Zur Erinnerung an Leo Löwenstein

Zusammenfassung

Es ist fast vier Jahre her, daß Leo Löwenstein, Gründer und Bundesvorsitzender des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten, auf einer Reise durch Israel in Kfar Chajim bei Natanya starb. Die „Allgemeine“ bat mich, den seinerzeit von mir verfaßten Gedenkartikel mit einigen Ergänzungen noch einmal zum Abdruck zu bringen. In der heutigen turbulenten Zeit blickt man selten zurück. Wenn es aber schon wichtig ist, an hervorragende Männer zu erinnern, wieviel wichtiger ist es, unserer bedeutenden jüdischen Mitbürger zu gedenken, deren Lebenskreis und menschliche Umgebung fast völlig durch Mord ausgerottet ist, von den wenigen abgesehen, die in die ganze Welt verstreut wurden. So fehlt hier der normale Boden an festverwurzelter Erinnerung, Dankbarkeit und Zuneigung über den Tod hinaus, der unter normalen Umständen im menschlichen Leben für das Weitergeben des Bildes eines hochgeschätzten Menschen von so großer Bedeutung ist. Um so dankenswerter, daß sich die „Allgemeine“ immer mehr die Aufgabe stellt, Lebensbilder führender jüdischer Persönlichkeiten im Deutschland der letzten 60 Jahre zu zeichnen, der Ehrung und Erinnerung halber, aber auch aus dem wichtigen Grunde, der Öffentlichkeit und der Jugend zu zeigen, welch großen Anteil die schöpferischen deutschen Mitbürger jüdischen Glaubens am Aufbau des deutschen Geistes- und Wirtschaftslebens hatten. Wer kann ermessen, um wieviel ärmer wir sind, seit diese Kraftquelle neuer Gedanken und tatkräftigen Handelns durch unermeßliche Rohheit verschüttet wurde.

Erschienen in der Allgemeinen Wochenzeitung der Juden in Deutschland, 15. Jahrgang, Nr. 25.