Zusammenfassung
Mit der Entwicklung der Nationalökonomie von ihren Anfängen bis zum heutigen Stand der Theorie hat der Begriff und logische Charakter des »Wirtschaftsmenschen« (economical man) eine mehrfache Wandlung erfahren, die weniger aus Gründen lehrgeschichtlichen als vielmehr wissenschaftstheoretischen Interesses aufgezeigt werde. Dabei beschränke ich mich auf eine skizzenhafte Darstellung der bisherigen, insbesondere in der deutschen Literatur erarbeiteten Forschungsergebnisse. Es würde zu weit führen, dem Begriff des »homo oeconomicus« bei sämtlichen Vertretern der nationalökonomischen Theorie nachzuspüren, so reizvoll diese Aufgabe sein mag.
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Anmerkungen
Goetz Briefs, »Untersuchungen zur klassischen Nationalökonomie«, Jena 1915.
Wilhelm Hasbach, »Untersuchungen über Adam Smith und die Entwicklung der politischen Ökonomie«, Leipzig 1891.
Richard Zeyss, »Adam Smith und der Eigennutz«, Tübingen 1889.
Josef Stephan Schmitt, »Der >homo oeconomicus< in der klassischen Nationalökonomie«, Heidelberg 1923.
Albert Walther, »Der >homo oeconomicus< und seine Wandlungen«, Frankfurt 1924.
Herbert Schack, »Der rationale Begriff des Wirtschaftsmenschen«, in: Jb. f. N. O. u. St., 122. Bd., 1924, S. 439 ff.
Helmuth Wolff, »Der >homo oeconomicus<, eine nationalökonomische Fiktion«, Berlin-Leipzig 1926.
Theodor Pütz, »Wirtschaftslehre und Weltanschauung bei Adam Smith« München und Leipzig 1932.
Otto v. Zwiedineck-Südenhorst, »Der Begriff >homo oeconomicus< und sein Lehrwert«, a. a. O.,
Alfred Fey, »Der >homo oeconomicus< in der klassischen Nationalökonomie und seine Kritik durch den Historismus«, Limburg 1936.
William D. Grampp, »Adam Smith and the economic man«, in: The Journal of Political Economy, Vol. 56 (1948), S. 315 ff. u. a. m.
v. Zwiedineck-S., »Der Begriff >homo oeconomicus< und sein Lehrwert«, a. a. O., S. 276.
A. Fey, »Der >homo oeconomicus< in der klassischen Nationalökonomie«, a. a. O., S. 40. Daß A. Smith die Isoliermethode gekannt und sowohl in seiner »Theory of Moral Senti-ments« als auch in seinem »Wealth of Nations« angewandt habe, nehmen — nach A. Fey — an: Buckle, Oncken, Vaihinger, Menger, mama — Sternegg u. a.; daß er überhaupt nicht gewußt habe, was man unter der Methode der isolierenden Abstraktion versteht, ist da-gegen die Ansicht Hasbachs, Lexis, Langes, Zeyss, M. Webers und Schmitts.
Herbert Schack, »Der rationale Begriff des Wirtschaftsmenschen«, a. a. O., S. 457.
Goetz Briefs, »Untersuchungen zur klassischen Nationalökonomie«, a. a. O., S. 280 f.
Der Nachweis der Herkunft dieses Terminus ist, soweit ich sehe, bisher noch nicht er-bracht worden; vermutlich ist er von der Philosophie an die Nationalökonomie herangetra-gen worden.
vgl. Karl Pribram, »Die Entstehung der individualistischen Sozialphilosophie«, Leipzig 1912, S. 97, Anm. 79.
vgl. A. Fey, a. a. O., S. 40: »Denn die Abstraktion, die Smith vornimmt, ist ja nicht gering, wenn er das Selbstinterese bei allen Menschen gleichsetzt…«
Theodor Pütz, »Wirtschaftslehre und Weltanschauung bei Adam Smith«, a. a. O., S. 56.
Theodor Pütz, a. a. O., S. 25.
William D. Grampp, »Adam Smith and the Economic Man«, a. a. O., S. 336.
vgl. A. Fey, a. a. O., S. 50 ff.
James Steuart, Denham war es, der in seiner »Inquiry into the Principals of Political Economy« (1767), dem einzigen »System« der merkantilistischen Epoche, den hypothetischen Charakter der Prämisse vom Eigennutz erstmalig offen bekannte. Ihm gebührt somit das Verdienst der Einführung der hypothetischen Methode in die Nationalökonomie. »Ich habe dies derart erklärt, daß niemand annehmen kann, ich hielte den Eigennutz für die allgemeine Triebfeder menschlicher Handlungen. — Ich nehme deshalb an, daß jedermann... nach seinem eigenen Vorteile handelt.« (»Untersuchung über die Grundsätze der Volkswirt-schaftslehre«, 1. Bd., Buch 2, S. 48 resp. S. 229, Jena 19??
Goetz Briefs, »Untersuchungen zur klassischen Nationalökonomie«, a. a. O., S. 282.
Leipzig 1886, Band 3, S. 310 ff.
Goetz Briefs, a. a. O., S. 279.
v. Zwiedineck-S., »Der Begriff >homo oeconomicus< und sein Lehrwert«, a. a. O., S. 277.
Johan Åkerman, a. a. O., S. 37.
Johann Heinrich v. Thünen, »Der isolierte Staat in Beziehung auf Landwirtschaft und Nationalökonomie«, 3. Aufl. Berlin 1875, S. XVIII.
v. Zwiedineck-S., »Der Begriff >homo oeconomicus< und sein Lehrwert«, a. a. O., S. 278.
»Ober den Ursprung und die Entwicklung der historischen Schule deutscher National-ökonomie« erklärt Menger (»Untersuchungen«, a. a. O., S. 210), »daß ursprünglich in Deutschland eine >historische< Schule von Politikern und zugleich eine >politische< Schule von Historikern entstand, aus welcher sich allmählich eine historische Schule von Volks-wirtschaftspolitikern und — da die Volkswirtschaftspolitik von den Vertretern der obigen Richtung mit der Politischen Ökonomie vielfach verwechselt wurde —, schließlich eine >historische Schule der Politischen Okonomie< überhaupt herausbildete.«
Es darf nicht übersehen werden, daß bereits Sismondi in Opposition gegen die abstrakte Theorie der Klassiker, insbesondere gegen den »economical man« eines A. Smith stand, dem er vorwarf, sich in weltfremden Abstraktionen zu verlieren. Vgl. hierzu Herbert Schack, »Der rationale Begriff des Wirtschaftsmenschen«, a. a. O., 458 f.
Karl Knies, »Die politische Ökonomie vom geschichtlichen Standpunkte«, 2. Aufl., S. 353, Braunschweig 1883.
Wilhelm Roscher, »Grundlagen der Nationalökonomie«, 3. Aufl., Stuttgart u. Augsburg 1858.
Bruno Hildebrand, »Die Nationalökonomie der Gegenwart und Zukunft«, Frankfurt a. M., 1848, S. 29.
Karl Knies, »Die politische Okonomie vom geschichtlichen Standpunkt«, a. a. O., S. 68.
Bruno Hildebrand, »Die Nationalökonomie der Gegenwart und Zukunft«, Bd. I, Jena 1922, S. 22 f.: »Sie (die Klassiker, d. Verf.) gehen von der Ansicht aus, daß alle Gesetze der Volkswirtschaft… über Zeit und Raum erhaben, bei allem Wechsel der Erscheinungen fest-bleiben, und vergessen dabei gänzlich, daß der Mensch als soziales Wesen stets ein Kind der Zivilisation und ein Produkt der Geschichte ist, und daß seine Bedürfnisse, seine Bildung, seine Beziehungen zu den Sachgütern wie zu den Menschen niemals dieselben bleiben, son-dern sowohl geographisch verschieden sind, als auch historisch sich immer verändern und mit der gesamten Kultur des Menschengeschlechts fortschreiten.«
Alfred Amonn, »Volkswirtschaftliche Grundbegriffe und Grundprobleme«, 2. Aufl., S. 45, Bern 1944.
Wilhelm Roscher, »Die Grundlagen der Nationalökonomie«, a. a. O., S. 42.
Gustav Schmoller, »Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre«, I. Teil, Leipzig 1908, S. 119: »Der Unterschied der jüngeren historischen Schule… ist der, daß sie (noch) weniger rasch generalisieren will, daß sie ein viel stärkeres Bedürfnis empfindet, von der polyhistorischen Datensammlung zur Spezialuntersuchung der einzelnen Epochen, Völker-und Wirtschaftszustände überzugehen.«
Gustav Schmoller, »Über einige Grundfragen der Sozialpolitik und der Volkswirt-schaftslehre«, Leipzig 1898, S. 50.
Gustav Schmoller, Art. »Volkswirtschaft, Volkswirtschaftslehre und -methode«, in: Hdw. d. St. W., 3. Aufl., S. 28.
Offensichtlich eine Anspielung auf den »economical man« bei A. Smith.
Als Persiflage der Konzeption David Ricardos zu deuten, den Schmoller an anderer Stelle »einen klugen, scharfsinnigen Geschäftsmann, ohne eigentlich wissenschaftliche Bildung« nennt, »der aus der Nationalökonomie eine deduktive Wissenschaft mit wenigen halb wahren, halb falschen Prämissen« gemacht habe.
Gustav Schmoller, a. a. O., S. 474.
vgl. S. I, Fußnote 1.
Carl Menger, »Untersuchungen«, a. a. O., S. 56: Die Voraussetzungen (der exakten Theorie) auf dem Gebiete der Preiserscheinungen sind: 1. »daß alle hier in Betracht kommenden wirtschaftenden Subjekte ihr ökonomisches Inter-esse vollständig wahrzunehmen bestrebt sind, 2. daß dieselben im Preiskampfe, sowohl über das bei demselben ökonomisch zu verfolgende Ziel, als auch über die hier einschlägigen Mittel zur Erreichung desselben sich nicht im Irrtum befinden, 3. daß ihnen die ökonomische Sachlage, soweit sie auf die Preisbildung von Einfluß ist, nicht unbekannt sei, 4. daß kein die ökonomische Freiheit derselben beeinträchtigender Zwang auf sie ausgeübt wird.«
Carl Menger, »Untersuchungen«, a. a. O., S. 54.
Carl Menger, »Untersuchungen«, a. a. O., S. 74.
Vgl. H. Dietzel, »Selbstinteresse und Methodenstreit in der Wirtschaftstheorie«, in: Hdw. d. St. W., 3. Aufl., 7. Bd., Jena 1911, S. 435 ff.
A. Fey, a. a. O., S. 113.
H. Dietzel, »Theoretische Socialökonomik«, I. Bd., Leipzig 1911, S. 78 ff.
Ebenda.
v. Zwiedineck-Südenhorst, »Der Begriff homo oeconomicus und sein Lehrwert«, a. a. O., S. 521.
Ebenda.
Ebenda, S. 526.
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Bongard, W. (1965). Der Wirtschaftsmensch (homo oeconomicus) Dogmenhistorischer Abriß. In: Nationalökonomie, wohin?. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-04352-2_3
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-04352-2_3
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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