Zusammenfassung
Gerne habe ich die Anregung unseres Kollegen Westermann aufgegriffen, in diesem Kreise über die Rechtsgestalt der Universität zu sprechen. Denn damit kommen Probleme zur Sprache, die uns alle, unabhängig von unserem Fachgebiet, angehen und bewegen, zumal die Fragen des Ob und Wie einer Neuordnung unseres Universitäts-Verf assungs-Rechts vielerorten, namentlich auch an den Universitäten unseres Landes, anstehen. Bei den Erörterungen hierüber wird es oft von den nicht-juristischen Kollegen peinlich empfunden, über die Grundzüge unseres Universitätsunterrichtes nicht hinreichend orientiert zu sein und die Konsequenzen nicht zu übersehen, die die eine oder andere Änderung im Gefolge haben würde. Das ist auch kein Wunder, denn das Universitätsrecht ist so wenig klar und übersichtlich, daß sogar sein Grundproblem, die Rechtsgestalt der Universität selbst, unter den Juristen seit langem kontrovers war und noch ist.
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Referenzen
Werner Thieme: Das deutsche Hochschulrecht, Berlin u. Köln 1956, ist inzwischen erschienen. Der Herr Verfasser hat mich schon vor der Drucklegung Einsicht nehmen lassen, wofür ich ihm sehr dankbar bin.
Die Besonderheiten des Universitätsrechts der westdeutschen Länder, einzelner Universitäten und der übrigen, gleichgestellten Hochschulen werden im folgenden meist außer Betracht gelassen.
Davon handelt ausführlich Abraham Flexner: Die Universitäten in Amerika. England, Deutschland, 1932.
Vgl. Thieme, a. a. O. Einleitung, und die dort Zitierten sowie Franz Schnabel: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert I. Bd., 3. 1947, S. 408–457: Wilhelm v. Humboldt und die Reform des Bildungswesens.
Darüber Hans J. Wolff: Begriff und Kriterium der Wahrheit = Gegenwartsprobleme des internationalen Rechts und der Rechtsphilosophie (Festschrift für Rudolf Laun zu seinem siebzigsten Geburtstag) 1953; S. 587–605. bes. S. 600 f.
Wegen alles weiteren zu Begriff, Wesen und Aufgabe der Hochschule sei auf Thiems Einleitung zu seinem Hochschulrecht verwiesen.
H. K. J. Ridders Mißverständnis, ich behaupte die Existenzmöglichkeit eines denkenden und meinenden Robinson ohne soziale Vergangenheit (in Neumann, Nipperdey, Scheuner: Die Grundrechte, II. Bd., 1954, S. 263 Anm. 70 a), wird durch das von mir a. a. O. S. 595 und 602 f Gesagte unzweideutig widerlegt.
Zum Verhältnis von Bildung und Recht vgl. ergänzend Thieme S. 205 ff.
Hans Gerber: Die Rechtsgestalt der Universität im Zusammenhang des staatlichen Lebens, 1933, S. 19 u. 22, sowie schon ders.: Von der Universität als wissenschaftlicher Gemeinde, 1927, S. 11, und Ernst E. Hirsch: Vom Geist und Recht der Universität, 1955, S. 19.
Dazu Thieme: Hochschulrecht S. 25 ff.
Nach § 1 des österreichischen Hochschul-Organisationsgesetzes vom 13. Juli 1955 (BGBl S. 818 ff.) sind die wissenschaftlichen Hochschulen Anstalten des Bundes mit beschränkter Rechtsfähigkeit bzgl. des Erwerbs von Schenkungen, Erbschaften und Vermächtnissen sowie des Beitritts zu Vereinen, deren Zweck die Förderung von Hochschulaufgaben ist. Nach § 2 nehmen die Hochschulen an der Verwaltung ihrer Angelegenheiten zum Teil in einem staatlichen, zum Teil in einem autonomen Wirkungsbereich teil.
Joseph Lameyer: Die juristischen Personen der katholischen Kirche, 1929, S. 107 ff., 187 f.
Otto Mayer: Deutsches Verwaltungsrecht II. Bd., 3. 1924, S. 338.
Walter Jellinek: Verwaltungsrecht, 3. 1931 u. 1945, S. 521.
Wilhelm Laforet: Deutsches Verwaltungsrecht, 1937, S. 197.
Hans Peters: Lehrbuch der Verwaltung, 1949, S. 413.
Ernst Forsthoff : Lehrbuch des Verwaltungsrechts I. Bd., 6. 1956, S. 421.
Kurt Egon von Turegg: Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 2. 1954, S. 409.
Erich Wende: Grundlagen des preußischen Hochschulrechts, 1930 S. 29f.
Vgl. hierzu besonders Köttgen: Freiheit der Wissenschaft und Selbstverwaltung der Universität (in Neumann, Nipperdey, Scheuner: Die Grundrechte II. Bd., 1954, S. 291–329). Thieme: Hochschulrecht 2. Kap., und Mangoldt-Klein: Das Bonner Grundgesetz, 2. seit 1955, zu Art. 5 Abs. III.
Das meint wohl auch Köttgen: Freiheit der Wissenschaft a. a. O. S. 325 f.
So Thieme: Hochschulrecht S. 108.
So Werner Weber: Artikel „Juristische Personen des öffentlichen Rechts” im Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, 9. Lieferung S. 450.
Hatschek: Verwaltungsarchiv 17 (1909) S. 320.
Graf: Württembergische Zeitschrift für Rechtspflege und Verwaltung 1912 S. 257.
Hubrich: Archiv des öffentlichen Rechts 38 (1918) S. 224 ff.
Die Alternative von „Anstalt“ oder „Genossenschaft“ (Arnold Köttgen: Deutsches Universitätsrecht, 1953, S. 34, ders.: Freiheit der Wissenschaft a. a. O. S. 327) ist also ebensowenig schlüssig wie eine Gleichsetzung von Genossenschaft und Körperschaft, s. z. B. oben Anm. 9.
Günther Holstein: Hochschule und Staat (Das akademische Deutschland III. Bd., 1930, S. 127).
Köttgen: Universitätsrecht, S. 44, 47 f. In „Freiheit der Wissenschaft“ a. a. O. S. 326 f vermeidet er eine Klassifizierung und beschränkt sich auf die Feststellung, die Universität sei weder „rechtsfähige Staatsanstalt im landläufigen Sinne” noch „öffentliche Genossenschaft“.
Gustav Boehmer: Grundlagen der bürgerlichen Rechtsordnung, I. 1950, S. 303.
Ernst E. Hirsch: a. a. O. S. 3 ff., 58 ff. u. pass.
Hans Schneider: Besprechung von Forstho ff : Lehrbuch des Verwaltungsrechts: Neue Juristische Wochenschrift 1954, S. 751.
Thieme: Hochschulrecht I 4 IV.
Die Gründe, die Thieme: Hochschulrecht S. 103 f. dafür anführt, daß § 67 II 12 ALR dahin zu verstehen sei, daß die Universitäten „privilegierte Korporationen im Sinne des prALR sind” haben mich nicht überzeugt. Auch Dorfgemeinden, Stadtgemeinden, Zünfte u. ä. waren im absoluten Staat nicht Korporationen, sondern hatten nur korporative Rechte. Es trifft auch nicht zu, daß die Universiäten „inmitten der anderen Korporaionen abgehandelt werden”. Vielmehr werden sie zusammen mit den Schulen behandelt, die zweifellos nicht Korporationen, sondern Anstalten waren und sind. In den folgenden Titeln ist von den Rechten und Pflichten des Staates die Rede. Schließlich besagen die Materialien zum ARL nichts, weil sie sich auf einen Text beziehen, nach dem Universitäten Korporationen sein sollten. Genau das ist aber nicht Gesetz geworden.
So das Hamburger Hochschulgesetz in § 5, die Verfassung der Freien Universität Berlin in § 1, die der Universitäten Heidelberg (§ 5), München (S 2) und Mainz sowie die der Technischen Hochschule Karlruhe (§ 2).
34a Das österreichische Hochschülerschaftsgesetz von 1950 (BGBl Nr. 174) hat alle ordentlichen Hörer und Hörerinnen österreichischer Staatsangehörigkeit sämtlicher österreichischer Hochschulen zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltungsrecht zusammengefaßt.
Hierzu ausführlicher Thieme: Hochschulrecht S. 91 ff.
Dies gegen Otto von Gierke: Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, 1887, S. 671, und ders.: Deutsches Privatrecht, I. Bd. 1895, S. 474.
So auch Werner Weber: Die Rechtsstellung des deutschen Hochschullehrers, 1952, S. 11, der von einem „Doppelwesen Staatsanstalt und wissenschaftlicher Personalkörperschaft“ spricht, ohne das näher auszuführen. — Der Verwaltungsgerichtshof zu Freiburg i. Br. kommt in seinem Urteil vom 12. 9. 1955 (Juristenzeitung 1956 S. 18–26) nach Untersuchung der Rechtsgeschichte der Universität Freiburg zu dem Ergebnis, „daß die korporative alte Grundordnung der deutschen Universitäten noch lebt, daß aber das Universitätsrecht durch die anstaltsrechtliche Ausgestaltung, die es im 19. und 20. Jahrhundert erfahren hat, noch von einem zweiten Rechtskreis erfaßt wird, und zwar vom Anstaltsrecht, wobei sich die Rechtskreise zum Teil überschneiden. Praktisch kommt den Universitäten nur noch ein Teil ihres ursprünglichen Wirkungskreises kraft Korporationsrecht zu, während ein anderer Teil des ehemaligen korporativen Wirkungskreises von den Universitäten heute funktionell als übertragener Wirkungskreis auf anstaltsrechtlicher Grundlage ausgeübt wird“. So „gelten im derzeitigen Universitätsrecht Korporations- und Anstaltsrecht nebeneinander”.
Köttgen: Universitätsrecht S. 34.
Thieme: Hochschulrecht S. 150, bezweifelt die Mitgliedschaft der Ehrensenatoren und behauptet die des Universitätsrates preußischen Rechts.
So Köttgen: Freiheit der Wissenschaft und Selbstverwaltung der Universität (Grundrechte II S. 323) bzgl. aller Universitäten.
Zum Begriffs. Wolff: Die Rechtsstellung der Beschlußausschüsse in NordrheinWestfalen = Karl-Arnold-Festschrift, 1955, S. 296 f.
Wegen des recht unterschiedlichen geltenden Rechts vgl. Thieme 8. Kap.
Zum recht unterschiedlichen geltenden Recht s. Thieme 11. Kap.
Vgl. Thieme S. 210 f.
Thieme: Hochschulrecht S. 36 ff., halt die Wiedergeltung der preußischen Universitätsverfassungen von 1923/31 für gewohnheitsrechtlich. Ich stütze sie auf „verf assunggestaltende Grundentscheidung“ und verweise deswegen auf meinen Beitrag zu der Gedächtnisschrift für Walter Jellinek: Forschungen und Berichte aus dem öffentlichen Recht, 1955, S. 47 ff.
Z. B. Wende: a. a. O. S. 26 ff.; Köttgen: Universitätsrecht S. 16 ff.
in einem unveröffentlichten Gutachten.
Ebenso Thieme: Hochschulrecht S. 83–86.
Ebenso Thieme: Hochschulrecht S. 31.
Insoweit stimmen Gerber: Stutentisches Diziplinarrecht = Deutsches Verwaltungsblatt 1954 S. 657 ff., ders.: Akademisches Disziplinarrecht = Die öffentl. Verwaltung 1955, S. 480 ff., und Scheuner: Rechtsgrundlagen des Hochschulrechts = Deutsches Verwaltungsblatt 1955 S. 137 ff. überein.
Hinsichtlich der Frage nach der Wiedergeltung des preußischen Gesetzes vom 29. 5. 1879 (GS S. 389) — so Scheuner mit dem Landesverwaltungsgericht Hannover v. 25. 3. 1954 (DVB1 1954, 680 ff.) — oder der Fortgeltung der Strafordnung für Studierende von 1935 (Die deutsche Hochschulverwaltung II. Bd. 1943 S. 353) ohne ihre nationalsozialistischen Gehalte pflichte ich Scheuncr und dem LVG Hannover bei, weil auch nach nationalsozialistischem Recht eine nicht qualifizierte Verordnung nur via facti nicht aber de jure imstande war, ein formelles Gesetz abzuändern. (Dazu Werner Weber: Die Verkündung von Rechtsvorschriften, 1942, bes. S. 28 ff.). Die von Gerber, DVB1 1955 S. 483, geschilderte Wiedereinführung der badischen Vorschriften über das akademische Bürgerrecht in der Fassung vom 23. April 1920 an der Universität Freiburg i. Br. beruhte auf „verfassunggestaltender Grundentscheidung” (s. o. Anm. 44).
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Wolff, H.J. (1956). Die Rechtsgestalt der Universität. In: Die Rechtsgestalt der Universität. Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, vol 52. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-02218-3_1
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