Zusammenfassung
Forschungsreisende erzählen, daß es in manchen Teilen Afrikas Negerstämme gibt, die für ihren Nachwuchs eigenartige Erziehungsmethoden besitzen. Wenn nämlich die Negerkinder ein gewisses Alter erreicht haben, werden sie ihren Eltern durch einen geheimnisvollen Ritus abgefordert, um eine Zeitlang von einer vollständig abgeschlossen lebenden Schar erwählter Greise erzogen zu werden. Kein Erwachsener darf das Leben und Treiben dieser alten Männer beobachten oder kritisieren. Der Zugang zu ihren tief im Urwald gelegenen Hütten wird mit Todesstrafe geahndet. Nur symbolisch verkehren sie mit ihren Stammesgenossen, indem sie von Zeit zu Zeit eine Tanzmaske schicken, aus deren rhythmischen Bewegungen eine alte, als heilig verehrte Frau die Forderungen der Männer erkennt und dem Stamme mitteilt. Stirbt einer der erwählten Greise, so erfährt niemand davon. Niemand vermag auch mit Bestimmtheit zu sagen, ob diejenigen Männer des Stammes, die eines Tages spurlos verschwunden sind, in der Wildnis umkamen oder oh sie als Auserwählte in den geheimnisvollen Verband der schwarzen Pädagogen berufen wurden. Und da niemand weiß, wer dem Kreise der alten Männer angehört, so ist ihr Dasein für die Außenwelt wie eine stets lebendig bleibende Sage, die die tröstende Gewißheit in sich birgt, daß ein Kreis von Auserwählten, die schon das Diesseits verlassen haben, im Verborgenen waltet, um nur noch für die da. zu sein, denen die Zukunft gehört. So treffen sich in jenem zeitlosen Bezirk diejenigen, die gehen, mit denen, die kommen; sie sehen sich gegenübergestellt und finden sich im tiefen Verstehen jener Weisheiten, die die alten Männer bewahren und weitergeben. Wenn die Jugend aus diesem mystischen Verbindungskreise zwischen Leben und Tod als für das Leben gereift heraustritt, dann schweigt sie von den Erlebnissen jener seltsamen Zeit, weil das Sprechen darüber verboten ist. Und in ihrem ferneren Leben begleitet sie das dunkle Bewußtsein einer im Verborgenen waltenden Kraft.
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Riekel, A. (1925). Abschließende Betrachtungen. In: Die Probleme der Lehrerbildung. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-02210-7_5
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-02210-7_5
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