Zusammenfassung
Politische Ideen und intellektuelle Moden unterliegen heute einem raschen Verschleiß. Nach einer nur zwanzigjährigen Diskussion blickt man heute auf die Forderung nach mehr und nach wirksamerer Partizipation wie auf eine abgeschlossene Phase der neueren Ideengeschichte zurück. Man spricht von der Generation der 68er, deren Zeit abgelaufen sei. Ihre intellektuellen und politischen Ambitionen haben Spuren hinterlassen. Die Organisationen haben sich an ein höheres Maß von Widerspenstigkeit der Individuen gewöhnt. Mitspracheregelungen sind in den institutionellen Alltag überführt und haben den Charakter von unvermeidlichen bürokratischen Umständlichkeiten gewonnen. Die Leitideen jedoch haben ihre Wirksamkeit verloren. Fast unverständlich ist es heute, wie hochgespannt die Hoffnungen waren, die man mit Partizipationsforderungen verbinden konnte, und wie naiv die Vorstellungen über das Erreichbare und über die Kosten. Die Protagonisten dieser Bewegung, heute in ihren besten Jahren, beklagen den Wandel und reden von „Postmoderne“ so, als ob nun nichts Wichtiges mehr geschehen könne. Sie beschreiben damit ihre eigene Situation: den Verlust an Perspektive, an politischem Wollen, an zündender Rhetorik. Offenbar sind die Individuen nicht mehr an Emanzipation interessiert (wenn sie es je waren), sondern nur noch — an sich selbst. Offenbar sind die Individuen individueller, als man gedacht hatte, oder sie lenken ihre Aggressivität in andere Richtungen. Man spricht von „neuem Individualismus“1.
Vortrag aus Anlaß der III.Jornadas Juridicas in Lerida 9.-10.5.1985.
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Luhmann, N. (1987). Partizipation und Legitimation: Die Ideen und die Erfahrungen. In: Soziologische Aufklärung 4. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01341-9_11
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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