Zusammenfassung
Jede räumliche Entwicklung beruht auf bestimmten, raumgestaltend wirkenden Dynamisierungsfaktoren. Sie treten als Gestaltungsfaktoren neben die originären Standortfaktoren. Die Art und Weise, in der Industrialisierungsprozesse an einem Standort ablaufen, ist durch die den Gestaltungsfaktoren innewohnende Kraft bestimmt. Da wirtschaftliche Wachstumsprozesse eine Vielzahl von Nebenwirkungen zeitigen und die an einem Standort für bestimmte Industriezweige realisierbaren Standort- und Produktionsfaktorenkombinationen begrenzt sind, laufen regionale Wachstumsprozesse differenziert im Vergleich zu anderen Investitionsorten ab. Nachdem zunächst die Standortfaktoren über das Ausmaß der Investitionstätigkeit in einer Region entscheiden, entwickelt jede in den Industrialisierungsprozeß einbezogene Raumeinheit eine typische Entwicklungsdynamik, die aus sich heraus räumlich gestaltend wirkt.71 Diese Eigendynamik eines Raumes ist der Inbegriff für alle die räumliche Struktur prägenden eigenständigen Bewegungskräfte, die sich aus der am Standort vorliegenden Datenkonstellation ergeben. Der räumliche Wachstumsprozeß wird in seinen Dimensionen begrenzt durch die Konstellation der Konstanten und Variablen, die aus der wirtschaftlichen Aktivität in diesem Gebiet resultieren.
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Referenzen
Fritz Voigt: Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Verkehrssystems. Berlin 1960, S. 213.
Vgl. Erich Otremba: Allgemeine Agrar- und Industriegeographie. 2. Aufl., Stuttgart 1960, S. 291 ff.
Vgl. Gottfried Haberler: Bemerkungen zum Problem des wirtschaftlichen Regionalismus. In: Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur. Festgabe für Alfred MüllerArmack. Hrsg. von Franz Greiss und Fritz W. Meyer. Berlin 1961, S. 418.
Allerdings besteht die Gefahr, daß entgegen aller Rationalität versucht werden würde, auf die Vorteile, die sich aus dem Gesetz der komparativen Kosten ergeben, zu verzichten und eigene Industriezweige zu entwickeln. Haberler meint in diesem Zusammenhang, daß eine solche Region evtl. versuchen würde, ihre „Landwirtschaft (zu) schützen, vielleicht eine Autoindustrie mittels hoher Zölle auf(zu)ziehen, statt die Autos aus Detroit zu importieren und Einwanderungsbeschränkung auf Arbeit, Kapital und den Faktor Unternehmer einzuführen“. Vgl. Gottfried Haberler: Bemerkungen zum Problem des wirtschaftlichen Regionalismus. A. a. O., S. 418.
Die Eigendynamik eines Wirtschaftsraumes führt zu Raumgebilden, welche sich den Gegebenheiten des räumlichen Leistungspotentials angleichen und mit der ihnen innewohnenden Kraft „unökonomische“ Grenzen von vornherein sprengen. Insofern können in einer Wachstumsregion mehrere Städte bzw. eine Vielzahl von Gemeinden zusammengefaßt sein. Jede wird dabei versuchen, „dem Gesetze des heiligen Egoismus folgend, ihre eigene Politik ... ohne Rücksicht auf die Interessen des ganzen Raumes“ zu betreiben. Nichtsdestoweniger erfolgt die räumliche Entwicklung doch in der ihr innewohnenden dynamischen Kraft, wenngleich durch kommunalpolitische Einflüsse gewisse Abweichungen herbeigeführt werden können. Vgl. Hans Klüber: Kommunale Probleme im Ballungsraum. In : Kommunalwirtschaft. Jg. 1961, H. 8, S. 291.
Vgl. Norbert J. Lenort: Entwicklungsplanung in Stadtregionen. Köln, Opladen 1961, S. 73 ff.
Vgl. Herbert Giersch: Das ökonomische Grundproblem der Regionalpolitik. In: Gestaltungsprobleme der Weltwirtschaft. Festschrift für Andreas Predöhl. Göttingen 1964, S. 399.
Es entsteht ein „sozialer Raum“. Dieser bewirkt die Beständigkeit und Bindung aller Wirtschaftseinheiten an eine Region. Otremba führt aus, daß gerade damit auch die Bodenständigkeit der Schmuckwarenindustrie in Pforzheim — zurückgehend auf die französischen Glaubensflüchtlinge — zu begründen sei. Vgl. Erich Otremba: Allgemeine Agrar- und Industriegeographie. 2. Aufl., Stuttgart 1960, S. 289.
Eine Gewichtung der tatsächlichen Verflechtungsverhältnisse in industriellen Wirtschaftsgebieten versuchte Olaf Boustedt: Die Stadtregionen in der Bundesrepublik Deutschland. In: Stadtregionen in der Bundesrepublik Deutschland. Raum und Bevölkerung. I. Forschungsberichte des Arbeitskreises „Städtische Regionalprobleme“ im Ausschuß „Raum und Bevölkerung“ der Akademie für Raumforschung und Landesplanung. Bremen 1960, S. 5–29, 148 bis 237.
Es gibt viele Beispiele solcher Verbundenheit zwischen privaten Haushalten und Produktionsstätten an bestimmten Standorten. Dabei kann der Zusammenhalt um so enger sein, je mehr der Bestand eines Ortes vom „Wohl und Wehe der Fabrik abhängt“. Vgl. Herbert v. Beckerath: Der moderne Industrialismus. Jena 1930, S. 121.
Vgl. Norbert J. Lenort: Entwicklungsplanung in Stadtregionen. Köln, Opladen 1961, S. 105.
Dieses regionale Zusammengehörigkeitsgefühl findet im Nationalgefühl seine übergeordnete Erscheinungsform. Der Regionalismus und der Nationalismus stellen gesellschaftliche, politische und ökonomische Bindungen an bestimmte Räume dar. Vgl. z. B. José M. Abad Buil S. J.: Politisch-ökonomische Suprastruktur Spaniens von 1939–1959 und die endogenen Gesetze der Wirtschaft. Diss. Frankfurt (Main) 1962.
Paul Berkenkopf: Die Auflockerung der Industriestandorte und der Anteil der Verkehrspolitik. Münster 1935, S. 6.
Vgl. hierzu die Zuwachsraten in der Entwicklung kleinerer Metropolen im Gegensatz zu den eigentlichen Kerngebieten in den Trendberechnungen bei Olaf Boustedt: Metropolenbildung — die kommende Form des Verstädterungsprozesses. In: Wirtschaftskonjunktur. Berichte des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung München. 13. Jg. (1961), H. 4, S. 33 f.
Vgl. Die Raumordnung in der Bundesrepublik Deutschland. Gutachten des Sachverständigen-Ausschusses für Raumordnung. Stuttgart 1961, S. 22. Zur Reaktion auf die ökonomischen Gegenkräfte der Ballungen sei auf die neuen Wege der Siedlungsplanung verwiesen. Vgl. Jürgen Heuer: Neue Städte in Deutschland. Erfahrungen und Beobachtungen. In: Großstadtbildung in industriellen Entwicklungsräumen. Das Beispiel Marl. Hrsg. v. H. J. Seraphim. Köln-Braunsfeld 1960, S. 21–29.
Bezüglich der Standortbindungen und Standorttendenzen bei den verschiedenen Betriebsformen im Handel vgl. Karl Christian Behrens: Der Standort der Betriebe. Bd. 2: Der Standort der Handelsbetriebe. Köln und Opladen 1965, S. 77 ff. und 151 ff.
Modellmäßig denkbar beispielsweise in weiten Bereichen der kapitalintensiven chemischen Industrie, sofern sie durch Erweiterungsinvestitionen in der Lage wären, die in anderen Wirtschaftszweigen Beschäftigten in den eigenen innerbetrieblichen Arbeitsprozeß einzugliedern.
Mit Recht wird darauf hingewiesen, daß sich die ballenden und entballenden Tendenzen als Folge der Einebnung der Lohnunterschiede gegenseitig aufheben, „aber mit der Folge einer weiteren Unordnung“ in der optimalen Nutzung des Raumes. Vgl.: Die Raumordnung in der Bundesrepublik Deutschland. Gutachten des Sachverständigen-Ausschusses für Raumordnung. Stuttgart 1961, S. 34.
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Schmidt, H. (1966). Eigenständige Entwicklungsdynamik eines begrenzten Wirtschaftsraumes. In: Räumliche Wirkung der Investitionen im Industrialisierungsprozess. Die Industrielle Entwicklung, vol 9. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-02986-1_14
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