Zusammenfassung
Aber damit stehen wir noch keineswegs am Ende. Im Gegenteil meldet sich nunmehr die Frage, welche Folgen es für das Verständnis unserer Gleichniserzählung hat, wenn, wie es nachgewiesen werden konnte, deren Mitte durch eine förmliche Re-Investitur-Handlung gebildet wird. Es bleibt allerdings nicht bei dieser einen Frage. Zu ihr gesellt sich noch eine weitere von nicht geringerem Gewicht. Sie hat es ihrerseits mit der Herkunft des Gegenstandes bzw. des Motivs der Erzählung zu tun und läßt sich schon deshalb nicht beiseite schieben, weil die Erzählung zwar im Evangelium des Lukas als eine Erzählung Jesu begegnet, aber doch selbst dazu nötigt, damit zu rechnen, daß wir in ihr die Umbildung einer älteren Erzählung vor uns haben. Dafür spricht allein schon, also ganz abgesehen von der Re-Investitur in ihrem Zentrum, daß bei näherem Zusehen im Bilde des Vaters unverkennbar gewisse königliche Züge hervortreten144. So drängt die Erzählung vom Verlorenen Sohn selbst darauf geprüft zu werden, ob sie nicht eine Vorgeschichte hat und ob es nicht möglich ist, Licht in diese zu bringen.
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Literatur
So, sehr nachdrücklich, Jülicher, a. a.0., II, S. 349: „Der Zug wird überhaupt nur eingefügt sein, um für die in dem Entgegenlaufen usw. liegende stürmische Äußerung väterlicher Liebe Platz zu schaffen; im Grunde soll es heißen: sobald ihn sein Vater erblickte, wurde er von Mitleid überwältigt.“
Vgl. die Kommentare, aber auch etwa Jeremias, a.a.0., S. 131: „Das Gleichnis schildert in überwältigender Schlichtheit: So ist Gott, so gütig, so gnädig, so voll Erbarmen, so überfließend von Liebe.“
Man übersehe nicht, daß der Erzähler auch ganz anders hätte verfahren können. Er hätte nämlich durch einen Sklaven dem Vater die Nachricht von der Rückkehr und dem Zustand des Sohnes zukommen und ihn daraufhin aufstehen und dem Heimkehrer mit allen Zeichen der Liebe und des Erbarmens entgegengehen lassen können. Aber so — und das wäre sogar milieugerecht (vgl. oben S. 15) — verfährt er gerade nicht, und das schwerlich ohne Grund!
Ich halte die Verse 25ff. für einen ursprünglichen Teil der Erzählung. Vgl. dazu die kurzen, aber treffenden Bemerkungen von Rudolf Bultmann, Die Geschichte der synoptischen Tradition’, Göttingen 1931, S. 212.
Vers 31: „Mein Kind, du bist immer bei mir, und alles, was mein ist, ist dein.“
Das väterliche Testament hinsichtlich der Nachfolge, das dem Archelaos unter den Söhnen des Herodes endgültig den Vorrang gab, bedurfte noch der Bestätigung durch den Kaiser (Josephus, Antiquitates Judaicae 17, 195.202; vgl. De Bello Judaico 1, 669 nach 573), bevor es sich auswirken konnte.
Josephus, Antiquitates Judaicae 17, 205: Archelaos — nach seiner Selbstpräsentation vor dem Volk — V.i6açr EW xaT’ EÚWXtav Tpéne-rz6 (Ic’r TWV plAo v.
Vgl. den Text als solchen bei Alfred Adam, Die Psalmen des Thomas und das Perlenlied als Zeugnisse vorchristlicher Gnosis (= Beihefte zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche, 24), Berlin 1959, S. 49ff.; (Edgar Hennecke —) Nilhelm Schneemelcher, Neutestamentliche Apokryphen$ II, Tübingen 1964, S. 349ff. (Bearbeiter: Günther Bornkamm). Hier wie dort reichlich Literaturangaben!
Sie sind zusammengestellt von Joachim Jeremias, Zum Gleichnis vom verlorenen Sohn, in: Theologische Zeitschrift 5 (1949), S. 228ff. Vgl. schon oben S. 42 mit Anm. 117.
Vgl. dieselbe Einleitungsformel Luk. 10, 30; 12, 16; 14, 16; 16, 1.19; 19, 12. Fast alle diese Stücke gehören zum Sondergut des Lukas-Evangeliums.
Ähnlich steht es im übrigen mutatis mutandis Luk. 14, 16ff. neben Matth. 22, 2ff. hinsichtlich der hier wie dort bestimmenden Gestalt des Gastgebers.
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Rengstorf, K.H. (1967). Erwägungen zur Herkunft des Erzählungsstoffes. In: Die Re-Investitur des Verlorenen Sohnes in der Gleichniserzählung Jesu Luk. 15, 11–32. Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, vol 96. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-02219-0_8
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