Zusammenfassung
In den vorangegangenen Kapiteln haben wir versucht, die Veränderungen der für Fürsorger geltenden Handlungsanweisungen und den vermuteten Wandel fürsorgerischer Handlungen aus den sozialen Bedingungen der an der Fürsorge mittelbar und unmittelbar beteiligten Gruppen zu erklären. Das entspricht dem eingangs entwickelten Ansatz. Nicht berücksichtigt wurden die sozialen Situationen der Handlungsadressaten, deren Wandlungen und die Bedingungen, die zu diesen Wandlungen geführt haben. Damit wurde nun nicht unterstellt, daß diese Situationen für das fürsorgerische Handeln unwichtig seien. Unsere Überlegungen zu Beginn dieser Arbeit, die zu jenem Ansatz führten, richteten sich nur gegen die Art und Weise, wie in der gegenwärtigen Fürsorgeliteratur versucht wird, die Situationen und Befindlichkeiten der Handlungsadressaten als Ursachen, als “challenges” zu interpretieren, auf die die organisierte Fürsorge zu reagieren hätte. Wir haben versucht, die Unhaltbarkeit solcher Erklärungsansätze aufzuzeigen.
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Anmerkungen
Im Anschluß an LaPiere soll hier Überzeugung verstanden werden als “process of inducingpeopletowant to do what is wanted of them” und Konversion als “process of convincing people that by doing what is wanted of them they will secure what they want oravoid what theydo not want”. (Vgl. Richard T. LaPiere, a.a.O., S.416.)
Elisabeth Pfeil, Soziologie der Großstadt, in: Arnold Gehlen, Helmut Schelsky (Hg.), Soziologie. Lehr- und Handbuch zur modernen Gesellschaftskunde, Düsseldorf, Köln 1955, S.244.
Elisabeth Pfeil, a.a.O., S.244.
Ebd.
Ebd.
Arnold Gehlen, Die Seele im technischen Zeitalter. Sozialpsychologische Probleme in der industriellen Gesellschaft, Hamburg 1957, S. 65.
Vgl. auch David Riesman, Die einsame Masse, Hamburg 1959, Riesmans Charakterisierung des Verhaltens der Menschen in den USA als „außen-geleitet“ liegt wesentlich die Auffassung zugrunde, daß sich die sozialen Status verunsichert hätten und die sich daraus ergebenden Geltungsbedürfnisse im demonstrativen Konsumverhalten niederschlügen.
Vgl. Robert K. Merton, Social Theory and Social Structure, Glencoe, 111. 1961, S.132–139.
Auf das strukturell bedingte Erfordernis einer „stärkeren Verinnerlichung“ sozialer Verhaltensnormen für Jugendliche hat Friedrich H. Tenbruck hingewiesen. Er begründet dieses Erfordernis u. a. auch mit der Zunahme der sozialen Mobilität und Heterogenität, die eine soziale Kontrolle der Verhaltenskonformität erschweren. Hier möchte man Tenbruck zustimmen. Die in diesem Abschnitt vorgetragenen Überlegungen sind seinen Gedanken nicht unähnlich. Unschwer ließe sich das Entstehen kontrollarmer Zonen auch mit Hilfe der Begriffe soziale Mobilität und soziale Heterogenität beschreiben. Dieser Gedanke liegt aber in Ten-brucks Erörterungen durchaus am Rande. Die wesentliche Ursache für das Erfordernis nach stärkerer Verinnerlichung sieht Tenbruck darin, daß es in einer mobilen Gesellschaft der Jugend an konkreten Verhaltensvorbildern fehle, nach denen sich deren Gewohnheiten richten könnten. Es bedürfe deswegen — „funktionalgesehen“ — eines Leitbildes, „das eine überlokale und standesunabhängige Sozialisierung erlaubt“, das allgemeiner Natur sein und auf einer abstrakteren In-tegrationsebene liegen müsse. Ein solches Leitbild könne nicht aus der konkreten Nachahmung gewonnen, sondern “nur phantasiemäßig erlebt werden und fordert deshalb eine stärkere Verinnerlichung” (Vgl. Friedrich H. Tenbruck, a. a. O., S. 77 f. Hervorhebungen vom Autor.) So einleuchtend dieser Gedanke zu sein scheint, er steht in der Gefahr, bestimmte Arten der Verinnerlichung aus dem Bedürfnis der Jugendlichen zu erklären und das handlungs-, d.h. sozialisierungs-relevante Interesse derer, die solche Leitbilder verbreiten, außer acht zu lassen. Gegenüber solchen Erklärungsversuchen aber ist angesichts des ihnen innewohnenden Legitimierungspotentials Zurückhaltung geboten. Nur allzu leicht dienen derartige Ansätze ihren Popularisatoren zur Rechtfertigung der von ihnen gutgeheißenen Art von Erziehung. (Vgl. dazu beispielsweise Helga Lemke, a.a.O., S.131.)
Richard T. LaPiere, a.a.O., S. 420.
Talcott Parsons und Edward A. Shils (Hg.), Toward a General Theory of Action, New York, Evanston 1965, S. 227.
Vgl. ebd.
Es ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert, daß Parsons’ Darstellung der Mechanismen der sozialen Kontrolle (die aufs engste mit den Mechanismen der Sozialisierung zusammenhängen - vgl. dazu Talcott Parsons, Edward A. Shils, a.a.O., S. 228) ziemlich genau unserer Beschreibung neueren fürsorgerischen Handelns entspricht. Er nennt die Helferattitüde des Kontrollierenden (element of support), die Neigung des Kontrollierenden zur Toleranz gegenüber dem Ver-haltensabweicher (element of permissiveness) und die Neigung des Kontrollierenden, sich zu weigern, auf das Verhalten des Handlungsadressaten in gleicher Weise zu antworten, etwa auf Aggressionen mit Aggressionen zu reagieren (refusal to reciprocicate). Es soll nicht interessieren, ob Parsons hier nicht spezifische, in der Gegenwart verbreitete Mechanismen der sozialen Kontrolle unzulässigerweise als die Mechanismen der sozialen Kontrolle darstellt. Wichtig für unseren Zusammenhang ist, daß auch Parsons diese Mechanismen der sozialen Kontrolle für ganz allgemein verbreitet hält, und nicht meint, ihre Wirksamkeit sei auf die Verhaltenskontrolle Jugendlicher beschränkt, die Art der Kontrolle werde vom Kontrollobjekt bestimmt. (Vgl. Talcott Parsons, The Social System, Glencoe, 111. 1964, S. 299 ff.).
Vgl. Carl Ludwig Krug von Nidda, a. a. O., S. 197.
Vgl. § 1666 BGB.
Vgl. §63RJWG; vgl. auch Carl Ludwig Krug von Nidda, a.a.O. , S. 198.
Vgl. §55 ff. JWG.
Thomas Matthiesen, The Defences of the Weak, London 1965.
Thomas Matthiesen, a.a.O., S. 39.
Thomas Matthiesen, a.a.O., S. 40.
Zitiert nach Thomas Matthiesen, a. a. O., S. 40.
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Peters, H. (1968). Die Fürsorge — eine Instanz sozialer Kontrolle. In: Moderne Fürsorge und ihre Legitimation. Dortmunder Schriften zur Sozialforschung, vol 36. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-02706-5_8
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