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Part of the book series: Staat und Politik ((STOPP,volume 10))

Zusammenfassung

Arthur Schopenhauser, Friedrich Julius Stahl und Bertrand Russell haben Fichtes Philosophie als Wahnsinn bezeichnet 1, aber Friedrich Heinrich Jacobi und Forberg verehrten in Fichte einen neuen Messias, dessen Vorläufer Kant bzw. Reinhold gewesen sei 2, Körner erschien Gichte als ein »philosophischer Attlia« 3, und für Jean Paul war der Fichtianismus geradezu der »Teufel«, dessen »Gorßmutter« aber die kritische Philosophie 4, jene kritische Philosophie, von der ein Enthusiast Fichte ins Stammbuch geschrieben hatten: »Es werde Licht, sprach Gott, und es ward — kritische Philosophie.« 5 Schließlich druckte im Jahre 1957 Reinhard Lauth die Überzeugung aus, daß Fichtes Philosophie allem nachfichteschen Denken methodisch und systematisch überlegen sei 6.

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Literatur

  1. Schopenhauer, der Fichte im Winter 1812/13 in Berlin hörte, schrieb in sein Kollegheft, an den Rand eines ‚Protokolls‘ der Wissenschaftslehre (für die er die Bezeichnung Wissenschaftsleere erwog), die Worte des Polonius: »Though this be madness, yet there’s method in it.« (Mitgeteilt von Frauenstädt in seinem ‚Lebensbild‘ in der Ausgabe von Schopenhauers Werken, 2. Aufl. Neue Ausgabe. Leipzig 1916. Bd. I, S. 152.) Friedrich Julius Stahl in seiner ‚Philosophie des Rechts nach geschichtlicher Ansicht‘, Hamburg 1830, Bd. I, S. 157: »Dies zu denken ist Wahnsinn.« Bertrand Russell, A History of Western Philosophy, New York 1945, S. 718. In der Deutschen Ausgabe: »Fichte . . . trieb den Subjektivismus in einer Art auf die Spitze, die schon an Wahnsinn grenzt.« (B. Russell, Philosophie des Abendlandes, Frankfurt/M. 1950, S. 593.) Ebenda S. 17 heißt es ebenfalls mit Bezug auf Fichte: »Das war Wahnsinn.« (Englisch: ‚Insanity‘). In dem populären Werk ‚Wisdom of the West‘ ist auf Seite 246 der deutschen Ausgabe (Denker des Abendlandes, Stuttgart 1962) Fichtes Denken nur mehr als »diese ziemlich phantastische Lehre« bezeichnet.

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  2. »Wie vor 1800 Jahren die Juden in Palästina den Messias, nach welchem sie so lange sich gesehnt, bey seinem wirklichen Erscheinen verworfen, weil er nicht mit sich brachte, woran sie ihn erkennen wollten, . . . so haben auch Sie ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses denen werden müssen, die ich Juden der spekulativen Vernunft heiße. . . . Und so fahre ich denn fort und rufe eifriger und lauter Sie zuerst unter den Juden der spekulativen Vernunft für ihren König aus; drohe den Halsstarrigen an, Sie dafür zu erkennen, den Königsberger Täufer aber nur als Ihren Vorläufer anzunehmen.« So schrieb Jacobi an Fichte am 3. III. 1799. (Schulz, Briefw. II. Band, S. 28.) Zwar schrieb Baggesen schon am 9. Mai 1 799 an Jacobi »dies könne unmöglich was Anderes als Ironie sein«, irrte sich aber zu diesem Zeitpunkt doch wohl damit (Fichte in vertr. Br. S. 120). Allerdings ließ Jacobi, nicht zuletzt durch Fichte selbst veranlaßt und durch Baggesen wie auch durch Jean Paul gedrängt, sehr bald von solcher enthusiastischen Anhängerschaft. Forberg hatte schon 1795 geschrieben: »Wenn Sie mich fragen, wie sich wohl Reinholds Verdienste um die Philosophie zu denen, die sich Fichte erwirbt, verhalten mögen? so weiß ich Ihnen darauf keine bessere Antwort zu geben, als die: Reinhold verhält sich zu Fichte, wie sich Johannes zu Jesus verhielt, wie der Vorläufer zu dem, der da kommen soll, wie der Prediger in der Wüste zu dem Lehrer ‚mächtig in Taten und Worten‘ « (Fichte in vertr. Br. S. 44).

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  3. Körner an Schiller, am 29. Dezember 1800. (Fichte in vertr. Br. S. 168).

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  4. Jean Paul an Jacobi, am 1. Mai 1800: »Der Fichtianismus wird, glaube ich, sein handelndes Leben nicht hochbringen; aber was hilft der Tod des Teufels, wenn seine Großmutter fortlebt, die kritische Philosophie?« (Fichte in vertr. Br. S. 143).

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  5. Schulz, Briefw. Bd. I, S. 316.

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  6. Reinhard Lauth veröffentlichte 1957 in der Zs. für Phil. Forschg. einen Bericht über den ‚Gegenwärtigen Stand der Arbeit an den Werken J. G. Fichtes’. Hier war die wiedergegebene Ansicht zum erstenmal formuliert (vgl. a.a.O., S. 133/34). Eingehender beschäftigt sich Lauth 1963 mit der »Bedeutung der Fichteschen Philosophie für die Gegenwart« (Phil. Jahrb. der Görresges., Bd. 70, 1962/63, S. 252 ff.). Lauth stellt heraus, daß »a) für die Philosophie und Wissenschaft, b) für das persönliche Leben, c) für das gesellschaftliche Leben, d) für die Religion« Fichtes Denken allen nachfichteschen Ansätzen überlegen sei (vgl. a.a.O., S. 252, 258, 261, 263 u. passim). Vor allem Hegels Denken und dessen Wirkung bis auf die Gegenwart werden hier durchaus perhorresziert. Aus dem Kreis um Lauth geht hervor als Wichtigstes die neue Ausgabe der Werke Fichtes, von der bereits zwei Bände vorliegen, die philologisch und editorisch eine höchst bewundernswerte Leistung darstellen. Lauth selbst veröffentlichte im Phil. Jahrb. der Görresges., Jg. 71/1964, Halbbd. II, einen weiteren Beitrag: » J. G. Fichtes Gesamtidee der Philosophie«. Angesichts der dort von ihm entwickelten These, daß der »Philosophiebegriff Fichtes« . . . »nicht nur der Begriff der Wissenschaftslehre in sich, sondern auch der Begriff der Vermittlung von Philosophie und Leben« sei, behauptet Lauth einmal mehr, »daß keine andere Philosophie einen so umfassenden Philosophiebegriff entfaltet, geschweige denn gerechtfertigt«, habe. Gerade in bezug auf das Problem der Vermittlung ‚von Philosophie und Leben‘ bei Fichte gelangt unsere Arbeit zu kritischen Ergebnissen. Angesichts der deutlich werdenden Intentionen Lauths und — soweit man bereits davon sprechen kann — seiner Schule scheint sich hier die Gefahr einer unkritischen Fichte-Renaissance abzuzeichnen. Inwiefern man berechtigt ist, hier von einer ‚Gefahr‘ zu sprechen, versucht diese Arbeit an der politischen Theorie — den systematischen Zusammenhang von Fichtes Denken, den ja auch Lauth so stark herausstellt, vorausgesetzt — in die Diskussion zu bringen.

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  7. Fichte in vertr. Br. S. 224.

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  8. Im gleichen Sinne schrieb Ehrenberg 1923 : »Es ist unleugbar ein Fehler der Interpreten, daß sie die Wissenschaftslehre allein glauben behandeln zu können.« (Hans Ehrenberg; Disputation I, Fichte. München 1923, S. 58). Vgl. auch Lauths Ausführungen zum Systemzusammenhang bei Fichte (Anm. 6).

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  9. Eduard Zeller; Fichte als Politiker. In: Vorträge und Abhandlungen geschichtlichen Inhalts. Leipzig 1865, S. 142.

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  10. Ebda. S. 142 und 144.

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  11. Ebda. S. 176.

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  12. Ebda. S. 166.

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  13. Ebda. S. 162.

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  14. H. Ahrens; Die Philosophie des Rechts und des Staates. Wien 1952, Bd. I., S. 338.

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  15. Vgl. die beiden berühmten Fichte-Beiträge Lassalles, jetzt in: Ges. Reden und Schriften, Berlin 1919, Bd. 6, S. 53 und 103. Zu Lassalles Fichte-Rezeption im Ganzen vgl. Trautwein; Über Ferdinand Lassalle und sein Verhältnis zur Fichteschen Sozialphilosophie, Jena 1913. Treitschke versucht in seinem Aufsatz: Fichte und die nationale Idee, Leipzig 1862, Fichtes Sozialismus der ‚nationalen Idee‘ völlig unterzuordnen. Insofern spiegelt sich hier schon die Gegnerschaft der beiden Interpretationen, die hinfort in der Literatur stets das eine Moment auf Kosten des anderen herausstellten.

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  16. Schmoller; Zur Literaturgeschichte der Staats- und Sozialwissenschaften. Leipzig 1888, S. 50. Bei Fritz Schneider; J. G. Fichte als Sozialpolitiker, Halle 1894, lesen wir: »Sein System ist nicht mehr eine zufällige Utopie, sondern die erste bewußte Regung des Sozialismus.« (S. 4) Schneider vergleicht Weitling, Marlo, Dühring und Rodbertus mit Fichte, ohne allerdings der Frage eines etwaigen Einflusses Fichtes auf diese nachzugehen.

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  17. Marianne Weber; Fichtes Sozialismus und sein Verhältnis zur Marxschen Doktrin. Tübingen 1900. (Hier zit. nach der 2. Aufl., Tübingen 1925.) Ausführlich wird hierauf in Kapitel III einzugehen sein. Das im gleichen Jahr erschienene Buch von Lindau; Fichte und der neuere Sozialismus, Berlin 1900, ist in seiner unpräzisen Darstellung neben Weber völlig wertlos.

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  18. Zu erwähnen sind noch: Max Adler; Wegweiser, Studien zur Geistesgeschichte des Sozialismus, Leipzig 1914, S. 28 ff.

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  19. und: Vorländer; Kant, Fichte, Hegel und der Sozialismus, Berlin 1920.

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  20. Einen Schritt weiter gingen jene Autoren, die sich die Aufgabe stellten, den ‚demokratischen Gedanken‘ in Fichtes Werk aufzuzeigen, der schließlich beide Momente, Sozialismus wie Nationalismus, begründete. So vor allem Leibholz; Fichte und der demokratische Gedanke, Freiburg 1922, der Fichtes demokratisches Grundprinzip in ein Verhältnis zu Problemen der Weimarer Reichsverfassung setzt. Ähnlich auch schon Gebhardt; Der demokratische Gedanke, bei J. G. Fichte.. Leipzig 1920; ferner Schenkel; Individualität und Gemeinschaft, der demokratische Gedanke bei J. G. Fichte, Zürich, Leipzig, Stuttgart 1933.

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  21. Hermann Lübbe; Politische Philosophie in Deutschland, Basel u. Stuttgart 1963, S. 201.

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  22. Vgl. Lübbe, a.a.O., S. 200 ff. Weitere Titel der populären Fichte-Erneuerung während und nach dem 1. Weltkrieg: H. Freytag; Fichte und seine Reden an die Deutsche Nation (Wartburg-Hefte Nr. 81), Berlin 1913. H. Freytag; Luther und Fichte und was sie uns über den Krieg zu sagen haben, Leipzig 1914.

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  23. P. Thönen; Fichte und die deutsche Einheitsbewegung, Leipzig 1914.

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  24. B. Wehnert; Fichtes Reden an die Deutsche Nation auch für die Gegenwart gehalten, Halle 1915.

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  25. F. Diehl; Deutschland als geschlossener Handelsstaat im Weltkriege, Stuttgart 1916.

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  26. W. Moog; Fichte über den Krieg, Darmstadt 1917.

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  27. Freytag, Eucken, Harpf, Schlüter; Fichte unser Führer, Hamburg 1917.

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  28. K. Weidel; Fichtes Reden an die Deutsche Nation und unsere Zeit, Magdeburg 1919.

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  29. K. Haack; Fichte und Deutschlands Wiedergeburt, Breslau 1927.

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  30. M. Grunewald; Fichtes deutscher Glaube, Berlin 1927. Im Jahre 1916 erfolgte in Hamburg die Gründung einer ‚Fichte-Gesellschaft‘, die die Monatsschrift ‚Deutsches Volkstum‘ herausgab und vor allem Bedeutendes in der Volksbildungsarbeit leistete.

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  31. Friedrich Meinecke; Weltbürgertum und Nationalstaat. 1. Aufl., München u. Berlin 1907 (hier zit. nach der 7. Aufl. München und Berlin 1928).

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  32. Fichte, Werke. Hrsg. von Fritz Medicus, 6 Bände, Leipzig 1908–1912.

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  33. Fritz Medicus; Fichtes Leben. 1. Aufl. Leipzig 1913, 2. Aufl. Leipzig 1922.

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  34. Hans Schulz; Fichte in vertraulichen Briefen seiner Zeitgenossen, Leipzig 1923.

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  35. J. G. Fichte; Briefwechsel, Kritische Gesamtausgabe, gesammelt und herausgegeben von Hans Schulz. 2 Bände, Leipzig 1930.

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  36. Reinhard Strecker; Die Anfänge von Fichtes Staatsphilosophie, Leipzig 1916. Strecker gab dann 1919 und 1922 Fichtes Revolutionsschriften neu heraus. Wichtig wurde vor allem seine Ausgabe der ‚Politischen Fragmente‘ Fichtes als Band 163 f der ‚Philosophischen Bibl.‘, Leipzig 1925.

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  37. August Wilhelm Rehberg hatte 1792 ‚Untersuchungen über die Französische Revolution‘ veröffentlicht. (Hannover, 2 Bände.) In den ‚Beiträgen zur Berichtigung der Urteile des Publikums über die Französische Revolution‘ polemisiert Fichte aufs heftigste gegen Rehberg, wobei er sich häufig auf Theodor Schmalz; Reines Naturrecht, Königsberg 1791, beruft (vgl. Strecker, Anfänge, a.a.O., S. 106, 118, 149 und passim).

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  38. Außer dieser Herausgebertätigkeit spielt Bergmann in der Fichte-Literatur eine unrühmliche Rolle. Er veröffentlichte in der Sammlung ‚Der Kampf des Deutschen Geistes im Weltkriege‘, Gotha 1915, einen Beitrag über ‚Philosophie und Krieg‘ und im Jahre 1933 in Breslau eine Schrift: Fichte und der Nationalsozialismus (vgl. Anm. 37).

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  39. Wilhelm Metzger; Gesellschaft, Recht und Staat in der Ethik des Deutschen Idealismus, Heidelberg 1917. S. 111 ff.

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  40. Metzger, a.a.O., S. 113.

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  41. Ebda. S. 157.

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  42. Ebda. S. 160.

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  43. Ebda. S. 140 ff. bzw. S. 188 ff.

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  44. Nico Wallner; Fichte als politischer Denker, Halle 1926.

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  45. Richard Kroner; Der soziale und nationale Gedanke bei Fichte, Freiburg und Leipzig 1920.

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  46. Heinrich Rickert; Die philosophischen Grundlagen von Fichtes Sozialismus. In: Logos, XI, 1923, S. 149 ff.

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  47. Heinrich Rickert; Die allgemeinen Grundlagen der Politik Fichtes. In: Zs. f. Deutsche Kulturphil. Bd. 4, 1938, S. 1 ff.

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  48. Julius Binder; Fichte und die Nation, Logos X, 1922, S. 275 ff. Dazu wären noch zu erwähnen die Arbeiten von Bruno Bauch; Fichte und unsere Zeit, Erfurt 1920, und: Fichte und der deutsche Staatsgedanke, Langensalza 1925. Auch für Bauch ist es wichtig, herauszustellen, daß Fichtes Sozialismus, »nicht im Parteisinne zu fassen« ist (F. u. u. Zeit, a.a.O., S. 13). Bauch sieht auch in seiner Gegenwart ein ‚Zeitalter der vollendeten Sündhaftigkeit‘ und empfiehlt eine Rückkehr zu Fichte als Heilmittel gegen den sittlichen Verfall (ebda. S. 15).

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  49. Rickert; Die phil. Grundlagen, a.a.O., S. 163. 35 G. A. Walz; Die Staatsidee des Rationalismus und der Romantik und die Staatsphilosophie Fichtes, Berlin 1928.

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  50. Heinz Heimsoeth; Fichte, München 1923. Max Wundt; Fichte, Stuttgart 1927. Max Wundt; Fichte-Forschungen, Stuttgart 1929. Hier muß auch das bedeutende Werk der französischen Fichte-Forschung erwähnt werden, das in Deutschland nicht immer angemessen gewürdigt worden ist, nämlich Xavier Léon; La philosophie de Fichte, Paris 1902, und Léon; Fichte et son temps, Paris 1914, (hier zit. nach dem Neudruck 1954). Vor allem das letztere ist durch die Fülle seiner HintergrundDetails für die Fichte-Forschung unentbehrlich. Was das spezielle Anliegen dieser Untersuchung angeht, so ist Léon dafür weniger ergiebig. Fichte ist für Léon ein Evangelist der ‚Liberté‘, aber einer entpolitisierten und verinnerlichten ‚Liberté‘. Da Léon Fichte aber doch als Schüler der Revolution stark herausstellt, erscheint auch diese in einem seltsam unpolitischen Lichte. So wird Léon der Wissenschaftslehre als Freiheitslehre der Subjektivität gerecht, klammert aber die politischen Probleme des Systemdenkers Fichte weitgehend aus. In gewissem Sinne wiederholt sich solche Interpretation in der gegenwärtigen ‚Münchner Fichte-Schule‘, die außerdem Fichte an personalistisches Denken anzuschließen versucht. (Vgl. dazu Anm. 6 und 345). Was das Fichte-Buch von Guéroult angeht (Guéroult; L’evolution et la structure de la Doctrine de la Science chez Fichte. Tome I, II, Paris 1930), so scheint seine Nichtbeachtung in Deutschland eher gerechtfertigt. G. zeigt in seiner immanenten Strukturanalyse kaum Verständnis für das, was in der Wissenschaftslehre zur Sprache kommt, und so ist Torretti zuzustimmen, der schreibt, daß man dies Buch von Guéroult nur mit Bedenken überhaupt in die Fichte-Literatur aufnehmen könne. (Roberto Torretti; Der systematische Aufbau des politischen Denkens Fichtes, Freiburg 1954, S. 8, Anm.) Sehr bemerkenswert aber auch im Hinblick auf diese Untersuchung von Fichtes politischem Denken — allerdings ebenfalls fast ganz unbeachtet geblieben — sind die »Studies in the History of Political Philosophy« von Charles Edwin Vaughan (2 Bände, 1. Aufl. 1925, Neudruck New York 1960). Vaughan untersucht politische Denker des 17. und 18. Jahrhunderts und widmet Fichte ein ausführliches Kapitel (Bd. II, Ch. 3), das vor allem für die Analyse der mittleren Phase von Fichtes politischem Denken wertvolle Einsichten vermittelt (vgl. die entsprechenden Bemerkungen in Kapitel III dieser Arbeit).

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  51. Arnold Gehlen; Deutschtum und Christentum bei Fichte, Berlin 1935, S. 78, Anm. 1. Dieses Buch von Arnold Gehlen ist ein merkwürdiger Beitrag zum Problem ‚Persecution and the Art of Writing‘, das Leo Strauß zum Titel eines Buches gemacht hat (Glencoe 1952). Während Gehlen im ersten Teil Fichte in vordergründigster Weise als Nationalsozialisten bezeichnet, stellt der zweite Teil eine sehr ernsthafte Untersuchung zur Religionsphilosophie vor allem des späten Fichte dar. Insofern ist dies Buch auch heute noch (in zweifacher Hinsicht) interessant. Ansonsten ist naturgemäß von der Fichte-Literatur zur Zeit des Nationalsozialismus kaum ein wesentlicher Beitrag zur Fichte-Forschung zu erwarten. Faust; J. G. Fichte, Breslau 1938, stellt Fichte als »Vorläufer der nationalsozialistischen Weltanschauung« dar. Becher; Platon und Fichte, Jena 1937, stellt für Fichte eine »im wahrsten Sinne des Wortes nordische Seelenhaltung« fest und eine Erziehungslehre, die »deutscher Wesensart« entspricht (S. 1). In dem schon erwähnten Buch von Ernst Bergmann; Fichte und der Nationalsozialismus, bezeichnet Bergmann (wie Gehlen) Fichte als den ersten Nationalsozialisten. Bergmanns Buch ist besonders aufschlußreich. Er hatte — ebenso wie Kroner, Binder und Bauch — den nationalen Fichte reaktiv auf die Propagierung Fichtes als eines Sozialisten herausgestellt. Für ihn war Fichte »der moralische Überwinder des Marxismus« (a.a.O., S. 7). Selbst Bergmann kann man sinnvollerweise nicht beschuldigen, ein Nationalsozialist im totalitären Sinne gewesen zu sein, noch weniger Kroner, Binder und Bauch, deren Veröffentlichungen ja auch vor 1933 erfolgten. Ihre Zuwendung zum Nationalen geschah als Antithese zum internationalen Sozialismus. Eindeutig ist die Lage dann allerdings bei Autoren wie Becher und Faust. Immerhin erschienen während dieser Zeit auch so beachtliche und wichtige Studien wie die Arbeit von Hans Freyer; Über Fichtes Machiavelli-Aufsatz, Leipzig 1936.

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  52. Ferner: Wilhelm Weischedel; Der Aufbruch der Freiheit zur Gemeinschaft, Leipzig 1939, oder auch (mit größeren Einschränkungen) : Heinrich Oesterreich; Freiheitsidee und Rechtsbegriff in der Philosophie von J. G. Fichte, Göttingen 1935.

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  53. W. A. Rehberg; Sämtl. Schriften, Hannover 1829, Bd. 4, S. 311.

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  54. Die Behandlung der Frage von Hegels Auseinandersetzung mit Fichte würde eine eigene Arbeit erfordern. Hier kann nur allgemein auf die entsprechenden Stellen in Hegels Werk hingewiesen werden.

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  55. Stahl, a.a.O., S. 159 und 165.

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  56. Dem Problem dieses Umschlags genau nachzugehen versucht diese Arbeit im Kapitel III.

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  57. Stahl, a.a.O., S. 171.

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  58. Zeller, a.a.O., S. 162.

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  59. Ebda., S. 166.

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  60. Ebda.

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  61. Ebda., S. 131 und 133.

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  62. Metzger, a.a.O., S. 126.

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  63. Das gleiche gilt mutatis mutandis für alle Autoren, denen an der Herausstellung des Sozialisten Fichte gelegen ist. Denn es ist Fichtes Eigentumslehre, die ihn zum Sozialisten macht, aber eben in dieser Eigentumslehre liegt der Ansatz jenes ‚despotischen‘ Momentes.

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  64. Hans Reiss; Fichte als politischer Denker, in: Archiv f. Rechts- und Sozialphilos., XLVIII 1962, Heft 1/2, sieht die deutsche Fichte-Literatur zumeist von ‚ehrfürchtigen‘ Vorurteilen bestimmt (S. 163).

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  65. Walz, a.a.O., S. 596.

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  66. Mit der Reaktualisierung des Nationalen, die in der DDR zu Beginn der fünfziger Jahre einsetzte, rückte auch dort Fichte wieder in den Vordergrund. Schon Kurt Eisner hatte einen kommunistischen Fichte propagiert. (K. Eisner; Fichte, Berlin 1914); anknüpfend an ihn und an die übrige sozialistische Fichte-Rezeption erschienenen Arbeiten wie die von Helmut Mehnert; J. G. Fichte und die Bedeutung der sozialen Frage in seinem Werk, Diss. Dresden 1955, oder: Dieter Bergner; Neue Bemerkungen zu J. G. Fichte. Fichtes Stellungnahme zur sozialen Frage, Berlin 1956. In diesen Arbeiten, wie auch in den Aufsätzen der Sammlung ‚Wissen und Gewissen‘, Berlin 1962, kommen kaum Ansätze zum Tragen, die für die Fichte-Forschung interessant werden, ausgenommen etwa die ausgezeichnete Studie von C. Träger; Fichte als Agitator der Revolution (Wissen und Gewissen, S. 158 ff.), von der noch die Rede sein wird. Insofern ist Baumgartner zuzustimmen, der im Phil. Jahrb. der Görresges., 71. Jg. (1964), 2. Hbbd., S. 435 ff., unter anderem über ‚Wissen und Gewissen‘ berichtet, wenn er im Ganzen von einer ‚sachfremden und von außen kommenden Sichtweise‘ spricht (a.a.O., S. 438). Allerdings scheint Baumgartner — was seine Äußerungen über Fichtes Verhältnis zur Französischen Revolution verraten — in bezug auf Fichtes Gesamtdenken zu jenen politischen Auslassungen zu neigen, in denen die Bedenklichkeit der neuen, von München ausgehenden Rezeption zu sehen ist.

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  67. Aus naheliegenden Gründen nicht in den Arbeiten, die aus der DDR stammen. Mit der großen Arbeit von Scholz; J. G. Fichtes ‚Staatssozialismus‘, Diss. Köln 1955, liegt eine Untersuchung vor, von der man sagen kann, daß sie das Problem des ‚Sozialisten‘ Fichte, d. h. seine ökonomischen Theorien in bezug auf seine Zeitgenossen sowie in bezug auf den späteren Sozialismus, voll ausdiskutiert hat. Die sich so positiv auswirkende Beschränkung auf das Ökonomische hat aber auch zur Folge, daß die politischen Dimensionen der Eigentumslehre nicht erörtert werden.

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  68. Roberto Torretti; Der systematische Aufbau des politischen Denkens Fichtes, Diss. Freiburg 1954.

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  69. Torretti, a.a.O., S. 20.

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  70. Ebda., S. 2.

    Google Scholar 

  71. Zeller, a.a.O., S. 166.

    Google Scholar 

  72. Torretti, a.a.O., S. 20.

    Google Scholar 

  73. Max Wundt, Fichte, Stuttgart 1925, S. 155.

    Google Scholar 

  74. Torretti, a.a.O., S. 177.

    Google Scholar 

  75. Richard Lösch; Die Theologie der Lehre Fichtes von Staat und Nation, Michelstadt 1957.

    Google Scholar 

  76. Lösch, a.a.O., S. 15.

    Google Scholar 

  77. Ebda., S. 7.

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  78. Richard Schottky; Untersuchungen zur Geschichte der staatsphilosophischen Vertragstheorie im 17. und 18. Jh., Diss. München 1963, S. 183.

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  79. J. L. Talmon; Die Ursprünge der totalitären Demokratie, Köln und Opladen 1961, S. 1/2.

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  80. Schottkys Verdienst um den Aufweis der totalitären Dimension der politischen Theorie Fichtes wird beeinträchtigt durch seine unpräzisen Vorstellungen von ‚totalitär‘. So benutzt er ‚total‘ und ‚totalitär‘ ungeschieden nebeneinander. Vgl. a.a.O., S. 173 ff. Zur Differenzierung der totalitären Tradition vgl. etwa Abschnitt III, 2d dieser Arbeit.

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  81. Bei dieser Art der Fragestellung wird es nicht ausbleiben können, den Wert einer FichteErneuerung »für das persönliche Leben« und für »das gesellschaftliche Leben« doch anders zu beurteilen als es bei Lauth geschieht. (Lauth; Die Bedeutung ... a.a.O., S. 262, vgl. Anm. 4, S. 2.) Einer Fichte-Erneuerung, besonders wenn sie über Fichte, den Phänomenologen der Subjektivität, hinaus will, kann nicht eindringlich genug die Frage nach der politischen Dimension dieses Denkens gestellt werden. 67 Daß die Relation auf die Revolution für das Verständnis des Denkens jener Zeit notwendig ist, zeigt an Hegel: Joachim Ritter; Hegel und die Französische Revolution, Köln und Opladen 1957. Fichtes großartige und historisch maßgebende Bestimmung der entfremdeten Subjektivität und ihrer Freiheit bedurfte der konkreten Vermittlung mit dem Allgemeinen in Recht und Staat. Das ist die Aufgabe, die Fichtes Denken immer wieder unternommen hat, ohne diese Vermittlung je zu erreichen.

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  82. Vgl. Arnold Gehlen; Über die Geburt der Freiheit aus der Entfremdung, Archiv für Rechts- und Sozialphil. Bd. XI, 1952/53, S. 338 ff.

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  83. Noch Schottky behauptet eine solche ‚radikale‘ Wandlung (a.a.O., S. 115), um dann vergeblich zu mutmaßen, was solchen radikalen Wandel verursacht haben möge (116).

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  84. Reiss, a.a.O., S. 178.

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  85. Zeller, a.a.O., S. 176.

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Willms, B. (1967). Einleitung. In: Die totale Freiheit. Staat und Politik, vol 10. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-02253-4_1

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