Zusammenfassung
Seit Humboldts Zeiten besteht die Tendenz, Universitätsfragen, zumindest politisch, als Organisationsfragen zu behandeln. Der Rest, der nichtorganisierbare Rest, kann dann, wiederum politisch, als Freiheit positiv herausgestellt werden. Organisation und Freiheit — damit sind diejenigen Merkmale benannt, mit denen das 19. Jahrhundert die moderne Gesellschaft zu realisieren sucht. Die Begriffe definieren in ihrer Spannung das politische Spektrum, innerhalb dessen Schwerpunkte gesetzt und Oppositionen entfaltet werden können. Man konnte in Frankreich mehr auf Organisation setzen, weil das politische System schon durch eine Verfassung geordnet war, und aus dem entgegengesetzten Grunde in Deutschland mehr auf Freiheit. Das färbt unterschiedliche Universitätsstrukturen bis zum heutigen Tage. Aber Organisation und Freiheit gehören zusammen. Beide Begriffe fordern einander auch und gerade, wenn sie politisch gegeneinander ausgespielt werden. Sie gehören auch insofern zusammen, als sie gemeinsam gegen die ständische Ordnung und gegen die sie reproduzierende Erziehung gerichtet waren.
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Literatur
Fritz Heider, Ding und Medium, Symposion 1 (1926), S. 109–157.
Karl E. Weick, Der Prozeß des Organisierens, dt. Übers., Frankfurt am Main 1985, insb. S. 271 ff.
Friedrich H. Tenbruck, Wissenschaft als Trivialisierungsprozeß, in: Nico Stehr/René König (Hrsg.), Wissenschaftssoziologie: Studien und Materialien, Sonderheft 18/1975 der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Opladen 1975, S. 19–47. Zur Mitwirkung der Soziologie an dieser Entdeckung von Trivialität vgl. auch Helga Nowotny, Leben im Labor und Draußen: Wissenschaft ohne Wissen? Soziale Welt 33 (1982), S. 208–220; Karin Knorr-Cetina, Die Fabrikation von Erkenntnis: Zur Anthropologie der Naturwissenschaft, Frankfurt am Main 1984.
Hierzu Eviatar Zerubavel, Hidden Rythms: Schedules and Calendars in Social Life, Chicago 1981.
Vgl. M. Barbagli, Disoccupazione intellettuale e sistema scolastico in Italia, Bologna 1974.
Siehe an repräsentativer Stelle Wolfgang Klafki, Die Bedeutung der klassischen Bildungstheorien für ein zeitgemäßes Konzept allgemeiner Bildung, Zeitschrift für Pädagogik 32 (1986), S. 455–476.
Siehe als Ausgangspunkt Jean-François Lyotard, La condition postmoderne: Rapport sur le savoir, Paris 1979.
Siehe vor allem Humberto Maturana, Erkennen: Die Organisation und Verkörperung von Wirklichkeit. Ausgewählte Arbeiten zur biologischen Epistemologie, Braunschweig 1982; ders., Consciousness and Reality, Ms. 1986.
Hierzu immer wieder lesenswert: William James, On a Certain Blindness in Human Beings, in: ders., Talks to Teachers on Psychology and to Students on Some of Life’s Ideals (1912), Neudruck Cambridge Mass. 1983 (The Works of William James), S. 132149.
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Luhmann, N. (1987). Zwischen Gesellschaft und Organisation. In: Soziologische Aufklärung 4. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01341-9_15
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