Zusammenfassung
Im Gegensatz zu den meisten Intellektuellen seiner Zeit steht Novalis neben dem ästhetischen und salonkulturellen Anschauungsbereich noch ein weiteres lebensunmittelbar rückgebundenes Erfahrungsfeld für die zunehmende Heterogenität der Gegenwart zur Verfügung. Die sich makrohistorisch gesehen erst in Ansätzen abzeichnenden Binnendifferenzierungsprozesse einer komplexer werdenden Gesellschaft kann er im Zuge seiner interdisziplinären Berufsausbildung beispielhaft im Bereich der Wissenschaftsentwicklung und -applikation konstatieren.1 Auf sie soll sich sein breit angelegtes Enzyklopädieprojekt beziehen. Insofern kommt ihm dieselbe Funktion zu wie dem Geniekonzept und der ästhetisch objektivierten Totalität im Roman: am Ende der transitorischen zweiten Stufe der geschichtsphilosophischen Triade soll es als letztmögliche synthetische Klammer den wissenschaftsgeschichtlichen Differenzierungen der Gegenwart entgegengesetzt werden.
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Literatur
vgl. zur Berufsausbildung Hardenbergs: Samuel 1929, Schulz 1958, Schulz 1963, Böhme 1987; zu seinem Intelligenztypus: Michel 1985 a
Novalis an Friedrich Christian Brachmann in Dresden, WeiBenfels, den 27.12. 1795, in: Novalis, IV, S. 163
vgl. dazu etwa Hardenbergs Verzeichnis einschlägiger Fachjournale, mit denen er sich beschäftigt: Novalis, III, S. 754 f., V, S. 99–101
Novalis an Rachel Just in Tennstedt, Freiberg, den 5.12. 1798, IV, S. 266
vgl. dazu: Novalis, II, VF, S. 579, Fr. 238: „Die Schriftsteller sind so einseitig, wie alle Künstler Einer Art - und nur noch hartnäckiger. Unter den Schriftstellern von Profession giebt es gerade auffallend wenig liberale Menschen - besonders, wenn sie gar keine andre Subsistenz, als ihre Schriftstellerey haben“.
Novalis an Friedrich Schlegel in Berlin, Freiberg, den 7.11. 1798, IV, S. 263
vgl. dazu etwa die in der kurfürstlichen Instruktion enthaltene Aufgabenbeschreibung für seine Tätigkeit als Salinenassesor: Novalis, III, S. 806–808
vgl. dazu etwa: Novalis, I, S. 259: „Man lasse ein Kind eine Maschine, einen Landmann ein Schiff beschreiben, und gewiß wird kein Mensch aus ihren Worten einigen Nutzen und Unterricht schöpfen können, und so ist es mit den meisten Geschichtsschreibern, die vielleicht fertig genug im Erzählen und bis zum Überdruß weitschweifig sind, aber doch gerade das Wissenswürdigste vergessen“.
vgl. dazu etwa Hardenbergs entsprechende Hoffnungen: „Die Galvanischen Erscheinungen eröffnen eine unermeßliche Aussicht im Gebiete der Physik. Auch die Elektricität bietet noch große Entdeckungen und Untersuchungen an“ (Novalis, III, FNS, S. 184 f.; vgl. auch: III, FrS, S. 598, Fr. 272).
vgl. dazu etwa: Novalis, III, AB, S. 379, Fr. 624: ‘Der Streit zwischen Id[ealism] und Dogm[atism] ist wie das Steigen und Fallen von Gold und Silber“.
Novalis, III, AB, S. 361, Fr. 552; vgl. dazu auch: III, AB, S. 364, Fr. 566: „In der Combinationsl[ehre] liegt das Princip der Vollständigkeit“.
Novalis, III, FrS, S. 601, Fr. 291; diese faßt Novalis geradezu als „Naturgesetz: Universaltendenz der Assimilation des Heterogènen - der Ineinanderverwandlung“ (ebd., S. 597, Fr. 262).
So noch die ältere Forschung; vgl. etwa: Kluckhohn 1960, S. 15 f., 41
vgl. dazu und zum Erkenntniswert dieser Fragmente: Striedter 1953/84, S. 188 f.
Novalis an Caroline Schlegel, Freiberg, 27.2. 1799, in: Novalis, IV, S. 281
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Grosser, T. (1991). „Genie ist d[as] synthesirende Princip“. Enzyklopädieprojekt und poetische Praxis bei Novalis. In: Identität und Rolle. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01472-0_4
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-12222-9
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