Zusammenfassung
Seit der großen Revolte gegen die Autorität von Staat und Kirche während der Französischen Revolution haben freiheitlich gesinnte Menschen die Neigung, die Autorität als solche in Frage zu stellen. Als der amerikanische Philosoph Charles S. Peirce vor einer Generation schrieb: „Solange die Methode der Autorität vorherrschend war, verstand man unter Wahrheit wenig mehr als den katholischen Glauben“1, gab er dieser Geisteshaltung Ausdruck. Die Vertreter des Rationalismus haben behauptet, daß das, was hier die „Methode der Autorität“ genannt wird, ein unvernünftiger Aberglaube sei, der durch die klare Stimme der Vernunft überwunden werden müsse. Diese vernunftgläubigen Autoritätsfeinde sind sich nur selten bewußt, wie autoritär ihre eigene Einstellung ist. Das war schon bei den Jakobinern so, die zwar der Göttin der Vernunft Altäre errichteten, aber dann in deren Namen das eigene Autoritätssystem radikal durchsetzten. Daß sich ihr Denken behaupten konnte, beruhte weitgehend auf ihrer eigenen Autorität.
He who believes upon authority, entertains the opinion, simply because it es entertained by a person who appears to him likely to think correctly on the subject.
George C. Lewis, 1849
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Literatur
Peirce, 1923, S. 55.
de Maistre, 1845, S. 135 ff.
Im Hinblick auf den großen Umfang der Schriften Saint-Simons ist Bouglès Auswahl, 1925, sehr hilfreich. Zu Auguste Comte vgl. seinen Cours, 1830–1842; dort entwickelt er seine Vorstellung einer rational auf Wissenschaft aufgebauten politischen Umgestaltung der Gesellschaft. Diese Pläne Saint-Simons fußten auf seinen Vorstellungen über die Entwicklung der Menschheit in drei Phasen, der theologischen, der metaphysischen und der wissenschaftlichen (positiven). Siehe über Comte auch Lévy-Bruhl, 1900, und zu Saint-Simon Manuel, 1956.
Siehe dazu die wichtige Studie von Perelman und Olbrecht Tyteca, 1958.
Friedrich, Al, 1958, S. 28 ff., und die dort genannte Literatur. Band I von Nomos enthält eine Reihe von möglichen Deutungen der Autorität. Vgl. auch Sternberger, 1959, und Kessel, A, 1959
Adorno et. al., 1950, passim.
Diese Ableitung ist von Heinze, A, 1925, in Frage gestellt worden
Hobbes, 1651, Kap. X; Rousseau, 1761, Buch II. Für Hobbes ist der Schlüssel zur Autorität „das Recht, etwas zu tun“; denn für ihn sind Recht und Macht nahezu synonym, wie noch radikaler bei Spinoza, der erklärt, daß „die großen Fische die kleinen Fische kraft natürlichen Rechts auffressen”. Spinoza, 1670, Kap. XVI.
Coke, Reports 65; Friedrich, 1955, Kap. 10.
Weldon, 1953, S. 50–56. Siehe auch Nowell-Smith et al., A., 1949.
Max Weber, 1925, S. 16–20 und auch sonst, identifiziert Autorität mit Legitimität. Abgesehen von der daraus entstehenden Verwirrung entgeht ihm demzufolge der eigentliche Schlüsselaspekt der Autorität, nämlich ihre Beziehung zur Vernünftigkeit.
Friedrich, A, II ( Hrsg. Young ), 1958.
Brecht, 1961, über transmissibles Wissen; S. 135 ff. und S. 675.
Platon, Die Gesetze.
Dieser Aspekt wird auch von H. Simon, 1947, S. 1, betont.
Lasswell und Kaplan, 1950, S. 133 ff.
Durkheim, 1893; S. de Grazia, 1948.
In seiner „Address to the King“, Works, Bd. V, S. 135.
Die Reden und Schriften von Männern wie Stalin und Chruschtschoo bestätigen dies. Friedrich und Brzezinski, 1965, Kap. 1.
Siehe Perelman, 1945, der vorschlägt, daß die formale Auffassung von Gerechtigkeit bedeutet, daß Menschen, die der gleichen Kategorie angehören, die gleiche Behandlung widerfahren sollte (Kapitel II).
Jaspers, 1947, bes. S. 767 ff. Siehe auch Rommen, 1945, S. 417 ff., und Hauser, 1949. Siehe dazu unten, Kap. 14.
Friedrich, Al., 1958, S. 47–48.
Cicero, De Republica, II. 33. „Nisi aequabilis haec in civitate compensatio sit et juris et officii et muneris, ut et potestatis satis in magistratibus et auctoritatis in principum consilio et libertatis in populo sit, non posse hune incommutabilem rei publicae conservari statum.“
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Friedrich, C.J. (1970). Politische Autorität und das Problem des Rationalismus in der Politik. In: Politik als Prozeß der Gemeinschaftsbildung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-02720-1_5
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