Zusammenfassung
So alt wie die politischen Initiativen für eine europäische Einigung sind die sozialwissenschaftlichen Versuche, Ursachen, Funktionsweise und Wirkungen des Integrationsprozesses zu erklären. Nach der Hochphase der integrationstheoretischen Diskussion in den 1960er Jahren und der Stagnation der 1970er Jahre gewann die Debatte mit dem Binnenmarktprojekt wieder an Fahrt und entwickelte sich seit den 1990er Jahren zu einem der am intensivsten diskutierten sozialwissenschaftlichen Forschungsfelder überhaupt (vgl. Faber 2005). Mit dem erneuten Interesse an der Integration war eine Akzentverschiebung in der Forschung verbunden. Während traditionell die Trieb- bzw. Bremskräfte des Prozesses sowie das Verhältnis zwischen supranationaler Gemeinschaft und Mitgliedstaaten im Vordergrund standen, richtet sich das Augenmerk nunmehr auf den Strukturwandel des Regierens im ebenenübergreifenden politischen System der EU (vgl. Hooghe/Marks 2001; Jachtenfuchs/Kohler-Koch 2003). Damit korrespondiert, dass neben den ehedem dominanten Paradigmen der Internationalen Beziehungen zunehmend Fragestellungen und Ansätze der Vergleichenden Politikwissenschaft für die Analyse der Integration fruchtbar gemacht werden (vgl. Knelangen 2004). Als Ergebnis einer nunmehr über 50 Jahre alten integrationstheoretischen Forschung hat sich damit eine Vielzahl von Theorien, Modellen und Hypothesen herausgebildet, die von jeweils unterschiedlichen Prämissen und Perspektiven zu sich teilweise ergänzenden, überwiegend jedoch zu konkurrierenden Aussagen zum Integrationsprozess insgesamt wie auch zu sektoralen Problemstellungen gelangen (vgl. Giering 1997; Diez/Wiener 2003; Bieling/Lerch 2005).
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Knelangen, W. (2005). „Sozialstaatswerdung“ Europas? Integrationstheoretische Überlegungen zur Entwicklung der EU-Sozialpolitik. In: Baum-Ceisig, A., Faber, A. (eds) Soziales Europa?. Forschungen zur Europäischen Integration, vol 15. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01618-2_2
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