Zusammenfassung
Historiker und Sozialwissenschaftler unterscheiden sich in vielem, aber vermutlich nicht in so vielem, wie oft behauptet wird. In einem Rückblick und Ausblick zur Historischen Sozialforschung hat Kousser (1980) die seiner Meinung nach wichtigsten Unterschiede aufgezählt: Historiker sind, erstens, Individualisten; das Interesse am Singulären in der Geschichte färbt offensichtlich ab und führt dazu, dass sich Historiker nicht in demselben Masse wie Sozialwissenschaftler in „Schulen“ einteilen lassen, allerdings auch seltener miteinander kooperieren oder direkt konkurrieren. Überhaupt hegen sie ein Misstrauen simplen Erklärungen gegenüber, vor allem solchen, die Patentlösungen anbieten. Zweitens ist die Spezialisierung in der Historie nicht derart fortgeschritten wie in den Sozialwissenschaften. Historiker unterscheiden sich hinsichtlich der untersuchten historischen Epochen (Althistoriker, Mediävisten, Zeithistoriker usw.), nicht so sehr bezüglich der theoretischen Annahmen oder Methoden. Drittens fehlen der Historie (mit Ausnahme einiger Spezialisten in verschiedenen Hilfswissenschaften) eigentliche Subdisziplinen methodischer Ausrichtung, wie sie jede „ausgewachsene“ Sozialwissenschaft besitzt (z.B. Wahlforschung und Demoskopie als Subdisziplinen der Politischen Wissenschaft). Und viertens gilt in der Geschichte noch weithin eine erzählende Darstellung von Resultaten als erstrebenswert, die auch ästhetischen Ansprüchen gerecht wird. Der Historiker ist, kurz gesagt, an der Rekonstruktion historischer Gesamtzusammenhänge interessiert; dies hat die gerade aufgezählten wissenschaftsorganisatorischen und methodische Voraussetzungen bzw. Konsequenzen.
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© 1985 B. G. Teubner Stuttgart
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Ruloff, D. (1985). Perspektiven der Historischen Sozialforschung. In: Historische Sozialforschung. Studienskripten zur Soziologie, vol 124. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01264-1_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-01264-1_6
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden
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