Zusammenfassung
In der vorindustriellen Epoche Europas war die Kirche die Institution, die legitimiert war, das öffentliche Leben zeitlich zu gliedern und mit Sinn zu versehen. Zahlreiche Deutungen der Tage und Jahresabschnitte (Tage der Heiligen, Kirchenjahr) und hierbei wieder zahlreiche Feiertage machten den Jahresverlauf zu einer überschaubaren Abfolge sinnlich wahrnehmbarer Ereignisse. Dasselbe gilt für die Gliederung der Woche oder des Tages durch Gebetszeiten (Schreiber 1959; Zerubavel 1985). Die zeitliche Gliederung der Gesellschaft leitete sich also von der kultischen und religiösen Deutung des Lebens und seiner Abschnitte durch eine monopolistische Instanz her und entsprach damit den Herrschaftsstrukturen der Epoche. In diesem Sinne war die geltende Zeitordnung eine politische Rahmensetzung. Ebenso aber war sie durch natürliche Vorgaben, durch die Rhythmen von hell und dunkel, durch die jahreszeitlichen Veränderungen, durch Ernte- und Fütterungszeiten etc. bestimmt. Der kirchlichen Sinngebung war es gelungen, natürliche und kultische Begründungsmuster innerhalb eines zeitlichen Gesamtrahmens zu integrieren. Sie konnte nicht zuletzt hierdurch ihre Kompetenz in bezug auf die Gestaltung und Deutung von Zeitstrukturen lange bewahren.
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Rinderspacher, J.P. (1990). Arbeit und Zeitpolitik. In: König, H., von Greiff, B., Schauer, H. (eds) Sozialphilosophie der industriellen Arbeit. LEVIATHAN Zeitschrift für Sozialwissenschaft, vol 11. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01683-0_22
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