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Gesellschaftlicher Wandel und Entwicklung von Geschlechtsidentität

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Zwischen Dramatisierung und Individualisierung

Part of the book series: Reihe Kindheitsforschung ((KIND,volume 10))

Zusammenfassung

Zum Ende dieses Jahrtausends erweisen sich rollentypische Selbstverständlichkeiten in der Geschlechtersozialisation von Kindern zwar nicht als obsolet, aber doch als brüchig. Die alten Sicherheiten geraten zunehmend ins Wanken: Darf ein Junge nicht weinen? Muß er sich vor allem durchsetzen und alles abwehren, was mädchenhaft weich wirken könnte? Sollen Mädchen lieb und ordentlich, aber nicht zu laut und lebhaft sein — eben keinesfalls jungenhaft? Wenn dies nicht hinterfragt wird, sondern als Gewißheit den Alltag prägt, dann verfügt man zwar über klare Orientierungen, diese schränken aber individuelle Entwicklungsmöglichkeiten drastisch ein. Die Geschlechtszugehörigkeit wird damit gleichzeitig zum Ankerpunkt für das, was erwünscht und erlaubt ist, auch wenn dies keinerlei funktionale Bedeutung, sondern eher rituellen Charakter hat. Eben dies nennen wir in Anlehnung an Goffman (1994) die Dramatisierung der Kategorie Geschlecht. Ob das Babyjäckchen rosa oder blau ist, stellt nur eine Konvention dar — aber möglicherweise eine folgenreiche. Wenn nämlich ihre Einhaltung als selbstverständlich gilt, läuft man bei jeder Verletzung einer solchen Vorschrift Gefahr, „falsche Erwartungen“ über einen wichtigen Punkt der Identität zu erzeugen. Die Klassifikation eines Menschen als männlich oder weiblich ist eine fundamentale, die unsere Wahrnehmungsmuster nachhaltig bestimmt. Dies gilt schon für Kinder im Vorschulalter: Sie beschreiben Babys, die ihnen als Mädchen vorgestellt werden, als hübsch, leise, sanft und schwach. Werden ihnen diese dagegen als Jungen vorgestellt, fallen die Kennzeichnungen ganz anders aus, als groß, laut und hart (vgl. Valtin 1993, S. 19). Gleichzeitig erkennen Mädchen wie Jungen in dieser Entwicklungsphase schon ganz selbstverständlich die männliche Geschlechtsrolle als die hierarchisch höherwertige und dominierende an (ebd. S. 25).

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Marianne Horstkemper Peter Zimmermann

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© 1998 Leske + Budrich, Opladen

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Horstkemper, M., Zimmermann, P. (1998). Gesellschaftlicher Wandel und Entwicklung von Geschlechtsidentität. In: Horstkemper, M., Zimmermann, P. (eds) Zwischen Dramatisierung und Individualisierung. Reihe Kindheitsforschung, vol 10. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01290-0_1

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-01290-0_1

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8100-2198-4

  • Online ISBN: 978-3-663-01290-0

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