Zusammenfassung
Die Themen wissenschaftlicher Diskussionen sind Zeitströmungen unterworfen, ebenso wie die Themen der Literatur oder der Politik. Spätestens seitdem Kuhn die Wissenschaftsgeschichte als eine Abfolge von Paradigmata beschrieb, wird die Vorstellung von Wissenschaft als einem kumulativen Prozeß des Erkenntnisfortschritts als unrealistisch angesehen. Sie ist dem Bild eines von institutionellen Bedingungen abhängigen und thematischen Konjunkturen unterworfenen Betriebs gewichen. Schon in der Problemstellung wie auch in dem theoretischen Ansatz, mit dem eine Problemlösung gesucht wird, zeigt der Wissenschaftler seine Bindung an das Problembewußtsein und die Denktraditionen seiner Disziplin und seiner Zeit. Das gilt für Grundlagenwissenschaften, deren Erkenntnisziele nicht unmittelbar an Verwendungszusammenhänge gebunden sind. Erst recht gilt das für akademische Disziplinen, die ihre Themen von politischen Problemlagen beziehen wie die auf Entscheidungen bezogenen Diskussionen innerhalb der Jurisprudenz.
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Anmerkungen
Schoreit, Rechtsberatung Minderbemittelter durch öffentliche Rechtsauskunftsstellen oder durch Armenanwälte? ZRP 75, 62; ders., Rechtsberatung unentgeltlich, Karlsruhe 1974; Isola, Schwierigkeiten beim Zugang zur Rechtspflege, Recht und Politik 1974, 64; vgl. Baumgärtel, Ist die Rechtsberatung Minderbemittelter eine Aufgabe staatlicher Behörden? ZRP 75, 65; sowie ders., Gleicher Zugang zum Recht für alle, Köln 1976, wo er ausführlich Lösungsvorschläge für außergerichtliche und prozessuale Rechtshilfe, mit eigenem Vorschlag zu letzterem diskutiert; Isermann, „Freie Rechtshilfe“ und „Gemeinnützige Rechtsauskunftsstellen” vor 1933 in Deutschland und im Ausland, Recht und Politik 1975, 31; Herbst, Die Rechtsberatung Minderbemittelter in der Praxis, ZRP 75, 219; Röper, Rechtsschutzversicherung für sozial Schwache, ZRP 75, 252; Rasehorn, Material zur Rechtsberatung für sozial Schwache, Vorgänge Nr. 13, 1975, 14; Diskussion im „Sonderausschuß für außergerichtliches Armenrecht“ auf dem Anwaltstag 1975, abgedruckt in AnwBI. 1975, 285; sowie die Diskussion zum Thema „Rechtsberatung Minderbemittelter” in der Rubrik „Echo“ der ZRP zwischen Dallmann (ZRP 75, 199); Schoreit (ZRP 75, 200) und Rasehom (ZRP 75, 296 ).
Ovid III, Amores III, Zeile 55, zitiert nach M. Cappelletti, J. Gordley, Legal Aid: Modem Themes and Variations, Stanford Law Review 24 (1971–73) 347.
Vgl. Pohlmeyer, Zur Notwendigkeit einer Neuordnung des Armenanwaltsgebührenrechts, AnwBl. 21 (1971) S. 64–67; zu den Kampfmaßnahmen vgl. AnwBl. 21 (1971, 68, 84, 162, 272, 273; vgl. auch die Argumentation bei Einführung der Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren in Armensachen, die in den zwanziger Jahren erfolgte: Hagelberg, Zur Reform des Armenrechts, JW 49 (1920) 876.
Siehe Entschließung der ASJ Bundesausschuß vom 1.3. 1974, Recht und Politik 1974, S. 98–99.
Vgl. etwa die Erfahrung der Arbeitsämter mit der Förderung von Umschulung und Fortbildung im Rahmen des AFG. Theoretisch hierzu: S. M. Miller, P. Roby, A. de Vos van Steenwijk, Creaming the Poor, in: Translation 8/1970 (Bd. 7 ) 38–45.
Vgl. den Referentenentwurf zur Neuregelung des Armenrechts aus dem Justizministerium im September 1976, der Kostenbegünstigungen bis weit in die Mittelschicht hinein vorsieht. Auch hier wäre der Effekt des “creaming the poor” zu erwarten, zumal keine zusätzlichen Infrastrukturvoraussetzungen vorgesehen, um den Zugang besonders Hilfsbedürftiger zu erleichtern. Siehe hierzu Reinhard Schubert, Zur Reform des Armenrechts, Manuskript, Bonn 1977.
Marplan, Prozeßfreudigkeit der Deutschen, Umfrage bei 988 repräsentativ ausgewählten Haushaltsvorständen im Auftrag des WDR Köln, 1973.
Vgl. G. Sykes, Legal Needs of the Poor in Denver, Law and Society Review 4 (1969/70), 255–277.
I. E. Carlin, I. Howard, Legal Representation and Class Justice, in: UCLA Law Review 12 (1965) 381–431.
W. Kaupen, Das Verhältnis der Bevölkerung zur Rechtspflege, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie 3, 1972, 555.
G. Zenz, A. Koch, Erfahrungen und Einstellungen von Klägern in Mietprozessen, in: Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie 3, Düsseldorf 1972, 509–528. Diese Untersuchung wurde an Gerichtsakten aus den Jahren 1969/1970 vorgenommen, also vor der Ausweitung des Mieterschutzes in der Bundesrepublik. Nur 24% aller Kläger waren Mieter, 76% waren Vermieter. In einer Aktenuntersuchung 1971 in Baden-Württemberg (also nach der Rechtsänderung) stellten wir ein noch viel ausgeprägteres Übergewicht der Vermieter als Kläger fest: nur 6% aller Kläger waren Mieter. Vgl. Prognos, Gutachten zur Gerichtsorganisation ( Amtsgerichte) in Baden-Württemberg, Basel (unveröff.) 1974.
Galanter, Why the ‘Haves’ Come Out Ahead, Law and Society Review 9 (1974) 95–160.
Erhard Blankenburg, Der Anteil gerichtlicher Verfahren bei der Austragung sozialer Konflikte, in: Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie, 4 (1976), 84–97.
Vgl. J. E. Carlin/Howard/Messinger, Civil Justice and the Poor, N.Y. (Russel Sage) 1967.
Dem widerspricht nicht, daß dies politisch-normativ bestritten wird. Im Bericht der BundLänder-Arbeitsgruppe zur Ausländerbeschäftigungspolitik, Bonn 17.12.76, S. 3 heißt es ausdrücklich: „Die BRD ist kein Einwanderungsland.“ (Soweit, wenn als Faktum gemeint, falsch.) „Sie versteht sich als ein Aufenthaltsland für Ausländer, die in der Regel nach einem mehr oder weniger langen Aufenthalt aus eigenem Entschluß in ihre Heimat zurückkehren.” (Soweit eine politische Willenserklärung, wobei der „eigene Entschluß“ durch die materielle Rechtlosigkeit von Ausländern, insbesondere aus Ländern außerhalb der EWG, befördert werden soll.)
Vgl. Fritz Franz, Die aufenthaltsrechtliche Stellung der ausländischen Arbeiter, in: T. Ansay, V. Gessner, Gastarbeiter in Recht und Gesellschaft, München 1974.
Vgl. E. Schüler, Die Ermessensentscheidung der Ausländerbehörden, erörtert anhand der Verwaltungspraxis in Berlin, Berlin 1974.
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© 1978 Westdeutscher Verlag, Opladen
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Blankenburg, E. (1978). Rechtshilfebedürfnis und Rechtsberatung — Theoretische Überlegungen zur rechtspolitischen Diskussion in der Bundesrepublik Deutschland. In: Blankenburg, E., Kaupen, W. (eds) Rechtsbedürfnis und Rechtshilfe. Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie, vol 5. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-05387-3_11
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