Zusammenfassung
In der „Naturalis historia„ des älteren Plinius (35,93) wird unter den im kaiserlichen Rom ausgestellten Meisterwerken griechischer Malerei ein Gemälde des Hofmalers Alexanders d. Gr., des Apelles, erwähnt und kurz charakterisiert, auf dem der jugendliche Welteroberer dargestellt war, wie er im Wagen eines Triumphators als Weltensieger daherzog; auf dem Bilde konnte man zugleich den Dämon des Krieges („Belli„) sehen, dessen Hände wie bei einem Gefangenen auf dem Rücken gefesselt waren. Das Kunstwerk erhielt zusammen mit einer weiteren Schöpfung des gleichen Meisters, die ebenfalls Alexander zeigte, aber diesmal zusammen mit der Siegesgöttin und den Dioskuren, von Augustus in Rom einen Platz an der besuchtesten Stelle seines neuen Forums. Der Zusammenhang zwischen beiden künstlerischen Kostbarkeiten und dem Programm des bewaffneten Weltfriedens als Kern der Politik des ersten Princeps liegt auf der Hand, galt doch die Pax Augusta als die Erfüllung dessen, was die Kulturmenschheit längst ersehnte, was aber für die Zeit des Apelles und Alexander notgedrungen Ideal bleiben mußte 1. Wenn Claudius später auf beiden Gemälden das Gesicht Alexanders durch das des Augustus ersetzen ließ, so bedeutete das nur ein vergröbertes Verfahren zum Zwecke der Sichtbarmachung der erwähnten Beziehungen zwischen griechischer Vergangenheit und römischer Gegenwart.
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Referenzen
Vgl. jetzt auch G. A. Lehmann, Tacitus und die „imitatio Alexandri„ des Germanicus Caesar, in: Politik und literarische Kunst im Werk des Tacitus, hrsg. von G. Radke (1971), S. 23 ff.
Plut. mor. 360 D. — Daß Alexanders Hofbiograph Kallisthenes ihm — einem Sterblichen — bereits Agis und Donnerkeil zugebilligt habe, tadelte Timäos (Polyb. 12, 12b 3).
Man erinnere sich an seinen von Plutarch (De Alexandri Magni fortuna 2,2 — Mor. p. 335A) zitierten Ausspruch, es gebe zwei Alexander: den unbesiegbaren Sohn Philipps und den unnachahmlichen des Apelles.
H. Brunn, Geschichte der griechischen Künstler 2,1 (1856), S. 270.
A. a. O.
Plut. Alex. 27; s. u. S. 22.
So sieht ihn z. B. das 1. Buch Makkabäer (1,1–8) neben der alexanderfeindlichen Überlieferung.
Dieser Tatbestand ist um so befremdender, als bereits 1947 ein Forscher vom Range W. W. Tarns (Alex. d. Gr., 1947, Neuausgabe 1968, S. 821) erklärte: „Alexander hätte, wenn er länger gelebt hätte, versucht, etwas zu tun, den Krieg zu ächten!„
Hierher schien auch zu gehören, daß Alexander selbst (worauf V. Ehrenberg in der Festschrift für M. Winternitz, 1933, S. 295 f., hinwies) manche Unternehmungen, wie den Übergang über die Donau, die Ausfahrt in den Indischen Ozean etc., als Auswirkungen einer ihn treibenden „Sehnsucht„ bezeichnete (vgl. die Literaturangaben bei G. A. Lehmann, a. a. O., S. 24, Anm. 3). Mit Recht hat jetzt K. Kraft (s. u. S. 13), S. 81 ff., dagegen protestiert, von hier aus auf eine Irrationalität des gesamten Handelns Alexanders zu schließen. Seine Argumentation verdient sorgfältige Beachtung.
Fr. 68 D (180 f. V.).
Zeitschrift 195 (1962), S. 267.
Diese Auffassung wurde besonders nachdrücklich von R. Laqueur in seiner Gießener Rektoratsrede von 1924 vertreten. Sie begegnet seltsamerweise wieder in dem auch sonst merkwürdig rückständigen, von E. Badian verfaßten Artikel ,Alexander III. d. Gr.„, Artemis-Lexikon der Alten Welt (1965), S. 108, ohne Begründung, also als bloße Meinungsäußerung des Verfassers.
Favorin bei Diogenes Laertius 3,25.
Vgl. die Bemerkung von H. Dörrie in dem von R. Stiehl und G. A. Lehmann herausgegebenen Sammelwerk „Antike und Universalgeschichte„ (Fontes et Commentationes, Suppl.-Bd. 1, 1972), S. 150. Vielleicht darf man zum Vergleich Montesquieus Lettres persanes heranziehen, in denen die Kritik des Autors an den Zuständen seiner Zeit in Frankreich Orientalen in den Mund gelegt ist.
Polyb. 8, II, 1 = fr. 26 b F. Jacoby, Die Fragmente der griech. Historiker. 2 B (1927), S. 541.
H. U. Instinsky, Alexander der Große am Hellespont (1949), S. 10: „Sein Zug nach Osten weit über die Grenzen der den Griechen damals bekannten Welt hinaus ist ein geschichtlicher Vorgang, der von einer elementaren Kraft vorangetrieben zu sein scheint. Diese Kraft setzt um so mehr in Erstaunen, als sie in der Person eines einzigen beruht, allein in der Person Alexanders.„
Natürlich gemessen am Erdbild der Zeit; vgl. den Versuch einer Rekonstruktion der Weltkarte des Eratosthenes im Westermann-Atlas S. 22, in die der Umfang des Alexanderreiches eingezeichnet ist.
Der korrekte Arrian (2,25) hat diese Erzählung der sog. Vulgatüberlieferung (vgl. sein Proömion § 3) entnommen und sie damit als nicht unglaubwürdig bewertet. In der Tat entspricht der Dialog ganz dem, was wir sonst von Alexanders geistiger Haltung wissen.
Ed. Meyer, Blüte und Niedergang des Hellenismus in Asien (1925), S. 20 f. Er fügte hinzu : „Seltsamerweise wird gerade sie, obwohl sie alle anderen überragt, in den populären Darstellungen in der Regel vergessen.„ (Wiederabdruck in F. Altheim u. J. Rehork, Der Hellenismus in Mittelasien, Wege der Forschung 91, 1969, S. 29.)
S. die Abbildung bei M. Wheeler, Flammen über Persepolis (dtsche. Ausgabe 1969), S. 130. — Als Beispiel „politischer„ Architektur in unseren Tagen darf der Wiederaufbau der Innenstadt von Warschau in „westlichem„ Stil genannt werden.
Es begegnet namentlich im neugeschaffenen Buddhabild, bei dem der hellenisierende Gandhâratypus und der orientalisierende von Mathurâ von früh an nebeneinanderstanden. — Wheelers Auffassung auf S. 127 ff. über die stilbildende Rolle angeblich durch Alexander stellungslos gewordener persischer Künstler in dem nie völlig hellenisierten Asien stößt schon chronologisch auf Schwierigkeiten.
Vgl. oben S. 10, Anm. 16.
Vgl. Diodor 17, 1, 3 f.
F. Hampl („La nouvelle Clio” 6, 1954, S. 131) sieht in den Vorgängen innerhalb der beiden Jahre Belege für seine Auffassung, daß Alexanders Entschlüsse „weit weniger in nüchtern-rationalen Erwägungen wurzelten als vielmehr in seelischen und emotionalen Gegebenheiten„; die Entscheidung, dem Darius Zeit zu neuer Rüstung zu lassen, „fällte er ganz klar gegen die Stimme der Vernunft„. Aber die gleichzeitige Verdrängung der mächtigen Perserflotte vom Meer durch systematische Einnahme ihrer Häfen und Stützpunkte vom Lande her, das „gigantische Manöver„, wie es J. Kromayer genannt hat (Heerwesen und Kriegführung der Griechen und Römer, 1928, S. 157), ist etwas erstaunlich Rationales — d. h. Verantwortungsbewußtes — gewesen. Und daß die „agonale„ Auffassung seines Kampfes gegen Darius III. eine sehr rationale Seite hatte, zeigen Alexanders Ausführungen vor seinen Truppenführern am Vorabend von Gaugamela (Plut. Al. 31 Schluß; Arr. 3, 10). Auch sein Zug zum Zeus Ammon muß in dieser Sphäre gesehen werden, wie sein Gebet vor der Schlacht (Plut. Al. 33 nach Kallisthenes) zeigt. — Im übrigen vgl. jetzt Krafts nachgelassene Studie mit dem bezeichnenden Titel: der „rationale„ Alexander (Frankfurter Althistor. Studien 5., 1970); in ihr ist eine höchst dankenswerte und m. E. weithin überzeugende Auseinandersetzung mit der gegenteiligen Auffassung vorgelegt worden.
In derselben Arbeit ist auf S. 11–42 die angebliche Mitwisserschaft Alexanders an der Ermordung seines Vaters so schlüssig widerlegt worden, daß es überflüssig ist, hier nochmals auf diese zu Unrecht immer wieder diskutierte Frage einzugehen.
Für die Größe ihrer Leistung sind die Berechnungen des Grafen York v. Wartenburg, nach denen das Heer vom Aufbruch aus Makedonien bis zum Hyphasis etwa 18 000 km zurückgelegt hat, ein Maßstab; vgl. H. Bengtson, Griechische Geschichte, 4. Aufl. (1969), S. 352. — Wenn man jemals Grund hatte, neben den großen Persönlichkeiten auch des sog. kleinen Mannes zu gedenken, ohne den die Leistungen der „Herren„ ja nie möglich waren und sind, so gilt das für die Geschichte Alexanders d. Gr. in besonderem Maße.
Demgemäß sind in einem Teil unserer Überlieferung Legenden eingefügt, die an Erlebnisse und Taten Achills erinnern, wie das Zusammentreffen Alexanders mit der Amazonenkönigin u. a.; s. E. Mederer, Die Alexanderlegenden bei den ältesten Alexanderhistorikern (1936).
Sein Wert für die historische Erkenntnis liegt bekanntlich darin, daß er aus der reichen, ihm bekannten Alexanderliteratur mit sicherem Blick und treffender Motivierung die anspruchsvollen Werke zweier Teilnehmer am Alexanderzuge, die des späteren Königs von Ägypten, Ptolemäos’ I., und des Aristobul als tatsachentreue Darstellungen ersten Ranges zur Grundlage für seine eigene Alexandergeschichte erhob und daß er im Vorwort seines Werkes dem Leser gewissenhaft darüber Auskunft gibt, woher er seine Kenntnisse nahm. „Wenn das Bild des weltbezwingenden Königs der Nachwelt im Nebel des Romans nicht verschwommen ist, wenn wenigstens die Umrisse noch deutlich hervortreten, so hat nicht nur ein glücklicher Zufall, sondern vor allem die wackere, kernige Persönlichkeit des bithynischen Römers ... das Verdienst„: Ed. Schwartz, Paulys Realenzyklop. 2,1 (1895), Sp. 1287, s. v. Arrianus 9; dazu Ed. Meyer, Hermes 33 (1898), S. 648 ff.
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Stier, H.E. (1973). Alexanders d. Gr. weltgeschichtliche Bedeutung. In: Welteroberung und Weltfriede im Wirken Alexanders d. Gr.. Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften, vol 187. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01828-5_1
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