Zusammenfassung
Nimmt man dies Phänomen der evolutionär entstandenen Komplexität zur Kenntnis, dann verlagert dies den Schwerpunkt der Problemstellung. Die übliche Betrachtungsweise ökologischer Probleme geht von den Ursachen aus, die in der Gesellschaft liegen, und fragt von da aus nach der Verantwortung für die Folgen. Sie folgt damit der Zeitrichtung und hat das überzeugende Argument für sich, daß die Folgen gar nicht eintreten würden, wenn die Ursachen nicht aufträten. So rottet man die Übel am besten an der Wurzel aus; und so kann man vorgehen, wenn man sieht, daß ein Chemiewerk giftige Stoffe auf Müllhalden kippt oder Abwässer in Flüsse leitet mit der Folge, daß Fische sterben und die Wasserversorgung gefährdet wird. Für solche Probleme reicht ein adaptiertes Polizeirecht aus. Sowohl die Typik der aktuellen Probleme als auch die systemtheoretische Analyse zwingen jedoch zu einer Änderung dieser Betrachtungsweise und zur Rekonstruktion der Probleme aus der Sicht des Systems, das sich den Auswirkungen ökologischer Veränderungen ausgesetzt sieht.
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Referenzen
In etwas anderem Sinne, nämlich in bezug auf Knappheitsprobleme und ihre temporalen Operationalisierungen, sprechen auch Guido Calabresi/Philip Bobbitt, Tragical Choices, New York 1978, von tragischen Entscheidungen. Meines Erachtens trifft es den klassischen Begriff des Tragischen besser, wenn man auf Partizipation an der Kausalität abstellt. Man kann dann immer noch den letzten „Grund“ des Tragischen darin sehen, daß es „zu wenig“ kausale Möglichkeiten gibt.
Vgl. z. B. Eckard Rehbinder, Politische und rechtliche Probleme des Verursacherprinzips, Berlin 1973;
Dieter Cansier, Die Förderung des umweltfreundlichen technischen Fortschritts durch die Anwendung des Verursacherprinzips, Jahrbuch für Sozialwissenschaft 29 (1978), S. 145–163;
Robert Weimar, Zur Funktionalität der Umweltgesetzgebung im industriellen Wachstumsprozeß, in: Festschrift Bruno Gleitze, Berlin 1978, S. 511–526 (519 ff.). Juristen stützen sich dabei weitgehend auf Vorurteile über Attribution, und die eigentliche Problematik stellt sich für sie erst bei der Frage, ob das Anschließen von Rechtsfolgen, etwa durch Aufwerfen der Schuldfrage, weiter eingeschränkt werden soll. Dies ist natürlich unvermeidlich, wenn Strafen in Betracht gezogen werden sollen. Für Ökonomen dagegen ist auf jeden Fall klar, daß das Verursacherprinzip zwar regelungstechnisch einfach ist, aber nicht allokationsoptimierend wirkt. Auch dieser Vorbehalt registriert in gewisser Weise, daß jede Attribution auf einer Simplifikation beruht.
Die Auswahl richte sich danach, „auf welche Weise eine möglichst hohe Umweltqualität erreicht werden kann und welches Verfahren als wirtschaftlich und verwaltungstechnisch günstige Lösung erscheint“, heißt es bei Eckard Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, in: Jürgen Salzwedel (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, Berlin 1982, S. 81–115 (96 f.). Siehe auch ders., a. a. O. (1973), S. 33 f. Verursacher ist, mit anderen Worten, der, den man greifen kann.
Das heißt z. B., daß die Diskussion der Behauptung, der „Kapitalismus“ und die Freisetzung von Profitmotiven seien die eigentliche Ursache der Umwekschäden, ebenso richtig wie falsch ist wie jede Einfaktortheorie. Vgl. z. B. Gerhard Kade, Umwelt: Durch das Profitmotiv in die Katastrophe, in: Regina Molitor (Hrsg.), Kontaktstudium Ökonomie und Gesellschaft, Frankfurt 1972, S. 237–247, oder die Beiträge von Gerhard Kade und Volker Ronge, in: Manfred Glagow (Hrsg.), Umweltgefährdung und Gesellschaftssystem, München 1972. Daß sehr viel differenziertere Ausgangspunkte für ökologische Analysen im Werk von Karl Marx selbst zu finden sind, bedarf wohl kaum des Hinweises.
Vgl. z. B. Peter A. Victor, Economics and the Challenge of Environmental Issues, in: Herman Daly (Hrsg.), Economics, Ecology, Ethics: Essays Towards a Steady-State Economy, San Francisco 1980, S. 194–204 (207 ff.).
Hierzu besonders klar: Heinz von Foerster, Cybernetics of Cybernetics, in: Klaus Krippendorff (Hrsg.), Communication and Control in Society, New York 1979, S. 5–8.
Vgl. Walter Benjamin, Zur Kritik der Gewalt, in ders., Gesammelte Schriften, Bd. 11.1, Frankfurt 1977, S. 179–203.
Siehe z. B. die Reduktion ökologischer Probleme auf eine Beziehung von Knappheit und Allokation bei Horst Siebert, konomische Theorie der Umwelt, Tübingen 1978.
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Luhmann, N. (2004). Ursachen und Verantwortungen?. In: Ökologische Kommunikation. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-05746-8_2
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