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Biographische Bezüge und zukünftige Entwicklungen

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Soziale Netzwerke nach der Verwitwung

Part of the book series: Forschung ((FS,volume 141))

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Zusammenfassung

In diesem Abschnitt soll der Frage nachgegangen werden, welche Bedeutung die frühere Partnerschaft für die Veränderungen der sozialen Beziehungen und für die heutige Integration hat. Eigentlich wäre zu erwarten, daß der Charakter und die Gestaltung. der Partnerschaft oder die frühere und heute u.U. noch bestehende Orientierung auf den Partner sich stärker auswirken müßten als die Freundschaftsmuster und die Aktivitätsorientierung. Denkbar ist beispielsweise, daß jemand, für den der Partner immer allererster Bezugspunkt war, gar keine Übung darin hat, auf fremde Menschen zuzugehen bzw. gar keine Beziehungen hat, die er oder sie nun intensivieren könnte. Denkbar ist auch, daß jemand, der auch heute noch sehr stark an dem Verstorbenen hängt, überhaupt nichts Neues aufbauen möchte. Plausibel erscheint auch, daß bei einer schlechten Ehequalität oder einer als sehr einengend empfundenen Ehe die Verwitwung Freiräume eröffnet, die er oder sie nun nutzen kann (Verwitwung als Chance). Schließlich füilt in diesen Komplex auch die Frage, inwieweit sich strukturelle Positionen wie „gate-“ oder „kinkeeper“ nach der Verwitwung quasi auszahlen oder — für Männer — gerade nachteilig auswirken, weil möglicherweise alle Kontakte von der verstorbenen Frau gemanagt wurden. Scheinen nicht alle diese Faktoren viel „erklärungskräftiger“ zu sein als die in dieser Untersuchung in den Vordergrund gerückten Einflußfaktoren „Freundschaftsmuster“ und „Aktivitätsorientierung“?

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Literatur

  1. Dieser Zusammenhang stellt sich bei Familienbeziehungen im übrigen anders dar. Im. Gegensatz zu den hier betrachteten außerfamilialen Beziehungen brechen Familienbeziehungen nicht unbedingt auseinander — auch wenn weder persönliche oder sachliche Verbindungen bestehen. In diesem Fall kann der Umstand, zu einer gemeinsamen Familie zu gehören als etwas verbindendes „drittes“ betrachtet werden, somit als funktionales Äquivalent zu sachlichen oder persönlichen Verbindungen.

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  2. Vgl. die Falldarstellung Biber in Abschnitt 5.1.3.

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  3. Auf die Merkmale Geschlecht, Alter und Kohortenzugehörigkeit gehe ich im Schlußkapitel ein.

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  4. Zwangsläufig wird auch thematisiert, inwieweit die Veränderungsressourcen systematisch zusammenhängen — womit (auf der Ebene der „Orientierungsmuster“) ein weiterer Aspekt der Reichweite bzw. Selektivität der Ergebnisse des fünften Kapitels angesprochen wird (Für die entsprechende Diskussion, bezogen auf den Zusammenhang zwischen Orientierungsmustern und subjektiven „outcomes“, vgl. 5.3.). Es geht also darum, inwiefern die auf Individualebene rekonstruierten Kombinationen der Veränderungsressourcen („Orientierungsmuster“) erschöpfend sind, oder ob nicht auch andere Kombinationen denkbar sind.

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  5. Dies zeigt sich — wie die Bedeutung des Familienstands — sehr deutlich an den strukturellen Merkmalen der Beziehungen im emotionalen Netzwerk. Bei den Befragten mit Lage-gebundenen Freundschaften findet sich bei keinem der sieben Befragten eine Freundschaftsbeziehung (also außerfamiliale Beziehung im ersten oder zweiten Kreis des emotionalen Netzwerks) außerhalb von Berlin. Demgegenüber haben von den acht Befragten mit individualisierten Freundschaften sechs Personen Freundschaften, die außerhalb Berlins leben. Ein guter Indikator für das Freundschaftsmuster ist dies allerdings nur, wenn tatsächlich einer der Freunde umgezogen ist — oder die Freunde von vornherein an einem anderen Ort leben (z.B. bei Urlaubsbekanntschaften). Aus diesem Grund ist auch die faktische zeitliche Dauer nur ein sehr schlechter Indikator für bestimmte Freundschaftsmuster. Auch Lage-gebundene Freundschaften können sehr stabil sein, wenn keine räumliche Mobilität oder Statuspassagen vorliegen (ein Aspekt, den Matthews (1986) m.E. nicht berücksichtigt hat; vgl. 2.1).

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  6. Daß qualitative Merkmale wie Einstellungsunterschiede zur Differenzierung herangezogen werden, trifft bei einigen der Befragten mit individualisierten Freundschaften auch auf ihre engsten Familienbeziehungen zu — und ist bei diesen ein generelles Merkmal ihrer Beziehungen. Im Unterschied zu anderen Befragten, die alle Kinder quasi automatisch im ersten Kreis des emotionalen Netzwerks eintragen (s.u.), werden Kinder teilweise vergessen. Bei mehreren Kindern werden diese in jeweils unterschiedlichen Kreisen bzw. bestimmte Kinder gar nicht im emotionalen Netzwerk plaziert (z.B. Annegret Weber, Esther Berg), wobei auf qualitative Aspekte (wie unterschiedliche Ansichten oder ein gespanntes Verhältnis) verwiesen wird. Daß heißt nicht, daß die Kinder als Kinder nicht wichtig und hervorgehoben sind, doch die Tatsache, daß es sich um das eigene Kind handelt, ist nicht ausreichend für eine als emotional wichtig betrachtete Beziehung. An die Beziehungen zu Kindern werden also wie für die außerfamilialen Beziehungen inhaltliche Kriterien angelegt. Sehr deutlich unterschieden werden muß dabei zwischen dem (heutigen) Alltag und Krisensituationen, wie etwa die Verwitwung. Im Einklang mit der entsprechenden Literatur war bei allen Befragten — unabhängig von ihrem Verhältnis zu den Kindern im Alltag — die Beziehung zu den Kindern (wenn vorhanden) direkt nach der Verwitwung mit Abstand am wichtigsten.

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  7. Dies betrifft auch den sozialen Status, der wohl das Homogenitäts-Merkmal von Freundschaften ist, das empirisch am besten belegt ist (vgl. z.B. Fischer 1982a; Verbrugge 1990). Dies zeigt sich auch in dieser Stichprobe. Diesbezüglich scheint es auch keine Unterschiede zwischen individualisierten und Lage-gebundenen Freundschaften zu geben.

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  8. Explizit als Grund genannt, warum bestimmte Personen nur eingeschränkt wichtige Gesprächspartner sein können, wird der Alters- bzw. Generationenunterschied bei den Kindern (z.B. Berg: „drei noch so entzückende Kinder sind ja keine Gesprächspartner“). Damit ist nicht gesagt, daß der Kontakt zu jüngeren Menschen z.T. nicht sehr wichtig ist (als Bereicherung: etwa für Geselligkeit oder gerade wegen der Kontrasterfahrung in den individuellen Ansichten). Ein Beispiel hierfür ist Monika Goldmanns „Adoptiv“-tochter, eine ehemalige Schülerin, die für Monika Goldmann saubermacht und der sie jedes Jahr eine Reise „spendiert“. Bezeichnenderweise hat Monika Goldmann sie jedoch nicht im emotionalen Netzwerk eingetragen.

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  9. Damit ist natürlich nicht gemeint, daß es bei diesen Befragten nicht sehr enge und positive Beziehungen zu Verwandten gibt. Was sich jedoch nur bei diesen Befragten findet, ist ein sehr bewußter, reflexiver Bezug auf Familienbeziehungen. Man denke an Jürgen Peters Familienarchiv und seine Organisation der jährlichen Familientreffen. Die Familientreffen kann man m.E. als neue Formen von Ritualen verstehen, die (wenn vielleicht faktisch nicht neu), so doch individuell reflexiv gewendet und auf diese Art mit Leben gefüllt werden. Vgl. zu neuen Formen von Familienritualen Bria (1998). Über diesen reflexiven Zugang erhalten die Familienbeziehungen eine Qualität, die zwar auf der äußeren Zugehörigkeit basiert, doch den Charakter einer sehr bewußten (Wahl-)entscheidung hat.

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  10. So berichtete Fritz Merten von einer herben Enttäuschung, als nach einem Umzug innerhalb Berlins alle Freunde — ehemalige Nachbarn — für ihn unerwartet ausblieben. In anderen Fällen scheint dieser Abbruch (zumindest retrospektiv) als relativ natürlich wahrgenommen zu werden („Die ham jeheiratet, ich hab jeheiratet, jeder hatte dann andere Interessen“ (Falkenstein)).

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  11. Um Mißverständnisse zu vermeiden: der in Abschnitt 5.1.3 angesprochene thematische Fokus „Person“ kann sich auf den Austausch sowohl von Inhalten richten, wie sie sich eher bei den individualisierten Freunden finden als auch auf die oben genannten Inhalte der Lage-gebundenen Freundschaften.

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  12. Bei den Familienbeziehungen der Personen mit lage-gebundenen Freundschaften scheinen derartige Unterschiede im übrigen keine Rolle fur die Kontakthäufigkeit oder die emotionale Nähe zu spielen.

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  13. Dies trifft m.E. auch nicht auf die Freundschaften von Klaus Winter und Luise Anders zu. So stellen die Aktivitätsorientierungen von Luise Anders und Klaus Winter wichtige Anknüpfungspunkte und Themen für die Freundschaften dar, sind jedoch nicht ihr Kern. „Freundschaften“ wurden die Beziehungen erst, als man anfing, sich über die gleiche Lebenssituation auszutauschen (zu möglichen Umorientierungen vgl. Anm. 19).

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  14. Das trifft bei allen Befragten mit Lage-gebundenen Freundschaften auch auf die Familienbeziehungen zu. Kinder werden alle fast automatisch im ersten Kreis des emotionalen Netzwerks eingetragen, teilweise sogar ohne sie im Einzelnen zu differenzieren („Kinder“). Die Familienzugehörigkeit bildet dabei ein Kriterium besonderer Art (bzw. einen hervorgehobenen Kontext), wobei „Familie“ im Einzelfall unterschiedlich weit gefaßt wird. Brigitte Falkenstein etwa antwortet auf die Frage danach, ob ihr ihre engste Freundin näher steht als ihre Schwiegertochter, gegenüber der sie sich an anderer Stelle im Interview eher distanziert äußert: „Ach Gott, (...) naja, sie gehört zur Familie, dann steht sie mir doch näher“.

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  15. Als Ausnahme zu betrachten sind individualisierte Freundschaften, deren Bindungskraft fast ausschließlich in gemeinsamen Erfahrungen liegt. Dies trifft hier nur auf Adelheid Bibers Freundinnen aus dem schlesischen Heimatdorf zu. Ihre besondere Situation wurde in Abschnitt 5.1.3 gesondert dargestellt.

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  16. Dies bildet sich fast unmittelbar in den faktischen Kontakthäufigkeiten ab. Anders als die Befragten mit individualisierten Freundschaften treffen sich die Befragten mit Lage-gebundenen Freundschaften mit den als engsten bezeichneten Freunden jeweils häufiger als mit weniger eng verbundenen. Bei etwa gleichgroßen Freundeskreisen liegt im übrigen auch die absolute Kontakthäufigkeit der Treffen mit engen Freunden deutlich über der Häufigkeit des Kontakts der Befragten mit individualisierten Freundschaften — nämlich etwa bei derjenigen, die die Befragten mit den größten individualisierten Freundschaftskreisen angeben (s.o.).

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  17. Ein Beispiel, das diesem Aspekt zunächst zu widersprechen scheint, seine Bedeutung letztlich aber gerade bestätigt, ist die verheiratete Freundin von Marion Drake. Sie treffen sich häufig und immer allein, was — wie Marion Drake ausführt — deshalb möglich sei, weil die Ehe der Freundin so schlecht laufe.

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  18. Daß Lage-gebundene Freundschaften auch während der ehemaligen Partnerschaft emotional wichtig gewesen sind, stützen nicht nur die (am ehesten von retrospektiven Umdeutungen betroffenen) Selbstauskünfte der Befragten hinsichtlich der Bedeutsamkeit der einzelnen Beziehungen, sondern auch berichtete Enttäuschungen bei Abbrüchen dieser Bindungen im Lebenslauf sowie insbesondere die retrospektive Erzählung der spezifischen Inhalte oder Leistungen. Diese Leistungen werden von diesen Befragten — unabhängig von der Existenz einer neuen Partnerschaft — grundsätzlich als bedeutsamer eingeschätzt als von Befragten mit individualisierten Freundschaften. Gleichzeitig handelt es sich dabei um Aspekte, die in der Partnerschaft und Beziehungen zu Kindern nur bedingt zu realisieren sind. So etwa bei Freundschaften zwischen Paaren die Geselligkeit (die diese von der Partnerschaft unterscheidet) oder bei Freundschaften zwischen Alleinstehenden der Austausch über die gleiche Lebenssituation (die die Freundschaften von den Beziehungen zu Kindern unterscheidet).

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  19. Damit soll jedoch nicht gesagt werden, daß nicht grundsätzlich eine Umorientierung von Lage-gebundenen Freundschaften zu individualisierten Freundschaften vorstellbar ist — auch wenn sie hier nicht gefunden wurde. An diesem Punkt stößt das Datenmaterial an seine Grenzen: So finden sich bei den Lage-gebundenen Freundschaften der „durch die Vervwitwung Individualisierten“ Klaus Winter und Luise Anders (die sich tendenziell von familialen Beziehungen wegorientiert haben und für die Freundschaften insgesamt eine größere Bedeutung bekommen haben) zwar die für Lage-gebundene Freundschaften typischen Inhalte und der große Wert häufigen Kontakts (insgesamt und bei einzelnen Beziehungen). Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß hier eine Transformations (Umorientierungs-)phase vorliegt. So kann die hohe Bedeutung der Kontakthäufigkeit bei diesen Freundschaften — wie auch ihre spezifischen Inhalte — der Bildungsphase von individualisierten Freundschaften geschuldet sein (s.u.). Denn diese Inhalte und die Bedeutung der Kontakthäufigkeit entsprechen etwa der Art von Beziehung, die in der Literatur als „Jugendfreundschaften“ behandelt wird (vgl. Schütze 1988): Beziehungen, die sich erst nach einiger Zeit durch Aspekte auszeichnen (können), die hier als spezifisch für die individualisierten Freundschaften herausgearbeitet wurden (wie gemeinsame Erfahrungen und geteilte gemeinsame Lebensentwürfe). Nichtdestotrotz, in bestimmten Fällen scheint eine Umorientierung von Lagegebundenen Freundschaften zu individualisierten Freundschaften keine realistische Option zu sein. Wie gleich genauer ausgefüührt wird, gibt es in manchen Fällen offenbar bestimmte kognitive Grenzen. Daneben mag es jedoch auch sein, daß (selbst wenn individuell eine Umorientierung stattfindet) im Alter neu geschlossene Freundschaften sich grundsätzlich als nicht mehr so stabil erweisen wie die aus früheren Lebensphasen. So äußern manche Be-fragte selbst die Ansicht, daß man im Alter „echte Freundschaften“ nicht mehr schließen könne: der „Charakter [sei] schon zu ausgeprägt“, „die Toleranz fehlt“. Man sei also nicht mehr so offen und flexibel („Freundschaften bilden sich in der Jugend“). Daß im Alter durchaus neue, sehr enge und wichtige Freundschaften geknüpft werden können, steht aber nicht in Abrede und ist wohl hinreichend deutlich geworden.

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  20. Zu beachten ist, daß es in diesem Abschnitt ausschließlich um die Zusammenhänge zwischen sozialstrukturellen Merkmalen und Orientierungsmustern geht. Wie in Abschnitt 5.3. ausgeführt wurde, kann nicht davon ausgegangen werden, daß bestimmte Orientierungsmuster zwangsläufig zu bestimmten „outcomes“ führen — wenngleich es offenbar mehr oder minder enge Kopplungen gibt.

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  21. Möglicherweise erfüllt bei ihm die sehr früh, mit 14 Jahren eingegangene Partnerschaft eine Art Schutzfunktion.

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  22. Die arabischen Kleinbuchstaben in Klammem beziehen sich im folgenden immer auf die entsprechenden Pfeile in Abbildung 5. Diese Pfeile sollen jeweils zum Ausdruck bringen, daß hier ein fördernder oder begünstigender Einfluß zu bestehen scheint. Anzumerken ist ferner, daß sich die Ausführungen zum Orientierungsmuster „Individualisierte“ bzw. „Individualisierung durch Verwitwung“ auch auf Arndt Sonntag und Michael Tamm beziehen.

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  23. Vielleicht kann man die Marginalisierungserfahrung im Piagetschen Sinne auch als eine Krise begreifen, die (funktional äquivalent zur Bildungserfahrung, s.u.) die kognitive Weiterentwicklung (wie Abstrakctions- und Reflexionssteigerung) über Akkomodations- und Adaptationsprozesse befördert — wobei (ebenfalls im Piagetschen Sinne) umgekehrt für diese spezifische Erfahrung eines Ereignisses möglicherweise bereits eine Disposition bzw. ein gewisses kognitives Niveau vorhanden muß. Ähnliche Irritationen, die teilweise von sozialem Rückzug gefolgt sind, beschreibt Przyborski (1998) für Jugendliche, deren Adoleszenzkrise mit einer anderen politischen Transformation, dem Ende der DDR, zusammengefallen ist. Auffällig ist, daß dieser Gemeinschaftsverlust Hendrik Strom und Adelheid Biber zeitlich relativ kurz nach der Pubertät traf (mmft 17 bzw. 19 Jahren) — zu einem Zeitpunkt, zu dem die Identifikation mit dieser Gemeinschaft schon relativ bewußt gewesen sein könnte, gleichzeitig aber der Schritt ins Erwachsenenleben noch nicht vollzogen war. Denkbar ist, daß dies die Verlusterfahrung und retrospektive Verherrlichung dieser Gemeinschaften noch verstärkt haben könnte. Für diesen Hinweis danke ich Jürgen Wolf.

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  24. Ein sehr bewußter Bezug ist bei Esther Berg und Jürgen Peters auch für ihre Familienbeziehungen charakteristisch. Man denke etwa an Jürgen Peters’ Organisation der jährlichen Familientreffen.

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  25. Es kann nur spekuliert werden, was passiert wäre, wenn Arndt Sonntag oder Michael Tamm keine neue Partnerin gefunden hätten. Zu vermuten ist, daß sowohl die Freundschaften als auch die sachlichen Interessen einen größeren Stellenwert bekommen hätten. Dies deutete sich bereits in den Phasen vor den neuen Partnerschaften an. Vgl. 5.2.2.

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  26. Diese hohe Partnerschafts- bzw. Familienorientierung findet bzw. fand sich jedoch auch bei Befragten mit individualisierten Freundschaften und ist für die Befragten mit Lage-gebundenen Freundschaften also zwar charakteristisch, aber nicht spezifisch. Eine enge Partnerschaft scheint keineswegs zwangsläufig mit Lage-gebundenen Freundschaften verbunden zu sein.

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  27. Für diese Interpretation spricht auch, daß sich bei diesen Befragten auch keine Anzeichen auf die oben dargestellten Marginalisienungserfahrungen finden. Es finden sich zwar Brü-che (vgl. z.B. Klaus Winter), aber erst nach dem Eingehen einer Partnerschaft und sie werden offenbar nicht als Erschütterung sozialer Beziehungen wahrgenommen. Möglicherweise wirkt die Partnerschaft hier als Schutzfaktor.

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  28. In diese Richtung auch Selman (1981) und Keller und Edelstein (1986) zu unterschiedlichen Freundschaftskonzepten.

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  29. Auch fur die Partnerschaft bzw. als Defizit nach der Verwitwung werden keine derartigen Inhalte beschrieben. Die von den Befragten zum Ausdruck gebrachten Defizite richten sich vorrangig auf andere, relativ konkrete Inhalte. Vor allem fehlte die Person, die „immer da“ war (Falkenstein, Winter, Niestroy), womit primär auf die konkrete Anwesenheit und das häufige Beisammensein rekurriert wird. Die Frauen heben daneben hervor, daß die Person fehlte, mit der man über alles, was einem so im Kopf rumgeht, sprechen konnte (Falkenstein, Anders, Class), d.h. der Ansprechpartner für alle möglichen Belange, jedoch keine für individualisierten Freundschaften spezifischen Inhalte.

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  30. Vgl. hierzu auch die spezifischen Erfahrung der sogenannten Aufbaugeneration in der Soziologie (Bude/Neidhardt 1998), die im Prinzip derselben Kohorte entstammt wie die hier Befragten. Diese schildern durchgehend als zentralen Impuls für den Wechsel in die Soziologie das brennende Interesse, verstehen zu wollen, wie sich das System ändert, die Menschen jedoch die gleichen bleiben.

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  31. Bezogen auf die Selektivität der in der Stichprobe vertretenen Orientierungsmuster bzw. des Typenfeldes und damit auch auf die Reichweite der dargestellten Ergebnisse, läßt sich an dieser Stelle festhalten, daß es sich bei den hier nicht gefundenen Kombinationen von Orientierungen (Veränderungsressourcen) wohl nicht um systematische Leerstellen handelt (vgl. Abb. 5; Tab. 4). Feststellen lassen sich jedoch relativ enge Kopplungen zwischen der Ausbildung von intrinsischen sachlichen Orientierungen und individualisierten Freundschaften: sei es, daß sachliche Interessen den Grundstein für solche Freundschaften darstellen können (b2 in Abb. 5), sei es, daß die Gründe zur Ausbildung von individualisierten Freundschaften (Marginalisierungserfahrungen), gleichzeitig auch Impulse setzen können für die Ausbildung bzw. Förderung nicht-sozialer Interessen (k2, 1 in Abb. 5). Vermutet wurde des weiteren, daß das Nichtvorhandensein intrinsischer sachlicher Interessen die Bedeutung der Kontakthäufigkeit und damit die Bezugnahme auf nahegelegene und häufig frequentierbare Lage-gebundene Freundschaften befördern mag (g, h in Abb. 5). Beide Aspekte zusammengenommen lassen eine Kombination aus nicht vorhandenen intrinsischen Interessen bei gleichzeitiger Pflege von individualisierten Freundschaften eher unwahrscheinlich erscheinen. Der Fall, daß trotz intrinsischem Sachinteresse keine individualisierten Freundschaften gepflegt werden, ist in dieser Stichprobe zwar auch nicht vertreten, er ist aber eher vorstellbar — nämlich bei einer starken Bezogenheit auf Partnerschaft und Familie, wie sie tendenziell bei Arndt Sonntag und Michael Tamm festzustellen sind, die beide nur einen engen Freund haben.

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  32. Auf die Merkmale Geschlecht, Alter und Kohortenzugehörigkeit gehe ich im Schlußkapitel ein.

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  33. Niedrig = Volksschule; mittel = Mittlere Reife; hoch = Abitur.

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  34. Nur Brigitte Falkenstein hat die Schule mit der mittleren Reife abgeschlossen.

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  35. Grundlage ist der jeweils höchste Status der Partner. Vgl. im Einzelnen Tab. 3.

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  36. Es handelt sich nur um ungefähre Werte. Von der im Fragebogen angegebenen Spannbreite des monatlichen Netto-Haushaltseinkommens wurde jeweils der untere bzw. obere Wert zugrunde gelegt (vgl. Tab. 3). Bei Adelheid Biber liegt kein Wert vor.

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  37. Da nur Periodendaten verfügbar sind, ist schwer zu sagen, ob die „gewonnenen Jahre“ vor allem in guter oder schlechter Gesundheit verbracht werden. Unstrittig scheint aber, daß die durchschnittliche Zeit, die eine Kohorte in schlechterer Gesundheit verbringt, zunimmt — wenn auch nicht im gleichen Maße wie die Zeit der gewonnenen Jahre insgesamt (Dinkel 1992).

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  38. Vgl. dazu die Anmerkungen in 6.2.1 sowie die Anmerkungen zu Jürgen Peters’ Familienbeziehungen (5.2.2).

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  39. Bei den Personen mit neuen Partnern scheint die Größe von deren Partnerschaftskonzept mitbeeinflußt zu sein (bzw. diese ein Indikator für Offenheit gegenüber anderen zu sein., vgl. 5.2.2): Bei den Umfeldbezogenen haben die Personen mit lockerem Partnerschaftskonzept die kleinsten Netzwerke (Drake 6 gegenüber Merten mit 24 Personen, bei ihm sind viele Paare dabei und eben auch Beziehungen über die neue Partnerin); bei den Individualisierten scheint es genau umgekehrt zu sein: die beiden sehr auf die neue Partnerin bezogenen Arndt Sonntag und Michael Tam= haben 6 bzw. 21, die beiden (bereits früh) Individualisierten Jürgen Peters und Esther Berg, die auch lockere Partnerschaften haben, haben 74 bzw. 50 Personen eingetragen.

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  40. Vgl. für die Existenz verschiedener Familienbeziehungen im Einzelnen z.B. die Ergebnisse des Alterssurvey (Kohli/Künemund 2000; insbesondere Künemund/Hollstein 2000).

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  41. Bei familialen Beziehungen (max. 87 Jahre) finden sich nicht nur ältere Personen als bei außerfamilialen Beziehungen (max. 87 Jahre bei außerfamilialen Beziehungen insgesamt bzw. 82 Jahre bei „Freunden“), obgleich keiner der Befragten mehr lebende Eltern hat. Familiale Beziehungen sind auch deutlich jünger als außerfamiliale Beziehungen. Sieht man von Enkeln ab, beträgt das Mindestalter der famnilialen Beziehungen 25 Jahre. Demgegenüber beträgt das Mindestalter bei „Freunden“ bzw. bei außerfamilialen Beziehungen 46 Jahre.

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  42. DaB es sich bei den Aktivitäten der beiden Individualisten, für die im Alltag emotional wichtige Beziehungen nicht sehr wichtig sind, in beiden Fällen — Monika Goldmanns Reisen, Hendrik Stroms Engagement im Schwimmverein — um außerhäusliche Aktivitäten

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  43. handelt, die ein gewisses Maß an Mobilität voraussetzen, scheint m.E. kein Zufall zu sein. Diese führen sie zwar nicht unbedingt zu emotional wichtigen Menschen, aber eben doch unter Menschen, was beide positiv hervorheben.

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  44. In Deutschland sind 7,6% der Älteren, die in Privathaushalten leben, pflegebedürftig, weitere 12,5% benötigen allgemeinere Unterstützungsleistungen wie Haushaltshilfen (Schneekloth/Potthoff 1993). Nur 4% der Älteren leben in Institutionen (Bäcker 1991), wobei die Berliner Altersstudie zeigt, daß 55,4% der Älteren Uber 70jährigen in Heimen keine lebenden Kinder haben. Und von denjenigen die mindestens ein Kind haben, sind 45,5% 95 Jahre und älter (Schütze 1995), was bedeutet, daß die Kinder dieser Eltern möglicherweise bereits selbst schon Unterstützung benötigen. Vgl. zu den Reziprozitätsmechanismen, die im Fall von Pflegebedürftigkeit wirksam werden können, Hollstein und Bria (1998).

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  45. Bei den Befragten mit individualisierten Freundschaften hängt die räumliche Distanz sehr davon ab, ob und wohin man selbst oder die Freunde irgendwann umgezogen sind.

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Hollstein, B. (2002). Biographische Bezüge und zukünftige Entwicklungen. In: Soziale Netzwerke nach der Verwitwung. Forschung Soziologie, vol 141. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01417-1_7

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