Zusammenfassung
In den letzten politisch bewegten Jahrzehnten erschienen mehrere Abhandlungen über Shakespeares Historien, Shakespeares Staat, Shakespeare und das Königtum, Shakespeare und das politische Drama 1, in denen versucht wird, aus den Shakespeareschen Historiendramen die Grundlinien einer Staats- oder Geschichtsphilosophie abzulesen und den Dichter mit dem politischen, theologischen und philosophischen Bewußtsein seiner Zeit zu verbinden. Diese oft scharfsinnig argumentierenden Broschüren sind nicht eigentlich Produkte einer politischen Konjunktur, sie sind vielmehr Ergebnis einer tieferen und breiteren Strömung oder Zeitstimmung, die vermutlich in Reaktion gegen den zu Ende des 19. Jahrhunderts blühenden Historismus und Positivismus, bewußt oder unbewußt, die Haltung der Romantik erneut. Man verwirft die alte, Fakten, Abhängigkeiten, Entwicklungsstufen registrierende Literatur geschichte, fördert „die Betrachtung und Deutung der Werke Shakespeares als einer von inneren Wesenszügen bestimmten Einheit, die Ergründung ihres Gehalts als eines Kosmos des menschlichen Bewußtseins“, und stellt die philosophische Interpretation in den Mittelpunkt der jetzt mit Vorliebe Literatur wissenschaft genannten Disziplin.
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Literatur
Neben der vorsichtigen Studie von W. Clemen über Shakespeare und das Königtum (in: Sh. Jb. 68 [1932)), die von der Wort-und Bildinterpretation her das Weiterleben alter Vorstellungen über das Königtum nachzuweisen und Shakespeares neue und eigentümliche Einschmelzung dieser Vorstellungen in sein eigenes Werk zu zeigen sucht, und der ebenso vorsichtigen und gedankenreichen Arbeit von Th. Schieder über Shakespeare und Macchiavelli (in: Archiv f. Kulturgeschichte 33 [1951] S. 131 ff.) sind hier besonders die Bücher zu nennen, die, oft ohne Rücksicht auf den dramatischen Zusammenhang, aus Shakespeares Dramen politische Sentenzen herausheben, daraus des Dichters persönliche Stellungnahme folgern und seine Beziehung zu staatsrechtlichen Lehren nachzuweisen unternehmen (was bereits B. Tschischwitz: Sh.s Staat und Königtum nachgewiesen an der Lancaster Tetralogie, Halle 1868, versucht hatte): z. B.
H. B. Charlton: Sh.s Politics and Politicians, Lo. 1929;
A. Hennecke: Sh.s englische Könige im Lichte staatsrechtlicher Strömungen seiner Zeit (in: Sh. Jb. 66 [1930]); die Bücher von L. Winstanley, die Shakespeares Dramen als allegorische Darstellungen zeitgeschichtlicher Vorgänge deuten (Hamlet and the Scottish Succession, Cambr. 1921; Macbeth, King Lear and the Scottish Succession, Cambr. 1922;
Othello as the Tragedy of Italy, Lo. 1924 ); H. Pongs: Shakespeare und das politische Drama (in: Dichtung und Volkstum 37 [1936] );
E. A. Greenlaw:.Spenser’s Historical Allegory, Baltimore 1932. — Ober H. H. Glunz und E. M. W. Tillyard siehe im Text. Ober Rötscher, Ulrici etc. vgl. W. F. Schirmer: Alte und Neue Wege der Shakespeare-Kritik. Bonner Akademische Reden, Heft 9, Bonn 1953.
Th. Schieder, der sich eingehend mit Tillyard auseinandersetzt (s. o. S. 5 Anm.), umschreibt dessen These als den Versuch, aus der geistigen Struktur Shakespeares und Macchiavellis auf ihre Beziehungen zu schließen, ausgehend von einer Bestimmung des Grundverhältnisses Shakespeares zur Welt, worin er Elemente des Neuplatonismus erkennt; er sieht hinter dem vordergründigen Bild der Unordnung, wie es die Königsdramen geben, den Glauben an ein verborgenes System der Ordnung.
Raphael Holinshed: Chronicles of England, Scotlande and Irelande 1577; Edward Hall: The Union of the Families of Lancaster and York, 1548, 1550; vgl. K. O. Braun: Die Szenenführung in den Shakespeareschen Historien. Ein Vergleich mit Holinshed and Hall. Dissertation, Berlin 1935.
Vgl. C. F. E. Spurgeon: Leading Motives in the Imagery of Shakespeare’s Tragedies, Lo. 1930; Shakespeare’s Imagery and What it Tells Us, Cambr. 1935. W. H. Clemen: The Development of Shakespeares Imagery, Lo. 1951, und die dort angegebene Literatur.
Diese These, die mein bei der International Conference of University Professors of English in Oxford 1950 gehaltener Vortrag: The Importance of the Fifteenth Century for the Study of the English Renaissance, with special reference to Lydgate (gedruckt in: English Studies Today, Oxf. 1951 ) vertrat, hat bereits R. Chapman ausgesprochen in seinem Aufsatz: The Wheel of Fortune in Shakespeare’s Historical Plays ( Review of English Studies, January 1950 ).
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Schirmer, W.F. (1954). Glück und Ende der Könige in Shakespeares Historien. In: Glück und Ende der Könige in Shakespeares Historien. Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, vol 22. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-02510-8_1
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