Zusammenfassung
In dem hier vorgelegten Bande wird der größte Teil der in meinem Man and His Government — An Empirical Theory of Politics (1963 erschienen) dargestellten Ergebnisse allgemeiner Theorie der Politik in einer Übertragung wiedergegeben, die sich bemüht, den Inhalt, nicht die Worte zu vermitteln. Die ersten acht Kapitel dieses Buches sind bereits im Rahmen der Reihe „Erfahrung und Denken“ beim Verlag Duncker & Humblot unter dem Titel Prolegomena der Politik — Politische Erfahrung und ihre Theorie erschienen, und es wird auf diese auch wiederholt zu verweisen sein. Vor allem aber wird zum mindesten ein Teil der Einleitung hier zu wiederholen sein, weil sie auch für die hier gebotenen Kapitel den philosophischen und wissenschaftstheoretischen Standpunkt umreißt. Auf die Frage, warum der eine Band in zwei Bände geteilt worden ist, ist die Antwort einigermaßen pragmatisch. Das ursprüngliche Buch ist sehr lang und würde in einer deutschen Wiedergabe zu kostspielig geworden sein. Auch wendet sich der erste Teil des Buches an einen anderen Leserkreis, was sich aus der anderen Struktur der wissenschaftlichen Arbeit in Deutschland ergibt, in der eine gesonderte politische Wissenschaft viel jüngeren Datums ist, als in den Vereinigten Staaten oder England1. Aber auch der vorliegende Band ist und will Theorie sein, aber natürlich nicht in jenem abwertenden Sinne, in dem der Praktiker eine Aussage als „bloße Theorie“ abtut, sondern in jenem, in dem Kant sich in einem bekannten Essay gegen die Aussage wendet, daß etwas zwar in der Theorie richtig sei, aber nicht für die Praxis tauge 2. Das heißt, Theorie ist höchst praktisch, und Praxis ohne Theorie tappt im dunkeln.
Government is not a body of blind forces but a body of men… not a machine but a living thing. It falls, not under the theory of the universe, but under the theory of organic life. It is accountable to Darwin, not to Newton.
Woodrow Wilson
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Literatur
Siehe dazu Friedrich, 1961 II
Kant, 1793, in: Werke (hrsg. von Cassirer), Bd. 6, S. 355–398.
Siehe Hennis, 1963. Theorie im Sinne von „Erklärung“ wird von Eugene J. Meehan, 1964, S. 116, ebenfalls in vier „modes” zergliedert, von denen aber eine als kausal bezeichnet wird, während die morphologische Form der Theoriebildung fehlt. Dabei bleibt unklar, inwiefern „genetische“ Erklärungen nicht kausal sein sollen.
Diese Ansicht scheint Jaffa, 1960, S. 271, zu vertreten. Er bezeichnet völlige Objektivität als entscheidendes Kriterium für jede „Theorie“ und vertritt die Auffassung, daß eine politische Theorie im allgemeinen und umfassenden Sinne nicht möglich sei, weil die entscheidenden Fragen der politischen Denker, wie z. B. die Frage des Aristoteles, „Was ist eine polis? ” auf der Annahme beruhten, daß dies „eine einzigartige Erfahrung gewesen zu sein scheint“ („seems to have been a unique experience”).
Brecht, 1959, hat diese Frage untersucht. Siehe auch Meynaud, 1959, und Duverger, 1951
Die Nikomachische Ethik,I Siehe auch Perelman und Olbrechts-Tyteca, 1958, passim
Der Begriff des „Dinges an sich“ findet sich bei Kant, z. B. Prolegomena, Par. 26. Wegen dieses Begriffs gelangte Kant zu seiner überspitzten These: „der Verstand schöpft seine
Gesetze (a priori) nicht aus der Natur, sondern schreibt sie dieser vor“; ibid, Par. 37, 8 S. 189.
Die Methodologie der Sozialwissenschaften, besonders in der Anthropologie und Soziologie, hat Techniken entwickelt, in denen Teilnahme und Beobachtung in der Rolle des „beteiligten Beobachters“ (participant observer) zusammengefaßt sind. Diese Methoden sind eine Rationalisierung dessen, was schon immer eine Hauptquelle für Berichte, auf denen ja das geschichtliche Wissen beruht, gewesen ist.
Zu den obigen Ausführungen siehe Friedrich, 196111, S. 17 ff. Siehe außerdem ° R. G. Collingwood, 1946. Siehe Karl Popper, 1959, Kap. X.
Das völlig Neuartige der totalitären Diktatur wird auf verschiedene Art geschildert in Friedrich (Hrsg.), 1954, und Hannah Arendt, 1951. Es wird eingehender erörtert in Friedrich und Brzezinski, 1956, neue Auflage 1965. Eine neuere Darstellung gibt auch das Werk von Bracher, Sauer und Schultz, 1960.
Die Auffassung vertreten zum Beispiel H. D. Lasswell und A. Kaplan, 1950. Sie ist in subtilerer Form von A. Brecht, 1959, vorgetragen worden und wird oft von Vertretern der 13 sogenannten Verhaltensmethode propagiert.
Lasswell und Kaplan, op. cit, S. 3, Fn. 1.
In meinem Artikel „Political Philosophy and the Science of Politics“ in: Approaches to the Study of Politics (Hrsg. Roland Young) habe ich versucht, diese Aussage zu belegen, indem ich neuere Schriften von drei Philosophen mit der politischen Wissenschaft in Beziehung gesetzt und auf die Bedeutung ihrer Schlußfolgerungen hingewiesen habe. Vgl. auch George E. G. Catlin, 1957; Karl Mannheim, 1953, Teil III, S. 97 ff.; ebenso Leo Strauss, 1959, S. 25–27.
a Siehe hierzu neuestens Kurt von Fritz, 1968.
Mannheim, 1936, S. 238. Vgl. auch Young (Hrsg.), 1958, S. 185 ff.
Das ist vor einiger Zeit von Michael Polanyi, einem führenden Naturwissenschaftler, sorg- faltig untersucht worden, dessen Buch Personal Knowledges, 1958, ein wichtiger Beitrag
dieser Frage ist. Siehe dazu meinen Bericht in Natural Law Forum, 1962, S. 132–148. a Michael Oakeshott, 1933; E. Husserl, 1913.
John Dewey, 1929, S. 52 (eigene Übersetzung des obigen Zitats).
In gewissem Sinne „ist jede Existenz ein Ereignis“ („every existence is an event”), wie Dewey geschrieben hat (1929, S. 71); aber es ist nützlich, besonders in der Dimension der Politik, zwischen Gegenständen und Ereignissen zu unterscheiden.
Robert Maclver, 1942.
a Für die nähere Erläuterung der sich für die politische Wissenschaft aus der Verknüpfung mit 2 der Philosophic ergebenden Fragen vgl. Friedrich, Prolegomena der Politik, 1967, S. 24/25.
Die Systemanalyse hat besonders in der Biologie eindrucksovlle neue Impulse von der Kybernetik erfahren. Um nur zwei bahnbrechende Werke zu erwähnen, sei auf Wiener, 1950, und Ashby, 1956, verwiesen. Dazu für die politische Wissenschaft besonders wichtig Karl W. Deutsch, 1963, und David Easton, 1965. Vgl. auch den Artikel von Rapoport in International Encyclopedia of the Social Sciences
Dies ist deshalb wichtig, weil eine Reihe von Autoren von einem politischen oder sozialen System gesprochen haben, ohne klarzustellen, was unter einem System zu verstehen ist; Easton, 1953, Parsons, 1951. Siehe Friedrich, Prolegomena, Kap. 3. Easton hat aber in dem in Fußnote 21 erwähnten Werk diesen Mangel beseitigt. Für Parsons vgl. International Encyclopedia of the Social Sciences
Bertalanffy, A, 1951. Vgl. auch die anderen Beiträge zu diesem Bericht und den in Fußnote 21 erwähnten Artikel von Rapoport.
Almond und Coleman, 1959, S. 7–8.
Siehe Coker, 1910.
Coker, 1934, S. 26, Fn.
Hobbes, 1651, S. 1.
Sir John Fortescue, De Laudibus Legum Angliae, Kap. 13: „the first that lives having within it blood which it distributes among all of the other members, whereby they are quickened and do live: semblably in a body politique, the intent of the people is the first lively thing, having within it blood… which it deals forth and imparts as well to the head as to all the members of the same body whereby the body is nourished and maintained“.
Siehe hierzu Friedrich, Prolegomena der Politik, Kap. 3.
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Friedrich, C.J. (1970). Einleitung. In: Politik als Prozeß der Gemeinschaftsbildung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-02720-1_1
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