Zusammenfassung
Mitglieder der Sozialwissenschaftlichen Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg haben von Oktober 1978 bis September 1980 im Auftrag des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung eine repräsentative Untersuchung zur Kündigungspraxis und zum Kündigungsschutz in der privaten Wirtschaft1) der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt.2) Ihrem rechtspolitischen Verwertungszusammenhang entsprechend, war die Untersuchung im Kern auf die einzelnen rechtlichen Schaltstellen bei der Behandlung eines Kündigungsfalles abgestellt und konnte nur teilweise auf die Besonderheiten des Einzelfalles und auf individuelle Motivationen oder Betroffenheiten eingehen. Vor allem konnten neben den rechtlich kategorisierbaren Schritten informelle Maßnahmen nicht genügend in die Untersuchung einbezogen werden.
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Anmerkungen
Ausgeschlossen sind u.a. Einrichtungen des Bundes und der Länder, Gebietskörperschaften, Sozialversicherungen, Eisenbahnen, Bundespost, Einrichtungen ohne Erwerbscharakter. Im so abgegrenzten Bereich waren 1978 16,6 Mill. von insgesamt 20,2 Mill. sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern beschäftigt.
Die gesamte Studie ist in der Reihe “Forschungsberichte” des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung unter dem Titel J. Falke, A. Höland, B. Rhode, G. Zimmermann, Kündigungspraxis und Kündigungschutz in der Bundesrepublik Deutschland. Eine empirische Untersuchung, durchgeführt vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, Hamburg (Sozialwissenschaftliche Forschungsgruppe), Bonn 1981, veröffentlicht.
Die hiernach in den Arbeitsamtsbezirken Heide/Neumünster, Hamburg, Bochum/Dortmund, Göppingen/Reutlingen, Deggendorf/Schwandorf/Passau gebildeten Stichproben wurden so ausgewählt, daß sie zusammengenommen im wesentlichen die Strukturmerkmale aller Betriebe der privaten Wirtschaft in der Bundesrepublik ermöglichten. Andererseits sollten Differenzierungen nach der jeweiligen besonderen regionalen Arbeitsmarktlage und der lokalen wirtschaftlichen Struktur getroffen werden. Bei der Datenauswertung zeigte sich allerdings, daß die Regions-Variable kaum Einfluß auf das untersuchte Verhalten von Unternehmen, Betriebsräten oder Arbeitnehmern hatte.
Unternehmen gaben allgemeine Informationen zu ihrer Personalpolitik, insbesondere zu Kündigungen. 445 weitere Unternehmen analysierten nach einem vorgegebenen Schema insgesamt 445 Kündigungen, die mit dem Verhalten bzw. der Person des Arbeitnehmers begründet wurden, und 359 Kündigungen, zu deren Begründung dringende betriebliche Erfordernisse angeführt wurden.
Jahresbericht 1978/79 des Verbandes der Vereine für Creditreform e.V., S. 5. Die Angabe bezieht sich auf den Zeitraum vom 1.3.1978 bis zum 28.2.1979.
Betrug die Arbeitslosenquote im Durchschnitt des Jahres 1978 noch 4,8%, so erreichte sie 1981 schon einen Wert von 5,5% und überstieg Anfang 1982 gar die 8%-Grenze.
Von 386 analysierten Tarifverträgen, die für Arbeiter und Angestellten gelten, sehen nur 28 (7,2%) hinsichtlich der Kündigungsfristen eine Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten vor.
Bezieht man die konkursbedingten Kündigungen mit ein, ergibt sich für die betriebsbedingten Kündigungen ein Anteil von 46%, für die Kündigungen aus Gründen in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers ein Anteil von 54%.
Vgl. dazu im einzelnen die Ausführungen bei Tabelle 6.
Vgl. zu krankheitsbedingten Kündigungen im einzelnen den Beitrag von G. Zimmermann in diesem Band.
Vgl. hierzu das von der baden-württembergischen IG-Metall veröffentlichte Rundschreiben eines Arbeitgeberverbandes der Metallindustrie, in dem die 41 Empfehlung ausgesprochen wird, einen Arbeitnehmer nach dreimaligem unentschuldigtem Fernbleiben - bei jedem einzelnen Mal soll sofort eine Verwarnung ausgesprochen werden - zu entlassen. Der Belegschaft “sei das Bewußtsein zu vermitteln, daß Fehlzeiten auch zu Lasten der Arbeitskollegen gehen und damit unsozial sind”
vgl. Frankfurter Rundschau vom 18.9.1980, S. 1.
Vgl. dazu im einzelnen die Ausführungen bei Tabelle 6.
Über den Zusammenhang zwischen den Arbeitsbedingungen und dem Gesundheitszustand der Beschäftigten heißt es im Schlußbericht einer 1969/70 im Rahmen der gesetzlichen Krankenkassen durchgeführten Vorsorgeuntersuchung: “Je größer der Beschäftigungsbetrieb, je schwerer die körperliche Arbeit, je belastender die Arbeitszeitregelung und die betriebliche Situation, um so schlechter die durchschnittliche gesundheitliche Verfassung der so charakterisierten Arbietnehmer.” Vgl. Modell einer allgemeinen Vorsorgeuntersuchung der gesetzlichen Krankenkassen in Baden-Württemberg, Schlußbericht, S. 27.
H. Däubler-Gmelin, Frauenarbeitslosigkeit oder Reserve zurück an den Herd!, Reinbek 1977, S. 88–95;
H. Friedrich, J. Lappe, J. Schwindhammer, Wegehaupt-Schneider, Frauenarbeit und technischer Wandel, Frankfurt 1973, S. 56 f.;
H. Seifert, Frauenarbeit - eine disponable Arbeitskräftereserve?, in: H. Seifert, D.B. Simmert (Hg.), Arbeitsmarktpolitik in der Krise, Köln 1977, S. 39–56 (42 f.);
J. Peikert, Frauenarbeit - Proletarisierung auf Widerruf?, in: C. Offe (Hg.),. Opfer des Arbeitsmarktes. Zur Theorie der strukturierten Arbeitslosigkeit, Neuwied, Darmstadt 1977, S. 63–92 (75 f.);
M. Dobberthien, Probleme der Frauenarbeitslosigkeit, dargestellt am Beispiel Baden-Württembergs, WSI-Mitteilungen 1971, S. 619–538 (534 f.).
Vgl. F. Weitz, Betriebliche Beschäftigungspolitik und Verhalten der Arbeitskräfte, Gewerkschaftliche Monatshefte 1976, S. 9ff., wonach Frauen häufig nicht zur Stammbelegschaft, sondern zur je nach Bedarf gebildeten Randbelegschaft gehören.
Zur strukturellen Benachteiligung von Frauen bei der Sozialauswahl vgl. auch Däubler-Gmelin, a.a.O. (Anm. 14), S. 98 f.
Bei den Bezugswerten ist jeweils nicht berücksichtigt, daß etwa in einem Drittel der 216 Kündigungsfälle keine Sozialauswahl getroffen zu werden brauchte.
Autorengemeinschaft, Zur Beschäftigungslage der Angestellten, Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 1976, S. 302–313; U. Briefs, Der Wandel in den Büros. Auswirkungen von Krise und Arbeitslosigkeit auf die Angestellten und die Büroarbeit, WSI-Mitteilungen 1977, S. 223–231; U. Briefs, Arbeitslosigkeit unter Angestellten, Aspekte einer langfristigen Krisenentwicklung in der BRD, in: Seifert, Simmert, a.a.O., (Anm. 14), S. 68–83; D. Noth, W. Oehl, G. Trautwein-Kalms, Angestellte - bevorzugtes Objekt der neuen Rationalisierungswelle, Gewerkschaftliche Monatshefte 1977, S. 359–368; W. Oehl, Rationalisierung in Büro und Verwaltung, Die Quelle 1977, S. 67 ff.
Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Cronenberg, Bundestagsdrucksache 8/4474, S. 14, unter Bezugnahme auf die Repräsentativstatistik der beim Bundesverband der Ortskrankenkassen eingerichteten Verbindungsstelle “Krankenversicherung”. Vgl. weiter den Beitrag von G. Zimmermann in diesem Band.
Vgl. hierzu den “Berliner Trichter” von H. Rottleuthner, Probleme der Bedeutung von Arbeitsgerichtsverfahren, in: Interaktion vor Gericht, Baden-Baden 1978, S. 109–131 (129).
Die Angaben zum klaglosen Akzeptieren einer Kündigung und zu der mit einer Klage in erster Linie verbundenen Zielsetzung beruhen allein auf Angaben gekündigter deutscher Arbeitnehmer.
Zur Begründung des Klageverzichts waren Mehrfachnennungen zugelassen.
Vgl. allgemein zur gerichtlichen Abwicklung von arbeitsrechtlichen Streitigkeiten E. Blankenburg, S. Schönholz, R. Rogowski, Zur Soziologie des Arbeitsgerichtsverfahrens, Neuwied, Darmstadt 1979 und K. Feser u.a., Arbeitsgerichtsprotokolle, 2. Auflage, Neuwied, Darmstadt 1982.
E. Blankenburg, Mobilisierung von Recht. Über die Wahrscheinlichkeit des Gangs zum Gericht, die Chance des Erfolgs und die daraus folgenden Funktionen der Justiz, Zeitschrift für Rechtssoziologie 1 (1980), S. 33–64 (58).
Versäumnis-, Anerkenntnis-, Verzichtsurteil, Verbindung mit einer anderen Klage, Weglegen wegen Nichtweiterbetreibens der Klage.
Bei den klagestattgebenden Urteilen, die die Nichtauflösung des Arbeitsverhältnisses feststellen, beträgt die Berufungsquote 49%, bei den klageabweisenden Urteilen, die die Auflösung des Arbeitsverhältnisses feststellen, nur 2896. In Kündigungssachen werden 62% der Berufungen von Arbeitgeberseite eingelegt, 36% von Arbeitnehmerseite, 2% von beiden Parteien.
Dem mit der Sache befaßten Richter wurde folgende Frage vorgelegt: “Wenn es nicht zum Vergleich gekommen wäre, wäre die Kündigung dann nach dem Stand der Erörterungen voraussichtlich als wirksam angesehen worden?”
Der abfindungsgleiche Effekt kommt dadurch zustande, daß der Arbeitnehmer regelmäßig durch die Hinausschiebung des Zeitpunktes für die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses Lohn-bzw. Gehaltsansprüche erwirbt, ohne dafür eine Gegenleistung erbringen zu müssen.
Wegen der asymmetrischen Verteilung der Abfindungssummen wurde der Median genommen, nicht das arithmetische Mittel.
Nach § 10 KSchG ist im Auflösungsurteil die Abfindungssumme in Monatsverdiensten unter Berücksichtigung von Lebensalter und Dauer der Betriebszugehörigkeit festzusetzen.
Zur bevorzugten Auswahl prägnanter Marken eines Alternativenkontinuums in der ordentlichen Gerichtsbarkeit R. Lautmann, Justiz - die stille Gewalt, Frankfurt 1972, S. 121–125.
Hierzu ausführlich der Beitrag von A. Höland in diesem Band.
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Falke, J. (1983). Kündigungspraxis und Kündigungsschutz. In: Ellermann-Witt, R., Rottleuther, H., Russig, H. (eds) Kündigungspraxis, Kündigungsschutz und Probleme der Arbeitsgerichtsbarkeit. Beiträge zur sozialwissenschaftlichen Forschung, vol 45. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01695-3_2
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