
Die entscheidende Frage in diesem Zusammenhang lautet: Entsprechen die Wahlblöcke politischen Subkulturen bzw. ist Israel eine „Konkordanzdemokratie“ („Consociational Democracy“)?1
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Anmerkungen — Teil V
Gerade in diesem Kapitel möchte ich mich beim Leser für die zahlreichen Jargonismen entschuldigen. Mein im Vorwort gegebenes Versprechen kann ich hier noch weniger halten als in Teil IV.
Die Nationalieligiöse Partei warb im Wahlkampf 1977 zum Beispiel mit dem Satz: „Die Stimme bleibt in der Familie!“ (Haaretz, 8.4.1977).
Der Vorschlag des bis zum 21.10.1979 amtierenden israelischen Außenministers Moshe Dajan, für die Bevölkerung der 1967 eroberten Gebiete „funktionale Autonomie“ zu gewähren, wäre eigentlich eine Art Konkordanzdemokratie, da das politisch-religiöse Segment der dortigen Bevölkerung institutionalisiert werden würde. Dies gilt durchaus auch in bezug auf die „auf Menschen“, nicht auf das Territorium anzuwendende Autonomie. Zweifellos eine weniger herkömmliche Lösung als der immer zu findende Vorschlag eines „Heimatlandes“, einer „Heimstätte“ oder eines „Staates für die Palästinenser“. Daß nämlich ein „Staat“ Konflikte besser lösen kann als ein institutionalisiertes Segment, müßte erst noch bewiesen werden, und die historische Erfahrung von Kriegen zwischen Staaten beweist eigentlich eher die konfliktfördernde und nicht konfliktmindernde Funktion von Staaten.
Gemeint ist damit Ben-Gurions Satz vom Dezember 1922: „Es gibt nur eine einzige Aufgabe, die unsere Gedanken und Handlungen bestimmt: Die Eroberung und der Aufbau des Landes mit Hilfe der Masseneinwanderung. Der Rest ist trivial und nur Rhetorik“ (zit. aus Shapiro, 1976: 69).
Statt von „Mamlahtiut“ oder Universalismus spricht vom Abbau des Neo-Föderalismus Etzioni (1962). Mit der geschichtswissenschaftlichen Terminologie ist der von Etzioni gebrauchte Föderalismus-Inhalt nicht vereinbar.
Perlmutter (1977: 257) schreibt, Generalstabsschef Moshe Dajan sei ein ehemaliger PalmahSoldat gewesen. Richtig ist dagegen, daß Dajan zwar sozusagen der Schüler von Yitzhak Sadeh, dem führenden Kommandanten des Palinah war, aber seit 1941/42 hatten sich die Wege von Dajan und den Nicht-Mapai-Offizieren der Hagana getrennt (vgl. Schiff/Haber, 1976: 133).
Unbegreiflich ist mir die Behauptung von Perlmutter (1978: 4), der sich auf Gabriel Ben-Dor von der Universität Haifa stützt, daß der politische Ehrgeiz des Offizierskorps seit 1967 zurückgegangen sei. Dies mag in bezug auf aktive Offiziere vielleicht zutreffen, nicht aber auf Ex-Offiziere.
Auch im internationalen Vergleich scheint mir die objektive (= funktionale) Überforderung der Offiziere in der Politik einer der wichtigsten Gründe, wenn nicht sogar der wichtigste, dafür zu sein, daß sich Militärs aus der Politik wieder zurückziehen. In einer späteren Arbeit plane ich, systematische Daten hierfür vorzulegen. Ich stütze meine hier aufgestellte Hypothese auf ein Seminar an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken, das ich im Wintersemester 1978/79 gemeinsam mit Professor Dr. Jürgen Domes geleitet habe.
Perlmutter (1977 a) unterscheidet drei Typen von Militärs: die Professionellen, die Prätorianischen und die Revolutionären. Zahal bezeichnet Perlmutter als „routinisierte Revolutionäre Armee“; eine etwas moderne Terminologie.
Ein deutlicher Beweis dafür, daß politisches Bewußtsein und Interesse von Universitätsmitgliedern nicht unbedingt durch die Politisierung innerhalb der Universität zu erreichen ist. Ein Mißverständnis, dem nicht wenige der für das Bildungssystem der Bundesrepublik Deutschland Verantwortlichen in den letzten Jahren zum Opfer gefallen sind.
Offenbar wollte Lavon überall dort, wo er an der Spitze stand, „zentralisieren“. Schon im Verteidigungsministerium unternahm er zwischen 1953 und 1955 einen vergeblichen Versuch dieser Art, als er die interne, funktionale Autonomie des militärischen Establishments einschränken wollte (vgl. Kapitel 41).
Diese Definition wäre außerdem in bezug auf sogenannte „attitude groups“ und „promotional groups“ (vgl. Beyme, 1973 a: 2; dort auch Bibliographie) zu ergänzen, die keineswegs ihre Interessen nur „in politischen Entscheidungsvorgängen zur Geltung“ bringen. Promotionale Gruppen wollen in erster Linie „ideologische, moralische oder philantropische Ziele fördern“ (ebd.). Da zudem die Adressaten der jeweiligen „Verbände“ nicht immer politische Entscheidungen treffen, wäre auch dieses Definitionselement zu erweitern, indem die Entscheidungsbereiche unterschieden werden. So wollen Gewerkschaften beispielsweise ihre Interessen keineswegs nur in politischen Entscheidungsvorgängen zur Geltung bringen, sondern auch in wirtschaftlichen, und zwar nicht nur in wirtschaftspolitischen, sondern auch in betriebswirtschaftlichen (Mannesmann 1980 z.B.). Ein anderes Beispiel: „Interessengruppen“, die sich formierten, um die Legalisierung der Abtreibung in der Bundesrepublik Deutschland zu erreichen, hatten nicht zuletzt juristische Entscheidungsinstanzen als Adressaten, die sich, ob eingestandenermaßen oder nicht, diesem Meinungsklima nicht ganz entziehen konnten. Vielleicht sollte man daher ganz allgemein sagen, daß Verbände „im jeweiligen Entscheidungsbereich ihres/ihrer Adressaten“ eigene Interessen zur Geltung bringen wollen. Dies ist zwar allgemeiner formuliert, beschränkt diese Definition aber nicht nur auf den „rein politischen“ Bereich.
Amnon Barsilai (Haaretz, 13.9.1976) schreibt, daß 60 % der HPM-Beiträge an die Kupat Holim fließen, während der Generalsekretär der NRP, Danni Wermuss, mir in einem Interview (Tel-Aviv, 16.8.1978) sagte, es seien nur 55 %
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Wolffsohn, M. (1983). Ist Israel eine „Konkordanzdemokratie“? Oder: Brüche und Risse in den „Säulen“ durch Universalisierung. In: Politik in Israel. Schriften des Deutschen Orient-Instituts. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-05763-5_6
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