Zusammenfassung
Im folgenden soll auf die Bedeutung der unterschiedlichen Verteilung von Investitionen im Raum abschließend hingewiesen werden. Mannigfache Fehlentscheidungen im Wirtschaftsleben können, notfalls durch staatliche Intervention, wieder aufgehoben oder abgemildert werden, sofern sie zu negativen ökonomischen Auswirkungen Anlaß geben. Nettoinvestitionen — auch wenn es sich um Fehlinvestitionen an einem relativ ungünstigen Standort handelt —, die zu regionalen Wachstumsprozessen führten und eine Fixierung von Wirtschaftseinheiten des sekundären wie tertiären Produktionssektors an einem Standort zur Folge hatten, stellen langfristig räumliche Gebilde dar, die durch Irreversibilität gekennzeichnet sind. Die Folgewirkungen der Investitionen sind also nicht ungeschehen zu machen und wirken „lenkend“ auf die künftige Verteilung der Investitionen im Raum ein. Bei Außerachtlassung des Zeitaspekts sowie der Kosten für Verlagerungsinvestitionen und Transporte müßte theoretisch, dem Grenzproduktionstheorem entsprechend, ein Standortwechsel stattfinden, wenn sich die Grenzproduktivität eines Betriebes an einem anderen Produktionsort erhöhen würde. Charakterisiert durch Wanderungsbewegungen der Wirtschaftseinheiten des sekundären Sektors würde die industrielle Standortdynamik theoretisch so lange anhalten, bis alle örtlichen Unterschiede der Grenzproduktivität ausgeglichen wären, d. h. bis ein räumliches Substitutionsgleichgewicht erreicht wäre.
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Referenzen
Heinrich Niehaus: Diskussionsbeitrag in: Probleme des räumlichen Gleichgewichts in der Wirtschaftswissenschaft. Schriften des Vereins für Socialpolitik. N. F., Bd. 14. Berlin 1959, S. 127.
Damit zählt die traditionelle Wirtschaftsstruktur zu den Antezedenzien (Klatt), die den regionalen Ablauf des Industrialisierungsprozesses in Form von Anteludiale ff ekten (Voigt) in bestimmte Bahnen zwingen. Vgl. Sigurd Klatt: Zur Theorie der Industrialisierung. Köln, Opladen 1959, S. 88 f., und Fritz Voigt: Verkehr und Industrialisierung. In: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft. Bd. 109 (1953), S. 218.
Die kriegsbedingte Dezentralisierung der Regionalstruktur in Mitteldeutschland führte nach dem Kriege sogar zum Wiederaufbau dieser Standorte, wodurch sie traditionellen Charakter erhielten. Vgl. Dietrich Storbeck: Das Arbeitskräftepotential als strukturelle Bedingung der wirtschaftlichen Entwicklung in Mitteldeutschland bis 1965. In: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft. Bd. 117 (1961). S. 226.
„Wer seinen Standort nach der Prozeßauslösung festlegt, muß sich mit den verbleibenden Möglichkeiten auseinandersetzen, unterliegt um so mehr der Prozeßregelung durch die Antezedenzien, je später er wählt.“ Sigurd Klatt: Zur Theorie der Industrialisierung. Köln, Opladen 1959. S. 89.
rVgl. Wolfgang Meyer: Die Theorie der Standortwahl. Berlin 1960, S. 64.
Vgl. Abdul Qayum: Die Wahl einer optimalen Technik. In: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft. Bd. 117 (1961), S. 194.
„Der gewerbliche Güterkraftverkehr wäre unvergleichlich stärker und die Eisenbahn erheblich schwächer entwickelt, wenn sie in umgekehrter Reihenfolge ins Leben getreten wären, als es in unserer geschichtlichen Wirklichkeit der Fall war.“ Fritz Voigt: Das Gesetz der Priorität. In: Schiene und Straße 1959. Hrsg. v. Leo Brandt. Dortmund 1959, S. 68.
“6 Vgl. hierzu auch die Betrachtungen von Dyodi Esawa: Mikro- und Makroanalyse in der Standortslehre. In: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft. Bd. 117 (1961), S. 25.
Vgl. H. Meinhold: Zahlungsbilanztheorie und Standorttheorie. In: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik. Bd. 167 (1955), S. 420.
„Die Differenz der Gewinne am bisherigen und am nunmehr optimalen Standort muß erst größer sein als die Verzinsung der Verlagerungskosten, ehe eine effektive Verlagerung eintritt. Sie muß auch die Nachteile der Neuerrichtung eines Betriebes (im Zuge des Wachstums) in einem neuen Standort überwiegen. Diese bestehen im Fehlen qualifizierter Arbeit und traditioneller wirtschaftlicher Beziehungen.“ Erwin Scheele: Tarifpolitik und Standortstruktur. Göttingen 1959, S. 38.
Zu jenen staatlichen Interventionen, welche nachhaltige Raumwirkungen zeigten, gehören: die Wohnungszwangswirtschaft, der Wohnungsbau, die regionale Angleichung der Arbeitsentgelte, die Beschränkung des Verkehrs mit landwirtschaftlichen Grundstücken, der Finanzausgleich, das kommunale Steuersystem, die unzureichende Anlastung öffentlicher Aufwendungen im Verkehr usw. Vgl.: Die Raumordnung in der Bundesrepublik Deutschland. Gutachten des Sachverständigen-Ausschusses für Raumordnung. Stuttgart 1961, S. 27 ff.
Vgl. Erich Otremba: Allgemeine Agrar- und Industriegeographie. 2. Aufl., Stuttgart 1960, S.288.
Ein typisches Beispiel der Wirkung des Gesetzes der Priorität ist der Standort Paris. Auch der gezielte Einsatz finanzieller Mittel im Rahmen der Dezentralisierungsbestrebungen im System der französischen „Planification“ zeitigte nicht den erhofften durchschlagenden Erfolg und eine spürbare Entlastung des Pariser Ballungsraumes.
Wir wollen hier den Optimismus von Theodor Kraus (Häufung und Streuung als raumordnende Prinzipien. Krefeld 1958, S. 23) nicht teilen, wenn er versucht ist, die Tendenz einer Ablösung der Agglomeration durch die Dispersion festzustellen.
Vgl. S. 211 ff.
„Die optimale Standortstruktur der Zukunft hängt um so weniger von der historisch überkommenen Verteilung der Kapitalgüter im Raum ab, je mehr Investitionen in der Zwischenzeit vorgenommen werden, d. h. je länger diese Zwischenzeit und damit der Planungszeitraum ist.“Herbert Giersch: Das ökonomische Grundproblem der Regionalpolitik. In: Gestaltungsprobleme der Weltwirtschaft. Festschrift für Andreas Predöhl. Göttingen 1964, S. 390 f.
Gunnar Myrdal (Ökonomische Theorie und unterentwickelte Regionen. Stuttgart 1959, S. 25) erkennnt ebenfalls die Wirkungskraft des Gesetzes der Priorität als Folge der Gestaltungskraft von Industriestandorten. Dabei verkennt er nicht, daß dieses regionale Wachsturn auf Kosten anderer Gebiete — entweder durch relative Stagnation oder gar Entleerung, d. h. Rückläufigkeit — erfolgen kann.•
Vgl. Trittz Votgt: Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Verkehrssystems. Berlin 1960, S. 309 ff.
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Schmidt, H. (1966). Bedeutung des Gesetzes der Priorität für die industrielle Standortdynamik. In: Räumliche Wirkung der Investitionen im Industrialisierungsprozess. Die Industrielle Entwicklung, vol 9. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-02986-1_15
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