Zusammenfassung
Bereits kurz nach Beginn der Jahrhundertwende haben vor allem Ethnologen begonnen, sich mit einer Reihe von Erscheinungen zu befassen, die man unter anderem auch als „Bewegungen“ bezeichnet hat. Erscheinungen dieser Art sind in allen Erdteilen nachweisbar. In Europa finden wir sie besonders im Mittelalter; in der neuesten Neuzeit in der Form endzeitgläubiger politisch-weltanschaulicher Fanatismen. Jedoch setzte ein systematisches Bemühen um zusammenhängendes begriffliches Verständnis solcher Erscheinungen erst mit Beginn der fünfziger Jahre ein. Seit nunmehr ungefähr zwanzig Jahren ist eine Vielzahl von Arbeiten erschienen, die ein solches Verständnis anstreben. Der Ausdruck „Bewegung“ hat sich wahrscheinlich deshalb besonders eingebürgert, weil es bei den meisten der untersuchten Vorgänge buchstäblich recht „bewegt“ zuging. Die Forscher waren von dem eigenartigen Charakter solcher Bewegungen und ihrem turbulenten Ausnahmegeschehen so sehr angezogen und fasziniert, daß sie geneigt waren, alles, was irgendwie vom Normalen abwich, als Bewegung zu bezeichnen. Es können hier unmöglich alle gemeinten Ereignisse aufgezählt werden. Guglielmo Guariglia, der sich nur mit Asien, Ozeanien, Afrika und Amerika befaßte, zählt 256 „Heilserwartungsbewegungen“ auf. Norman Cohn, der über die mittelalterlichen millenaristischen Bewegungen Europas schrieb, erwähnt einige Dutzend weiterer Bewegungen. Um zu zeigen, welche Art Ereignis gemeint ist, seien nur einige der umfänglichsten Bewegungen genannt:
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Koreri auf Neu-Guinea
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Ghost-Dance in Nordamerika
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Der Ngunzismus im Kongogebiet
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Die Mandi-Erwartung in Nordafrika
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Die Täufer in Münster
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© 1969 Westdeutscher Verlag GmbH, Köln und Opladen
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Deltgen, F. (1969). Was Kann unter Einer „Bewegung“ Verstanden Werden?. In: König, R. (eds) Aspekte der Entwicklungssoziologie. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, vol 13. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-02319-7_16
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