Zusammenfassung
Das Interesse an Chancen und Grenzen der Rätedemokratie, soweit es im Kreise der deutschen Politologen als wissenschaftliches Interesse zugleich durch ein politisches Interesse stimuliert ist, entspringt einer Unzufriedenheit mit dem gegebenen parlamentarisch-parteienstaatlichen Systeme1. Diese Unzufriedenheit knüpft an Hoffnungen an, die sich mit den spontanen Räteformen der Revolution verbanden, und nimmt ihre Maßstäbe aus der Vorstellung, daß Demokratie volle Wirklichkeit erst wird, wenn Regierende und Regierte zur weitestgehenden Identität gebracht sind und die Herrschaft von Menschen über Menschen einer bloßen Verwaltung von Sachen Platz geben kann. Die Kritik behandelt das gegebene politische System dabei von vornherein in der Dimension einer sehr umfassend begriffenen politischen Ökonomie.
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Anmerkungen
Charakteristisch Wilfried Gottschalchs Einleitung zu: Parlamentarismus und Rätedemokratie, Berlin 1968.
Ahnlich auch in den Schlußfolgerungen Joachim Hirsch: »Zur politischen Cikonomie des politischen Systems«, in: Gisela Kress und Dieter Senghaas (Hrsg.): Politikwissensdiaft, Eine Einführung in ihre Probleme, Frankfurt/M. 1969, S. 190–214.
Vgl. etwa John K. Galbraith. The New Industrial State, London 1967.
Dazu das Open Group Pamphlet, das dem diesjährigen Parteitag der englischen Liberalen vorhergeschickt wurde, sowie etwa Mayhew: Party Games, London 1969.
Vgl. Thomas Ellwein, Axel Görlitz: Parlament und Verwaltung, Teil 1 Gesetzgebung und politische Kontrolle, Stuttgart 1967; Jens Odewald: Der parlamentarische Hilfsdienst in den Vereinigten Staaten von Amerika und in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1967.
Dazu Wolfgang Abendroth: »Das Problem der innerparteilichen und innerverbandlichen Demokratie in der Bundesrepublik«, in: Politische Vierteljahresschrift, 1964, S. 307 ff.
Ahnlich die Kataloge bei Peter von Oertzen: Betriebsräte in der Novemberrevolution, eine politikwissenschaftliche Untersuchung über Indeengehalt und Struktur der betrieblichen und wirtschaftlichen Arbeiterräte in der deutschen Revolution 1918/19, Düsseldorf 1963, an den sich auch die Überlegungen von Wilfried Gottschalch: Modelltheoretische Darlegungen zum Problem der Rätedemokratie, in diesem Heft, schließen. Am umfassendsten der Katalog bei Udo Bermbach: Rätesystem als Alternative?, a. a. O.
Zur allgemeinen Bedeutung der Systemdifferenzierung vgl. bes. Niklas Luhmann: »Soziologie des politischen Systems«, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 1968, S. 705–733.
Vgl. M. Schachtmann: The Bureaucratic Revolution, The Rise of the Stalinist State, New York 1962, sowie die differenziertere Beurteilung bei Isaak Deutscher: Die unvollendete Revolution 1917–1967, Frankfurt/M. 1967 oder Werner Hofmann: Stalinismus und Antikommunismus, Frankfurt/M. 1967.
Vgl. die von J. H. Kaiser herausgegebene Reihe: Planung, Bd. I bis Bd. III, Baden-Baden, 1965 ff, in deren Einzelbeiträgen leider die wenigsten das Partizipations-und Kontrollproblem thematisieren.
Als historische Darstellung grundlegend: H. Heffler: Die deutsche Selbstverwaltung im 19. Jahrhundert, Stuttgart 1968.
Aus der Fülle der Literatur vgl. z. B. Werner Weber: Staats-und Selbstverwaltung in der Gegenwart, Göttingen 1967; Arnold Köttgen: Kommunale Selbstverwaltung zwischen Krise und Reform, Stuttgart 1968; Jürgen Bertram: Staatspolitik und Kommunalpolitik, Notwendigkeiten und Grenzen ihrer Koordinierung, Stuttgart 1967; G. C. von Unruh: »Spannungen zwischen Staats-und Selbstverwaltung im bürgerlichen und im sozialen Rechtsstaat«, in: Der Staat, 1965; Peter Lerche: »Die Gemeinden in Staat und Gesellschaft als Verfassungsproblem«, in: Buch Deutscher Gemeinden, hrg. vom Deutschen Gemeindetag, Köln-Berlin 1965.
Grundlegend Christoph Müller: Das imperative und freie Mandat, Leiden 1966.
Diese Definition ist nicht die im Anschluß an Max Weber in der Organisationssoziologie gebräuchliche geworden (vgl. etwa die im Sammelband: Bürokratische Organisation, hrg. von Renate Mayntz,Köln/Berlin 1968, gängige Terminologie). Sie knüpft jedoch bei der ursprünglich polemischen Begriffsbildung des 19. Jahrhunderts an und interpretiert diese als zugegebenermaßen grob generalisierten, aber heuristisch brauchbaren Hinweis auf ein allgemeines Strukturproblem. Auch in den Robert Michels folgenden Forschungen werden Bürokratisierung und Oligardiisierung nicht deutlich auseinandergehalten. Zur Einführung der hier verwendeten Definition vgl. auch den Essay von Jürgen Fijalkowski: »Demokraten als Bürokraten, Statussorgen und Funktionsgehorsam gegen politisches Bewußtsein«, in: Die autoritäre Gesellschaft, hrg. von G. Hart fiel,Köln-Opladen 1969. Am nächsten kommt der Definition Samuel N. Eisenstadt: Bureaucracy and Bureaucracization — A Trend Report, Current Sociology, 1958, S. 99 ff.
Ahnlidie Generalisierungen bei Udo Bermbach: Rätesystem als Alternative?, a. a. O. (Manuskript abgeschlossen im November 1969.)
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Fijalkowski, J. (1971). Bemerkungen zu Sinn und Grenzen der Rätediskussion. In: Probleme der Demokratie heute. Politische Vierteljahresschrift (Sonderheft 2), vol 2/1970. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-02848-2_8
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