Zusammenfassung
Meine Überschrift ist natürlich nicht ernst gemeint. Ich weiß, daß Frauen arbeiten. Alle wissen, daß Frauen arbeiten. Aber trotzdem, so meine erste These, gilt das, was Frauen tun, weniger als Arbeit als das, was Männer tun. Johanna von Koczian sang vor einigen Jahren: „Das bißchen Arbeit, sagt mein Mann ...“. Hausarbeit firmiert in diesem Schlager zwar als bißchen Arbeit, aber immerhin als Arbeit. Es geht auch anders. Auf die Frage: „Was arbeitet deine Mutter?“ geht uns, wenn sie Hausfrau ist, leicht die Antwort: „Nichts“ über die Lippen. Denn Arbeit ist Erwerbsarbeit. Der mainstream der Wissenschaften geht von dieser Annahme aus, und dieses wissenschaftliche Vorverständnis korreliert im Alltäglichem damit, daß wir unter Arbeit primär Erwerbsarbeit verstehen. Hausarbeit als die Sorte Arbeit, die primär Frauen verrichten, bleibt mehr oder weniger außerhalb gesellschaftlicher, politischer, wissenschaftlicher Aufmerksamkeit. Der Umkehrschluß liegt auf der Hand: Frauen haben eine geringere Nähe zu Arbeit, Frauen werden weniger mit Arbeit konnotiert, Arbeit ist etwas, das eher das Leben von Männern prägt. Als eine Berliner Brauerei mit dem Slogan ‚Nach getaner Arbeit‘ warb, waren die, deren Feierabend auf den Plakaten mit einem Bier anfing, Männer. (Daß das insofern richtig ist, als für die Mehrzahl der erwerbstätigen Frauen letztlich die Arbeit nie getan ist, weil immer noch Hausarbeit auf sie wartet, die ja strukturell nie zu Ende ist — der gespülte Teller wird wieder schmutzig —, steht auf einem anderen Blatt.)
Für Anregungen und Kritik danke ich Lisa Heidenreich und Thomas Schmid.
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Schmid, P. (1990). Warum Frauen nicht arbeiten und was das mit der Arbeit der Männer zu tun hat. Arbeit in der bürgerlichen Geschlechtertheorie. In: König, H., von Greiff, B., Schauer, H. (eds) Sozialphilosophie der industriellen Arbeit. LEVIATHAN Zeitschrift für Sozialwissenschaft, vol 11. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01683-0_13
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