Zusammenfassung
Die Darstellung der für den psychischen Apparat maßgeblichen Ebenen über die Systeme unbewußt, vorbewußt und bewußt mit den Instanzen von Es, Ich und Über—Ich genügt allein nicht, um eine psychoanalytische Kriminologie einsichtiger und anschaulicher zu machen. Dazu ist es vielmehr notwendig, die Triebkräfte, Wirkweisen und Mechanismen zu betrachten, die die verhaltensbestimmenden Reaktionen auslösen. Im wesentlichen bilden alle Teile des psychischen Apparates ein strukturelles Ganzes, wobei jede Herauslösung — so notwendig wie sie für eine Einzelbetrachtung auch sein mag — verzerren muß. Kräfte, Wirkweisen und Mechanismen bringen jedoch die Einzelstücke wieder zusammen, um sie in ihren Abhängigkeiten und Reaktionen zueinander, auch zur Außenwelt, zu durchschauen. Der gesamte psychische Apparat ist nur in seiner Einheit dynamisch wirksam. Der Mensch ist nicht das Ergebnis aus der Addition, sondern eine Struktur seiner Eigenschaften.
Gäbe es keine Verbrecher und keine Verrückte (es gibt sie), man müßte sie als legitime Aggressionsobjekte zur kollektiven Triebabfuhr erfinden.
Friedrich Hacker
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Literatur
Vgl. Hoeveler, H.J., In: Schriftenreihe des Bundeskriminalamtes, 1967/1–3
Die Entstehung dieser Triebtätergesetze, in zwölf Staaten der USA und im Distrikt Columbia erlassen, ist Resultat einer diffusen emotionalen Verbrechensangst gewesen, zu der insbesondere die Medien beigetragen haben. Zur Entstehungsgeschichte vgl. Sutherland (1950): The diffusion of sexual psychopath laws.
Nach Freud setzt sich der Sexualtrieb aus verschiedenen Komponenten, d.h. sogenannten “Partialtrieben” (z. B. Sadismus), nicht-genitalen sexuellen Impulsen, zusammen. Die Summe aller indifferenzierten prägenitalen Triebe wird als “polymorph pervers” bezeichnet. Das Kind bleibt somit lange Zeit in diesem Zustand, auch wenn seine anfangs auto-erotischen Impulse sich anderen Personen zuwenden. Die sexuelle Reife wird erst nach einer sehr komplex-komplizierten Triebentwicklung erreicht, wenn alle “Partialtriebe” unter das “genitale Primat” integriert sind.
Noch 1909 konnte sich Freud nicht in seiner “Analyse der Phobie eines fünfjährigen Knaben” (des kleinen Hans) dazu entschließen, “einen besonderen Aggressionstrieb neben und gleichberechtigt mit den uns vertrauten Selbsterhaltungs-und Sexualtrieben anzunehmen” (1909).
Hans W. Gruhle (1956) unterscheidet in einer psychologisch ortientierten Tätertypologie den “Verbrecher aus Leidenschaft” von den Typen der “Verbrecher aus Neigung, aus Schwäche und aus Ehre und Überzeugung”.
Zu den anderen gehören: Adolf Meyer, Harry Stack Sullivan, Frieda Fromm-Reichmann und Theodore Lidz, erwähnt bei Fromm (1977).
Die Frustrations-Aggressions-Hypothese von Dollard ist weniger als Gegensatz zum Freudschen Konzept der Aggression als Trieb zu sehen, sondern eher komplementär als modifizierte Ausgestaltung von Aggressionsbildung.
Das Forscherehepaar S. und E. Glueck hat jeweils eine Gruppe krimineller Jugendlicher und eine nichtkriminelle Kontrollgruppe mit annähernd gleichem Intelligenzquotienten aus gleichem Milieu im selben Alter unter Berücksichtigung kriminalprognostischer Faktoren aus der Familien-und engeren Lebenssituation untersucht. Die Ergebnisse haben die Gluecks in ihrem grundlegenden Werk (1950) “Unraveling Juvenile Delinquency” (Enträtselung der Jugendkriminaltät) in Cambridge, Massachusetts, erstmals veröffentlicht.
F. R. Schreiber (1985) berichtet in ihrem Buch “Der Mörder” von ihren Untersuchungen über einen von “Dämonen” besessenen Gewaltverbrecher. In weit über tausend Interviewstunden in über sechs Jahren zeichnet sie das Bild eines Lebens nach, das sich schicksalhaft auf die Tragödie hin entwickelt hat.
Nach Emile Durkheim ist der Verbrecher ein Wirkungsfaktor des sozialen Lebens und Vorläufer des sozialen Wandels.
Die Fall-und Lebensdaten sind in stark gekürzter Form der Veröffentlichung von Kriminaldirektor Neukirchner (Stuttgart) in “Neues Polizeiarchiv”, Kriminalistik/Kriminalphänomenologie, Juni 1957, entnommen worden. Das Opfer wurde am 22.11.1955 (Tattag), gegen 19.20 Uhr, ertrunken im Rechen eines Elektrizitätswerkes entdeckt.
Vgl. Kap. 8.2 Das Symboldelikt und die kriminelle Fehlhandlung
Bei Gericht und Staatsanwaltschaft gingen etliche Adoptionsanträge ein. Viele schoben den Eltern die Schuld zu und bemitleideten Jolantha.
Die kindliche Vorstellung von Tod beschränkt sich auf bloßes “Weg-sein”.
Freud (1914) hielt den Narzißmus für das Schicksal der dem Objekt entzogenen Libido bei der Schizophrenie.
Rambo ist ein amerikanischer aggressiver Filmheld der 80er Jahre, dargestellt von Sylvester Stallone. In einer Reihe von Filmen zeigt er sich als omnipotenter brutaler Einzelkämpfer im Nachkriegsvietnam, um das amerikanische Trauma von einem verlorenen Krieg zu kompensieren.
Vgl. Kap. 8.4 Die Massentötung von Jonestown
In: Schreiber, F.R. (1986)
Körperausscheidungen werden magische Kräfte unterstellt. U.a. sollen Kot, Urin und Spucke Gefahren bannen.
Phobie ist die Angst davor, einer bestimmten Situation nicht gewachsen zu sein, z. B. die Angst davor, über die Straße zu gehen, Fahrstuhl zu fahren, oder die Angst vor Schmutz oder einem Tier (Spinne). Die Gefahr wird auf ein symbolisches Objekt übertragen. Vgl. Kap. 5.8 Monomanien und Phobien
Der Paranoia-Begriff ist heute für neurotische Wahnbildungen gebräuchlich. Im psychotischen Bereich ist dagegen nur von paranoider Schizophrenie die Rede.
Vgl. Kap. 5.3 Monomanien und Phobien
Vgl. Kap. 7.3 Der Ödipuskomplex
Die Analyse soll allerdings recht oberflächlich gewesen sein und wurde von Ernst Hatter (1930), einem Schweizer Strafrechtler, abgelehnt.
Es handelt sich um einen von 21 Punkten, in denen Miller die Einsichten in die tatsächliche Situation des Kindes zusammenfaßt. U. a. auch abgedruckt in: Miller, A.: Das Drama des begabten Kindes, Frankfurt, 1986.
Unter solchen Praktiken ist der fetischistische Wäschediebstahl (sexuelle Reizwäsche) besonders häufig. Sowohl die Reizwäsche als auch die Diebstahlshandlung selbst dienen der Sexualtriebbefriedigung.
Vgl. Kap. 8.3 Der Suizidkomplex
Richter (1963) weist auf einen Begriff Erikson (1961) hin und versteht unter negativer Identität eine “Rolle” und “Identifikation”, die far das eigene Ich unerwünscht und gefährlich empfunden wird. Vgl. auch Richter in: Die narzißtischen Projektionen der Eltern auf das Kind, In: Jahrb. d. Psychoanal., Bd. I, 1960
Vgl. Kap. 8.3 Der Suizidkomplex
Im Fall Udo (Name geändert) wurden vom Verfasser die Originalermittlungsakten nach Verfahrensabschluß ausgewertet. Udo wurde aufgrund eines nervenärztlichen Gutachtens von Prof. Chr. Eggers, Direktor der Rheinischen Landes-und Hochschulklinik in Essen, freigesprochen. Dem Angeklagten wurde wegen seiner Persönlichkeitsstruktur in Verbindung mit affektiver Erregung ein schuldfreies Handeln zugebilligt. Ihm wurde zugestanden, nicht die Fähigkeit gehabt zu haben, das Tatgeschehen richtig zu verarbeiten.
Näheres hierzu in Eggers, Chr.: Bindungen und Besitzdenken beim Kleinkind, 1984.
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Köhn, K. (1992). Die Psychodynamik. In: Psychoanalyse und Verbrechen. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01641-0_4
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