Zusammenfassung
Die Diskussion um eine Verstärkung der Rechtsberatungs- und Rechtshilfemöglichkeiten für große Teile der Bevölkerung, die bisher faktisch davon ausgeschlossen sind, hat in neuerer Zeit wieder breiten Raum eingenommen (1). Bedauerlicherweise ist weniger die Ursache und Begründung eines von allen Autoren unterstellten Rechtsberatungsbedürfnis sozial Schwacher als vielmehr die Frage, wer unentgeltliche Rechtsberatung in welcher Form und von wem finanziert gewähren soll, Mittelpunkt der Diskussion. So scheint es in der Bundesrepublik im Gegensatz zu den skandinavischen Ländern, Großbritannien und den Niederlanden nur noch auf die Alternative eines Anwaltsmodells zur öffentlichen Rechtsberatung anzukommen, wobei die Argumente aus verschiedensten Bereichen durchsetzt von den unterschiedlichsten Interessen an der Rechtsberatung gleichsam beliebig gewichtet nebeneinander stehen. Dieser Mangel in der theoretischen Diskussion schlägt sich ebenfalls in der Vielfalt probeweise eingeführter Beratungsmodelle (2) nieder, die gleichfalls der Dichotomie zwischen Anwaltsmodell und staatlicher Rechtsberatung folgen.
Die Arbeit versteht sich als eine Voruntersuchung, die die Möglichkeit der Hypothesenbildung für eine spätere Hauptuntersuchung schaffen sollte. Die Konzeption wurde mit Erhard Blankenburg und Ekkehard Klausa diskutiert, denen der Verfasser für Anregungen dankt. Bei der Zusammenstellung und Auswertung des empirischen Materials sowie in der Diskussion der Ergebnisse hat stud. jur. Peter Frank mitgearbeitet.
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Anmerkungen
Vgl. Baumgärtel, Ist die Rechtsberatung Minderbemittelter eine Aufgabe staatlicher Be hörden? ZRP 75, 65; Schoreit, Rechtsberatung Minderbemittelter durch öffentliche Rechtsauskunftsstellen oder durch Armenanwälte? ZRP 75, 62; ders. Rechtsberatung unentgeltlich, 1974; Isola, Schwierigkeiten beim Zugang zur Rechtspflege, Recht und Politik 1974, 64; Isermann, „Freie Rechtshilfe“ und „Gemeinnützige Rechtsauskunftsstellen” vor 1933 in Deutschland und im Ausland, Recht und Politik 1975, 31; Herbst, Die Rechtsberatung Minderbemittelter in der Praxis, ZRP 75, 219; Röper, Rechtsschutzversicherung für sozial Schwache, ZRP 75, 252; Rasehorn, Material zur Rechtsberatung für sozial Schwache, Vorgänge Nr. 13, 1975, 14; Diskussion im „Sonderausschuß für Außergerichtliches Armenrecht“ auf dem Anwaltstag 1975, abgedruckt in AnwBl 1975, 285; sowie die Diskussion zum Thema „Rechtsberatung Minderbemittelter” in der Rubrik „Echo“ der ZRP zwischen Dellmann (ZRP 75, 199); Schoreit (ZRP 75, 200) und Rasehorn (ZRP 75, 296); ferner die Vorschläge des Deutschen Anwaltvereins in AnwBl. 1974, 254, sowie der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen in Recht und Politik 1974, 98; zur Diskussion im Ausland kann auf die übrigen Beiträge dieses Bandes verwiesen werden.
Bayern, Saarland: Das Anwaltsmodell mit Beratungsscheinen (vgl. Herbst a.a.O.); Bremen (vgl. Isola in AnwB1 1975, 286f.), Hamburg (vgl. Schoreit, Rechtsberatung unentgeltlich, S. 32 ff.) und West-Berlin die öffentliche Rechtsberatung; Hessen gleich drei Versuchsmodelle: in Kassel Rechtsberatung durch Anwälte im Gericht; in Nidda öffentliche Rechtsberatung durch pensionierte Richter, in Darmstadt das System der Berechtigungsscheine für freie Anwälte; Rheinland-Pfalz Rechtsberatungsstellen durch Anwälte und pensionierte Richter; Niedersachsen Rechtsberatungsstellen durch freie Anwälte in 11 Amtsgerichten (vgl. zu Niedersachsen die Stellungnahme der niedersächsischen Landesregierung in AnwBl 75, 84.)
Vgl. Sykes, Legal Needs of the Poor in the City of Denver, Law and Society Review, 1969/ 70, S. 255 ff.
Abel-Smith/Zander/Brooke, Legal Problems and the Citizen, London 1973.
Im Herbst 1974 strahlte das regionale 3. Fernsehprogramm hierzu eine Sendung aus; der Vorsitzende der Anwaltskammer befaßte sich in einem Zeitungsinterview (Tagesspiegel vom 27.7.75) sowie in seiner Rede vor dem Anwaltstag in Berlin (abgedruckt in NJW 75, 1337 (1340) mit der öffentlichen Rechtsberatung; der Senat erließ 1974 die „Grundsätze für die Rechtsberatungsstellen der Bezirksämter von Berlin“ (Amtsblatt von Berlin 1974, I, 289 ).
Rechtshilfe wird somit nicht als Hilfe zur Verwirklichung einer konkordanten Ordnung, der Rechtsordnung, verstanden, sondern als Teilbereich sozialer Hilfe zur Durchsetzung von im gesamten Gemeinwesen legitimierten Interessen.
Stat. Jhb. der BRD 1974, S. 273/4; zum Vergleich: Bayern 57%.
Rehbinder, Wandlungen der Rechtsstruktur im Sozialstaat, in KZfS Sonderheft 11 (1967), S. 197 ff. (insbes. S. 206/7).
Das Verhältnis der Bevölkerung zur Rechtspflege, Jhb. für Rechtssoziologie und Rechtstheorie Bd. 3, 1972, S. 555 (558).
Dazu das Beispiel aus der Strafjustiz abgedruckt bei Rasehom, Rechtlosigkeit als Klassenschicksal, Vorgänge 1, 1973, S. 20.
Dies wird anschaulich illustriert in Roth, Armut in der Bundesrepublik, 1974, S. 149 ff.
Zum Problem der Bestimmung der Armutsgrenze Sykes, Legal Needs of the Poor in the City of Denver, a.a.O. S. 257; Krupp, Arm und Reich: Wie man die Unterschiede mißt, in Transfer Nr. 1, 1975, S. 62.
Vgl. Schoreit, Rechtsberatung unentgeltlich, 1974, S. 41.
Abgedruckt in NJW 75, 1337 ff.,,Sinn und Grenzen anwaltlicher Unabhängigkeit“.
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© 1978 Westdeutscher Verlag, Opladen
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Reifner, U. (1978). Unentgeltliche Rechtsberatung in West-Berlin. In: Blankenburg, E., Kaupen, W. (eds) Rechtsbedürfnis und Rechtshilfe. Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie, vol 5. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-05387-3_3
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