Zusammenfassung
Die Verfassung der demokratischen Indischen Union ist zum Teil das Ergebnis einer historischen Entwicklung, die schon um 1500 v. Chr. im Industal begonnen hat.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Referenzen
Indien, Universitas Sonderheft 1955, S. 1163–1172.
Keith, S. 1–4.
Keith, S. 78.
Keith, S. 53.
Keith, S. 54/55.
Keith, S. 68–76.
Keith, S. 114.
Keith, S. 165.
Sharma, S. 56.
Sharma, S. 65.
Als Folge der Einbeziehung der Fürsten in die britische hoheitliche Verwaltung befestigten sich die Herrschaftsverhältnisse in den Fürstenstaaten so, daß noch in der ersten Fassung der Verfassung der Indischen Union vom 26. Januar 1950 Indien nach dem Willen der Verfassunggeber in A-, B- und C-Staatstypen eingeteilt wurde. Dabei waren die B-Staaten die früheren Fürstenstaaten, die eine gewisse Sonderstellung genossen.
Es mutet wie eine List der Geschichte an, daß die britische Klugheit, dem indischen Nationalismus ein Ventil zu schaffen, um die eigene Vorherrschaft relativ unangefochten zu erhalten, der Hebel zur Beendigung des britischen Imperialismus geworden ist.
Bei den Kongreßmitgliedern handelte es sich um außerordentlich gebildete Persönlichkeiten, die zwar das kapitalistische und ausbeuterische britische Herrschaftssystem in Indien verabscheuten, die aber kraft ihrer Erziehung und Vorurteilsfreiheit große Bewunderer des englischen Geistes blieben. Aus dieser Trennung zwischen britischem Imperialismus und englischem Geist erklärt sich wohl das spätere Verbleiben Indiens im Commonwealth.
Einzelheiten bei Nehru, Indiens Weg, S. 50/51.
Zum Ansatzpunkt (Übertretung der Salzgesetze) und zu den Zielen des zivilen Ungehorsams vgl. Nehru, aaO., S. 205 ff. Die politische Ordnung sollte im Sarvodaya-Staat, dem Staat der Gewaltlosigkeit, gefunden werden und auf Swaraj (Selbstregierung) beruhen; so bei Gandhi, S. 78 ff.
Sharma, S. 120 ff.
Vgl. zum sogen. » Jallianwala Begh in Amritsa., Nehru, S. 48/49.
Keith, S. 243–246.
Vgl. zum Problem und zur Funktionsfähigkeit der Dyarchie die ausführlichen Darlegungen bei Sharma, S. 152–171.
Sharma, S. 133, und Keith, S. 247 ff.
Zur Methode des gewaltlosen Widerstandes (Satyaraha) vgl. Gandhi, S. 89 ff., und Nehru, S. 280.
Gandhi in Universitas, Jahrg. 10, Heft 11, S. 1137.
Vgl. auch Nehru, S. 184.
Vgl. Report of the Indian Statutory Commission. Keith, S. 288, und Nehru, S. 180 ff.
Siehe dazu Keith, S. 319 ff.
Keith, S. 365–376.
Sharma, S. 221/22 und 226.
Siehe dazu Nehru, S. 605,
Während die Indische Union durch ihre Souveränitätserklärung in der Verfassung vom 28. Januar 1950 den Dominion-Status wieder aufgab, ist mit Banerjee, aaO., S. 31 ff. festzustellen, daß die Verfassung über die Stellung Indiens zum Commonwealth als einer Staatenverbindung sui generis nichts enthält. Am 27. April 1949 hatten die Premierminister der Commonwealth-Mitgliedstaaten über den Status der Republik Indien im Commonwealth ein Kommuniqué folgenden Wortlauts herausgegeben: »Die Regierungen von Großbritannien, Canada, Australien, Neuseeland, Südafrika, Indien, Pakistan und Ceylon, deren Länder als Mitglieder des britischen Commonwealth of Nations zusammengeschlossen und der Krone, die auch das Symbol ihrer freien Vereinigung ist, durch ein gemeinsames Treueverhältnis verbunden sind, haben über die bevorstehende Veränderung in der indischen Verfassung beraten.
Die Regierung von Indien hat die anderen Regierungen des Commonwealth von der Absicht des indischen Volkes unterrichtet, daß Indien auf Grund der neuen Verfassung, die demnächst angenommen werden soll, eine souveräne, unabhängige Republik werden soll. Die indische Regierung hat jedoch erklärt und bestätigt, daß Indien den Wunsch hat, weiter vollberechtigtes Mitglied des Commonwealth of Nations zu bleiben und daß es den König als Symbol der freien Gemeinschaft seiner unabhängigen Mitglieder und als solchen als Haupt des Commonwealth anzuerkennen bereit ist.
Die Regierungen der anderen Commonwealthländer nehmen zur Kenntnis und erkennen an, daß Indiens Mitgliedschaft gemäß den Bestimmungen dieser Erklärung fortdauert.« (Zurcher, S. 334 ff.).
Die Meinung des indischen Ministerpräsidenten JawaharlalNehru über Indiens Mitgliedschaft mag für die Meinung vieler stehen: »Ich verabscheue den britischen Imperialismus und ich nehme ihm übel, daß er seine Hand auf Indien gelegt hat. Ich verabscheue das kapitalistische System. Ich verabscheue die Art, wie Indien von den herrschenden Schichten Englands ausgebeutet wird ... Aber ich finde keinen Groll gegen England. ... Meine ganze Vorliebe gehört England und dem englischen Volk, und wenn ich zu einem unversöhnlichen Gegner der englischen Herrschaft in Indien geworden bin, so geschah das trotz meiner selbst. ... Ich habe in das Londoner Abkommen über das Verbleiben Indiens im Commonwealth eingewilligt. Ich habe die Beschlüsse der Londoner Ministerpräsidentenkonferenz gebilligt, weil ich glaubte, es seien Entscheidungen zum Wohle unseres Volkes und der ganzen Welt.« (Nehru, Indiens Weg zur Freiheit. S. 410 ff. und Nehru, Summe meines Denkens, S. 110 ff.)
Hinsichtlich der Arbeit der Verfassunggebenden Nationalversammlung gilt ein Wort von Basu, aaO.: »Unsere Verfassung ist nicht das Produkt einer Obereinkunft vereinter Kräfte, noch das Ergebnis irgendeiner Revolution, sie ist vielmehr das wohldurchdachte Erzeugnis einer Gruppe hervorragender Männer, die eine Verfassung entwarfen, nachdem sie alle bekannten Verfassungen der Erde durchgearbeitet hatten.«
Bei den Panchayat-Räten handelt es sich um eine jahrhundertealte Form einer republikanischen Dorfverfassung auf der Grundlage eines allgemeinen Dorfrates, der die örtlichen Belange regelte und heute als lokaler Agrarverwaltungsausschuß zum Aufbau einer Demokratie von unten nach oben als unterste Selbstverwaltungskörperschaft mit zusätzlichen Kompetenzen neu belebt werden soll (vgl. als Parallelentwicklung die Dorfräte in Pakistan als unterste Stufe der sogenannten »Basic Democracy«). — Zu der Dorfverwaltung durch den Panchayat-Rat siehe auch Gandhi, S. 189.
Im Jahre 1951/52 wurden die ersten Wahlen in Indien durchgeführt; von 172 Millionen Wahlberechtigten haben 106 Millionen (ca. 50 %) votiert. Auf je 500 000–700000 Einwohner entfiel ein Abgeordneter. — 1960 war die Sitzverteilung im Haus des Volkes folgende: Kongreßpartei 366 Sitze, Praja-Sozialisten 20 Sitze, Kommunisten 27 Sitze, Jan(a) Sangh(a) 4 Sitze, andere Parteien 37 Sitze und Unabhängige 44 Sitze (vgl. Indien 1960, S.49).
Nach den dritten Wahlen 1962 (Wahlbeteiligung 57,7 %) setzte sich das Haus des Volkes (Lok Sabha) folgendermaßen zusammen: Kongreßpartei 361 Sitze, Praja-Sozialisten 12 Sitze, Kommunisten 29 Sitze, Jan(a) Sangh(a) 14 Sitze, Swatantra (Freiheitspartei) 18 Sitze, Unabhängige 60 Sitze. (Siehe dazu im einzelnen Suri, S. 81 und 93.)
Nach dem Bericht des Kerala-Untersuchungsausschusses der Indischen Sektion der Internationalen Juristen-Kommission, abgedruckt im Journal der Internationalen Juristen-Kommission, Bd. II, Nr. 2, Genf 1959/60, S. 150–236 (mit weiteren Literaturhinweisen), lagen diesem Eingriff des Präsidenten folgende Vorfälle zugrunde: Der Staat Kerala, nach Vorschlägen des States Re-Organization Committee auf Grund Artikel 3 der Verfassung aus früheren Teilen der Staaten Travancore, Cochin, Madras gebildet, hat in ganz Indien mit knapp 50 % Analphabeten die lesekundigste Bevölkerung Indiens, 90 % der schulpflichtigen Kinder besuchen tatsächlich die Schulen. Es erscheinen 29 Tageszeitungen in der vorherrschenden Malayalam-Sprache. Politik ist im Staate Kerala eine nationale Leidenschaft, die sich insbesondere an der Arbeitslosigkeit, den niedrigen Einkommen in der Landwirtschaft und der mangelnden Versorgung mit Lebensmitteln entzündet.
Nach der Erringung der Unabhängigkeit übernahm in dem damals der Indischen Union angeschlossenen Staat Travancore die Kongreßpartei nach der ersten Länderwahl am 2. März 1948 die Regierung. Die Zusammenfassung der Staatsgebiete ergab eine große Spannung auch innerhalb der Kongreßpartei, je nach der Herkunft ihrer Funktionäre aus den verschiedenen Landesteilen, die in acht Jahren über drei Wahlen, neun Regierungen unter Führung oder Beteiligung der Kongreßpartei und 36 Mißtrauensanträgen zur Erklärung des Ausnahmezustandes im Jahre 1956 führte.
Die inneren Rivalitäten der kommunalen Gruppen, das Fehlen von disziplinierten Kadern innerhalb der Parteiorganisation, der Mangel an hervorragenden Führern und der Verlust des Kontaktes mit den Massen hatten die Kongreßpartei völlig geschwächt, nicht etwa die Aktivität der Opposition. Bei seiner Rücktrittsrede im März 1956 gab Menon diese Fehler der Kongreßpartei offen zu. Dhebar, der frühere Präsident der Kongreßpartei, bemerkte noch darüber hinaus, er kenne nicht eine führende Persönlichkeit der Kongreßpartei in Kerala, die nicht versucht hätte, wenigstens einen Minister zu stürzen. Als Ersatz für die in den ersten Wahlen 1951/52 verbotene Kommunistische Partei hatten einzelne Kommunisten, die als Unabhängige kandidiert und mit insgesamt 15,5 % aller Stimmen 25 Sitze errungen hatten, zu den Neuwahlen 1954 die United Leftists’ Front (ULF) gegründet und mit der Praja (People’s) Socialist Party (PSP) ein wahltaktisches Bündnis geschlossen. Dadurch hatten die Linkskräfte sich ständig gestärkt.
Bei den allgemeinen Wahlen im Jahre 1957 bildeten die mit der ULF gleichgesetzten Kommunisten bei den Arbeitern, Studenten und Arbeitslosen Zellen. Sie versprachen Treue zur Verfassung und gleichzeitig Neuordnung der Verhältnisse in Kerala. Als Antwort auf die Wankelmütigkeit, Unfähigkeit und innere Gespaltenheit der Kongreßpartei, als Protest gegen die fortschrittsfeindliche Politik der ehemaligen Regierungspartei entschied sich die Bevölkerung zugunsten der Kommunistischen Partei, die am 5. April 1957 in Kerala unter dem Ministerpräsidenten Namboodiripad die Regierung übernahm und durch Dange erklären ließ: »Die Kommunistische Partei in Kerala wird im Rahmen der Verfassung arbeiten, was jedoch nicht bedeutet, daß sie von den geheiligten Prinzipien des Marxismus, Leninismus, Stalinismus abweicht. Wir Kommunisten haben uns nicht geändert und wir wollen kein Mißverständnis zulassen; wir bleiben, was wir waren.« Zugleich mit der Regierungsübernahme erließ die kommunistische Regierung eine »Amnestieverordnung«, die unter anderem die Umwandlung der nicht vollzogenen Todesstrafen in Freiheitsstrafen, die Freilassung aller politischen Häftlinge und die Einstellung aller politischen Verfahren aus der Vorzeit zum Inhalt hatte.
Demgegenüber hatte anläßlich eines Besuches in Kerala am 14. August 1957 der Präsident der Indischen Union, Rajendra Prasad, erklärt: »Ich bin über dieses große Experiment sehr glücklich, das in Ihrem Staat jetzt vor sich geht; es wird eine Lehre nicht nur für die anderen Staaten sein, sondern auch für unser Land dienen als ein Beispiel der Koexistenz, daß man nämlich trotz aller Differenzen zum Wohle der Allgemeinheit zusammenleben und arbeiten kann.«
Bereits am 14. April 1957 ereigneten sich die ersten Uberfälle sogenannter kommunistischer Goondas (jugendlicher Strolche) auf Nichtkommunisten, die bis zum 31. Juli 1959 insgesamt folgendes Ausmaß erreichten: 12 politische Morde, 7 Schießereien der Polizei, 245 Überfälle mit eisenbeschlagenen Knüppeln, 15 Tote durch Schüsse der Polizei, 332 schwere Körperverletzungen, 1273 leichte Körperverletzungen, 189 Mordversuche, Straßenkämpfe, Raubüberfälle.
Auf Grund einer Erklärung des kommunistischen Ministerpräsidenten von Kerala vom 23. Juli 1957 (Wortlaut der Erklärung, S. 230–234) leistete die Polizei in allen diesen Fällen der Bevölkerung keinerlei Hilfe. (Bericht des Kerala-Untersuchungsausschusses.) Am 1. Juni 1958 hielt der Ministerpräsident seine sogenannte »Bürgerkriegsrede«, in der er die Mitglieder der Kongreßpartei und der PSP vor der Zersplitterung und Uneinigkeit im Lande warnte. Als Folge davon wurde von Juni bis August 1958 die sich langsam bildende Opposition gegen die Regierung im ganzen Staate Kerala von kommunistischen Parteigängern terrorisiert.
Die Opposition gruppierte sich um die Kongreßpartei, die Praja-Sozialisten, die revolutionären Sozialisten, die Moslem-Liga, Jan Sangh; die Arbeiterorganisationen INTUC und UTUC; um die örtlichen Selbstverwaltungsorgane der Stadträte von Tellicherry, Ernakulam, Kottayam; um die 894 Gemeinderäte im Gebiet Travancore-Cochin; um die 30 Anwaltskammern im Staate Kerala; um 27 Tageszeitungen und um alle Lehrerorganisationen. Diese Gruppen schlossen sich zu einer Aktionseinheit gegen die kommunistische Regierung zusammen und überreichten am 11. August 1958 einen dokumentarisch belegten Bericht über die Verhältnisse in Kerala an den Sprecher des Lok Sabha der Union, der am 21. August 1958 zu einer ersten Besprechung des Präsidenten der Union mit dem Ministerpräsidenten von Kerala über die Lage in diesem Bundesstaat führte.
Als Protest gegen ein politisches, kommunistisches Erziehungsgesetz (Kerala Education Bill vom 28. November 1958) beschloß am 9. April 1959 die Lehrervereinigung von Kerala bis zur Aufhebung dieses Gesetzes die Schulen nicht mehr zu eröffnen. Alle weiteren Aktionen nahmen ihren Ausgangspunkt von diesem Beschluß. Am 27. Mai 1959 rief das Exekutivkomitee der Praja-Sozialisten (PSP) von Kerala alle Untergruppen auf, sich zu einer Massenbewegung bereitzuhalten. Am 6. Juni 1959 gab Shri R. Sanker, der Präsident des Zentralkomitees der Kongreßpartei, bekannt, daß am 12. Juni eine allgemeine Arbeitsniederlegung (»Hartal«) beginnen sollte mit dem Ziel, den Rücktritt der Regierung zu erzwingen. Eine ähnliche Bewegung begann, wie sie mit und unter Gandhi auf dem Wege des gewaltlosen Widerstandes zum Rückzug Großbritanniens aus dem Subkontinent geführt hatte. Ab 12. Juni wurden vor Ämtern, Schulen und öffentlichen Gebäuden Streikposten aufgestellt; Hunderte von Freiwilligen begannen ihre Verhaftung zu erzwingen. Überall in Kerala breitete sich die Agitation aus; Frauen von Kerala, die nach ihrer sozialen Stellung im Vordergrund standen, traten bei der Agitation in vorderster Linie auf. Bis zum Ende der Hartal-Bewegung am 31. Juli 1959 erzwangen ca. 140 000 Menschen ihre Verhaftung, davon waren ca. 40000 Frauen.
Während des Hartal-Protestes übergab am 9. Juli 1959 die Kongrefßpartei ein Memorandum an den Präsidenten der Union, das er am 10. Juli dem Innenminister der Union zur Prüfung weiterreichte.
Am 14. Juli 1959 forderten in Trivandrum über 100000 Menschen den Rücktritt der kommunistischen Regierung. Am 19. Juli 1959 wurde in Delhi die Lage in Kerala von dem Präsidenten der Union ausgiebig mit dem inzwischen verstorbenen Unions-Innenminister Pandit Pant besprochen; am 25. Juli 1959 wiederholte der Präsident der Union diese Besprechung, am 29. Juli erörterte das Unionskabinett erneut die Lage, am 31. Juli schließlich unterzeichnete der Präsident die Proklamation, die das Parlament in Kerala auflöste und die Regierung ihres Amtes enthob.
Die Zentralregierung hatte im Vertrauen auf die These von der friedlichen Koexistenz bis zur äußersten Bedrohung und Verzweiflung der nichtkommunistischen Bevölkerung und bis an die Grenze eines eigenen Verstoßes gegen ihre verfassungsmäßigen Pflichten die Intervention herausgeschoben. Die schließlich erfolgte Amtsenthebung der kommunistischen Regierung in Kerala war nicht das Ergebnis leichtfertiger Machtpolitik, sondern der Vollzug rechtsstaatlich gebotener verfassungsmäßiger Maßnahmen. — Die Massenaustritte von ca. 20000 der 40000 eingeschriebenen Mitglieder der indischen KP in den Sommermonaten 1960, die u. a. auf die Spannungen zwischen dem Moskauer und dem Pekinger Flügel zurückgehen, erreichten in Kerala die höchste Quote —, ein Zeichen für die Beruhigung, die nach der Intervention der Unionsregierung in Kerala eingetreten ist.
Bei den Neuwahlen am 1. Februar 1960 in Kerala errang die neugebildete Demokratische Front aus Kongreßpartei, Praja-Sozialisten und Moslem-Liga bei einer Wahlbeteiligung von durchschnittlich 82 % von 126 Mandaten des Parlaments 94 Sitze, während die Kommunisten, die 1957 noch die knappe Mehrheit von 65 Abgeordneten gestellt hatten, nur noch 29 Mandate gewinnen konnten.
Dennoch ist die Gefahr einer erneuten kommunistischen Regierung im Staate Kerala nicht gebannt, denn die Zahl der kommunistischen Wähler ist von 1957 von 2,06 Millionen auf 2,97 Millionen im Jahre 1960 gestiegen, während für die Kongreßpartei allein im Jahre 1960 nur 2,79 Millionen Wähler votierten. Dieser Zugang setzt sich auch in den anderen Ländern in Indien fort.
Die Kommunisten haben bei den indischen Wahlen zu den Ländervertretungen ihren prozentualen Stimmenanteil von 4,4 % (1952) bis auf 8,98 % (1962) ausdehnen können (vgl. Suri, Die parlamentarische Demokratie in Indien, Geopolitik 1963, S. 93). Die tatsächlichen Wählergewinne der Kommunisten in Kerala konnten sich bei dem in Indien herrschenden Mehrheitswahlsystem nicht in der Zahl der Mandate niederschlagen, weil die gegnerische Parteienkoalition in den meisten Wahlkreisen die Mehrzahl der Wähler hinter sich brachte. (Zu diesen Auswirkungen des Wahlsystems vgl. Suri, aaO., S. 87.)
Finanzkräftige Nationen sollten dem Beispiel Norwegens folgen, das schon seit Jahren einen Millionenbeitrag von privaten Spenden und direkten Storting-Bewilligungen zur Modernisierung der keralesischen Fischerei leistet, um besonders diesen Staat aus der wirtschaftlichen Bedrängnis und der Gefahr einer kommunistischen Wiedereroberung zu befreien (vgl. Deutsche Zeitung vom 15. Februar 1960, Kerala erwachte und wählte). Die letzten drei Jahre unter dem Praja-Sozialisten Pillai und seinem Koalitionskabinett der bürgerlichen Front in Kerala sind von großen Schwierigkeiten begleitet gewesen. Wie früher machte sich Korruption breit, bei der sogar zwei Minister der Praja-Sozialisten beteiligt waren. Die Kongreßpartei begann sich abermals zu spalten: Auf der einen Seite steht der offizielle Parteiführer Govin dan Nair, der große Teile der mittel-ständischen Nairkaste hinter sich weiß. Die andere Seite wird von den beiden KongreßMinistern Sankkar (stellvertretender Ministerpräsident) und Chacko angeführt, die im Gegensatz zur Govin dan Nair die Bildung einer reinen Kongreßregierung und den Sturz Pillais anstreben.
Zwar hat der Innenminister der Unionsregierung, Lal Bahadur Sehastri, im Auftrage Nehrus Anfang Juli 1962 zwischen den Flügeln vermittelt, dennoch gibt die Situation, verbunden mit dem ungebrochenen Kasteneinfluß, den Kommunisten gute Ansatzpunkte für ihre Wahlpropaganda für die nächsten Wahlen zum Landesparlament im Jahre 1964 (vgl. »Schwierigkeiten in Kerala«, Indo-Asia 1962, S. 300 ff.
Siehe auch Gandhi, S. 163/164.
FAZ vom 26. November 1960, Industrialisierung aus dem Nichts.
Nach allgemeiner Ansicht sachkundiger Europäer sind die privaten ausländischen Investitionen in Indien vor der Verstaatlichung deshalb sicher, weil Indien bestehende Unternehmungen nicht staatlicher Kontrolle unterwerfen, sondern nur neue Industrien als Staatsbetriebe aufbauen will. Vgl. FAZ vom 26. November 1960, Industrialisierung aus dem Nichts. Hinsichtlich Nehrus Gesamteinstellung zur Planwirtschaft ders. in »Summe meines Denkens«, S. 156 ff.
Indo-Asia 1959, S. 105.
Nehru, Summe meines Denkens, S. 155
Universitas 1955, S. 1187.
Zur Intensivierung des Programms siehe Schiller, Zwei Arten genossenschaftlicher Landbewirtschaftung, Indo-Asia 1962, S. 324 ff.
Zu den beiden Großprojekten Rajsthan-Kanal (Länge ca. 425 Meilen) und Parambikulam-Aliyar-Mehrzweckprojekt (Bewässerungsfläche ca. 100 000 ha) vgl. Einzelheiten in Indo-Asia 1962, S. 19/20.
Das Stahlwerk Rourkela ist in 400 km Entfernung von Kalkutta standortbedingt bei einem kleinen Dorf angelegt worden. Seit 1955 entstand neben dem Stahlwerk eine moderne Stadt mit 20 Wohnsektoren für je 5000 Einwohner.
Näheres in: Bundesrepublik an zweiter Stelle der Indienhilfe, Indo-Asia 1961, S. 326.
Einzelheiten in: Der dritte 5-Jahres-Plan, Indo-Asia 1960, S. 295 ff.
Vgl. FAZ vom 26. November 1960, Industrialisierung aus dem Nichts.
Einzelheiten in Indo-Asia 1962, S. 197 und 293 (1961 insgesamt 425 Millionen DM, 1962 insgesamt 556 Millionen DM).
Vgl. FAZ vom 5. Dezember 1960.
Einzelheiten vgl. Indo-Asia 1962, S. 204 ff. Zur Basis jeder industriellen Entwicklung siehe auch den umfassenden Aufsatz von v. Pochhammer, Indiens Infrastruktur, IndoAsia 1963, S. 41
Vgl. FAZ vom 26. November 1960.
Zur Bedeutung und Problematik der Intelligenz in Indien siehe auch Bechthold, Erfahrungen an indischen Universitäten. Indo-Asia 1962, S. 333.
Siehe dazu auch Nehru, Summe meines Denkens, S. 284–286.
So Suri, S. 82.
Nehru, Summe meines Denkens, S. 210–214.
Näheres siehe »Chinas Krieg mit Indien«, Indo-Asia 1963, S. 7
Einzelheiten bei Schenke, Der indisch-chinesische Grenzstreit, Zeitschrift für Geopolitik, 1963, Heft 2–3, S. 63 ff. — Vgl. auch Schweinfurth, Der Neo-Imperialismus der Antiimperialisten in: Außenpolitik 1963, S. 5.
Indo-Asia 1963, S. 5.
»Die Doppelkrise der indischen Nation«, Außenpolitik 1963, S. 25 ff.
Näheres in Indo-Asia 1963, S. 24.
Außenpolitik, S. 30/31.
Schmahl, Indiens Versuchung, Die politische Meinung, Februar 1963, S. 80.
»China und die indischen Kommunisten«, Indo-Asia 1963, S. 25.
Näheres bei Suri, Die parlamentarische Demokratie in Indien, Zeitschrift für Geopolitik 1963, S. 90.
Editor information
Rights and permissions
Copyright information
© 1965 Westdeutscher Verlag · Köln und Opladen
About this chapter
Cite this chapter
v. Renesse, EA., Krawietz, W., Bierkämper, C. (1965). Indien. In: Scupin, HU. (eds) Unvollendete Demokratien. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-02762-1_2
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-02762-1_2
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-663-00849-1
Online ISBN: 978-3-663-02762-1
eBook Packages: Springer Book Archive