Zusammenfassung
Schon nach kurzer Beschäftigung mit den Theorien über Rechtsextremismus, Rassismus und (Jugend-)Gewalt fällt auf, dass es keinen überzeugenden Erklärungsansatz, sondern eine Vielzahl von Deutungsmustern gibt, die sich zum Teil widersprechen und wechselseitig ausschließen. Dabei korreliert die Beliebtheit der Theorien bzw. Theorieversatzstücke mit ihrer Beliebigkeit. Man spricht über Jugend und Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus, Antisemitismus und National(sozial)ismus, meint aber etwas anderes. Mit wissenschaftlichen Erklärungsmodellen wird Politik gemacht und gesellschaftlicher Richtungsstreit ausgetragen. Weil es nicht um die Wirklichkeit (des Rechtsextremismus) selbst, sondern um deren unterschiedliche Wahrnehmung geht, muss nach den dahinter verborgenen Interessen gefragt werden. Aufgabe der politischen Bildung wäre es, die in vielen Köpfen über Rechtsextremismus, Rassismus und Jugendgewalt vorhandenen Bilder bewusster zu machen und zu hinterfragen, sodass Chancen für eine neue, unbefangenere Sichtweise entstehen.
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Literatur
Weitere Deutungsmuster werden dargestellt und kritisiert bei Christoph Butterwegge, Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt. Erklärungsmodelle in der Diskussion, Darmstadt 1996; ders., Entwicklung, gegenwärtiger Stand und Perspektiven der Rechtsextremismusforschung, in: Christoph Butterwegge u.a., Rechtsextremisten in Parlamenten. Forschungsstand — Fallstudien — Gegenstrategien, Opladen 1997, S. 10ff.
Vgl. Ulrike C. Wasmuht, Rechtsextremismus: Bilanz und Kritik sozialwissenschaftli-cher Erklärungen, in: Leviathan 1/1997, S. 110ff.
Vgl. hierzu: Christoph Butterwegge (Hrsg.), NS-Vergangenheit, Antisemitismus und Nationalismus in Deutschland. Beiträge zur politischen Kultur der Bundesrepublik und zur politischen Bildung, Baden-Baden 1997; ders., Nationalismus und Rassismus — Kernideologien des Rechtsextremismus als Leitbilder für die Jugend?, in: Manfred Büttner (Hrsg.), Braune Saat in jungen Köpfen. Grundwissen und Konzepte für Unterricht und Erziehung gegen Neonazismus und Rechtsgewalt, Bd. 1: Theorie und Ideologie des Rechtsextremismus und Nationalsozialismus in Geschichte und Gegenwart, Baltmannsweiler 1999, S. 13ff.
Vgl. Claus Leggewie, Rechtsextremismus — eine soziale Bewegung?, in: Wolfgang Kowalsky/Wolfgang Schroeder (Hrsg.), Rechtsextremismus. Einführung und Forschungsbilanz, Opladen 1994, S. 325
Siehe Arno Klönne, Kein Spuk von gestern oder: Rechtsextremismus und
Ebd.
Hans-Helmuth Knütter, Ideologien des Rechtsradikalismus im Nachkriegsdeutsch-land. Eine Studie über die Nachwirkungen des Nationalsozialismus, Bonn 1961, S. 208
Vgl. dazu: Wolfgang Wippermann, Verfassungsschutz und Extremismusforschung: falsche Perspektiven, in: Jens Mecklenburg (Hrsg.), Braune Gefahr. DVU, NPD, REP — Geschichte und Zukunft, Berlin 1999, S. 268ff.
Uwe Backes/Eckhard Jesse, Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin/Frankfurt am Main 1993, S. 40
Richard Stöss, Die extreme Rechte in der Bundesrepublik. Entwicklung — Ursachen — Gegenmaßnahmen, Opladen 1989, S. 18
Eckhard Jesse, Der Totalitarismus-Ansatz nach dem Zusammenbruch des realexistierenden Sozialismus, in: Die Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte 11/1991, S. 984
Vgl. Michael Schöngarth, Die Totalitarismusdiskussion in der neuen Bundesrepublik 1990 bis 1995, Köln 1996; Karl Heinz Roth, Geschichtsrevisionismus. Die Wiedergeburt der Totalitarismustheorie, Hamburg 1999
Hans-Gerd Jaschke, Streitbare Demokratie und Innere Sicherheit. Grundlagen, Praxis und Kritik, Opladen 1991, S. 59f.
Erwin K. Scheuch, Theorie des Rechtsradikalismus in westlichen Industriegesellschaften, in: Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts-und Gesellschaftspolitik 12 (1967), S. 12f.
Siehe Reinhard Kühnl, Der Weg der Faschismusforschung, in: Das Argument 209 (1995), S. 234
Vgl. dazu: Ulrich Chaussy, Oktoberfest. Ein Attentat, Darmstadt/Neuwied 1985
Claus Leggewie, Die Zwerge am rechten Rand. Zu den Chancen kleiner neuer Rechtsparteien in der Bundesrepublik Deutschland, in: Politische Vierteljahresschrift 4/1987, S. 363
Wolfgang Benz, Die Opfer und die Täter. Rechtsextremismus in der Bundesrepublik, in: ders. (Hrsg.), Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Voraussetzungen, Zusammenhänge, Wirkungen, Frankfurt am Main 1989, S. 23
Vgl. Gerhard Paul, Der Schatten Hitlers verblaßt. Die Normalisierung des Rechtsextremismus in den achtziger Jahren, in: ders. (Hrsg.), Hitlers Schatten verblaßt. Die Normalisierung des Rechtsextremismus, Bonn 1989, S. 45
Vgl. Ulrich Beck, Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne, Frankfurt am Main 1986; ders./Elisabeth Beck-Gernsheim (Hrsg.), Riskante Freiheiten. Zur Individualisierung der Lebensformen in der Moderne, Frankfurt am Main 1994
Wilhelm Heitmeyer, Rechtsextremistische Orientierungen bei Jugendlichen. Empirische Ergebnisse und Erklärungsmuster einer Untersuchung zur politischen Sozialisation, Weinheim/München 1987, S. 16
Wilfried Breyvogel, Die neue Gewalt Jugendlicher gegen Fremde 1990–1993. Zur Kritik der Arbeiten des „Bielefelder Erklärungsansatzes“, in: Sozialwissenschaftliche Literatur Rundschau 29 (1994), S. 16
Dorfft Stenke, Geschlechterverhältnis und Rechtsextremismus, in: Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz (Hrsg.), Rassismus — Fremdenfeindlichkeit — Rechtsextremismus: Beiträge zu einem gesellschaftlichen Diskurs, Bielefeld 1993, S. 91
Wilhelm Heitmeyer, Das Desintegrations-Theorem. Ein Erklärungsansatz zu fremdenfeindlich motivierter, rechtsextremistischer Gewalt und zur Lähmung gesellschaftlicher Institutionen, in: ders. (Hrsg.), Das Gewalt-Dilemma. Gesellschaftliche Reaktionen auf fremdenfeindliche Gewalt und Rechtsextremismus, Frankfurt am Main 1994, S. 46
Wilfried Breyvogel, Die neue Gewalt Jugendlicher gegen Fremde 1990–1993, a.a.O., S. 24
Vgl. Birgit Rommelspacher, Rechtsextremismus und Dominanzkultur, in: Adreas Foitzik u.a. (Hrsg.), „Ein Herrenvolk von Untertanen“. Rassismus — Nationalismus — Sexismus, Duisburg 1992, S. 85
Siehe Rudolf Leiprecht, Das Modell „unmittelbare und/oder direkte Konkurrenz“: Erklärung von Rechtsextremismus oder Rechtfertigungsangebot?, in: Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz (Hrsg.), Rassismus — Fremdenfeindlichkeit — Rechtsextremismus: Beiträge zu einem gesellschaftlichen Diskurs, a.a.O., S. 69
Siehe Jürgen R. Winkler, Bausteine einer allgemeinen Theorie des Rechtsextremismus. Zur Stellung und Integration von Persönlichkeits-und Umweltfaktoren, in: Jürgen W. Falter u.a. (Hrsg.), Rechtsextremismus. Ergebnisse und Perspektiven der Forschung, Opladen 1996 (PVS-Sonderheft 27 ), S. 42
Roland Eckert, Gesellschaft und Gewalt — ein Aufriß, in: Soziale Welt 3/1993, S. 358
Helmut Willems, Fremdenfeindliche Gewalt. Einstellungen — Täter — Konflikteskalaton, Opladen 1993, S. 250
Vgl. z.B. Franz Urban Pappi, Die Republikaner im Parteiensystem der Bundesrepublik. Protesterscheinung oder politische Alternative?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament 21/1990, S. 37ff.; Klaus Erdmenger, Rep-Wählen als rationaler Protest?, Wer wählt die „Republikaner“ und warum?, in: Hans-Georg Wehling (Red.), Wahlverhalten, Stuttgart/Berlin/Köln 1991, S. 242ff.; Dieter Roth/Hartmut Schäfer, Der Erfolg der Rechten. Denkzettel für die etablierten Parteien oder braune Wiedergeburt?, in: Wilhelm Bürklin/Dieter Roth (Hrsg.), Das Superwahljahr. Deutschland vor unkalkulierbaren Regierungsmehrheiten?, Köln 1994, S. 111ff.
Siehe Bodo Morshäuser, Rechtsradikale Jugendliche: „Eine antiautoritäre Rebellion“, in: Psychologie heute 12/1993, S. 41
Vgl. hierzu: Christoph Butterwegge, Ethnisierungsprozesse, Mediendiskurse und politische Rechtstendenzen, in: ders. (Hrsg.), NS-Vergangenheit, Antisemitismus und Nationalismus in Deutschland, a.a.O., S. 198ff.
Karl Heinz Roth, Rassismus von oben — Rassismus von unten, in: 1999. Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts 2/1993, S. 7
Hans-Gerd Jaschke, Rechtsradikalismus als soziale Bewegung. Was heißt das?, in: Vorgänge 122 (1993), S. 105
Siehe Werner Bergmann, Ein Versuch, die extreme Rechte als soziale Bewegung zu beschreiben, in: ders./Rainer Erb (Hrsg.), Neonazismus und rechte Subkultur, Berlin 1994, S. 186/184
Vgl. Uwe Backes, Organisierter Rechtsextremismus im westlichen Europa. Eine vergleichende Betrachtung, in: Werner Billing u.a. (Hrsg.), Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland, Baden-Baden 1993, S. 61
Siehe Ruud Koopmans/Dieter Rucht, Rechtsradikalismus als soziale Bewegung?, in: Jürgen W. Falter u.a. ( Hrsg. ), Rechtsextremismus, a.a.O., S. 268
So Ruud Koopmans, Soziale Bewegung von rechts?, Zur Bewegungsförmigkeit rechtsradikaler und ausländerfeindlicher Mobilisierung in Deutschland, in: Jens Mecklenburg (Hrsg.), Handbuch deutscher Rechtsextremismus, Berlin 1996, S. 780 (Fn. 5)
Norbert F. Schneider, Was kann unter einer „sozialen Bewegung“ verstanden werden?, Entwurf eines analytischen Konzepts, in: Ulrike C. Wasmuht (Hrsg.), Alternativen zur alten Politik?, Neue soziale Bewegungen in der Diskussion, Darmstadt 1989, S. 198
Jörg Bergmann/Claus Leggewie, Die Täter sind unter uns. Beobachtungen aus der Mitte Deutschlands, in: Kursbuch 113 (1993), S. 34
Uwe Markus, „Immer cool bleiben…“, Jugendgewalt in Ostdeutschland, in: Werner Bergmann/Rainer Erb (Hrsg.), Neonazismus und rechte Subkultur, a.a.O., S. 158f.
Vgl. Dieter Bott, Jugend und Gewalt, in: Deutsche Jugend 2/1993, S. 87
Vgl. Werner Bergmann/Rainer Erb, Kaderparteien, Bewegung, Szene, kollektive Episode oder was?, Probleme der soziologischen Kategorisierung des modernen Rechtsextremismus, in: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen 4/1994, S. 26
Siehe Thomas Ohlemacher, Schmerzhafte Episoden: Wider die Rede von einer rechten Bewegung im wiedervereinigten Deutschland, in: ebd., S. 21
Armin Pfahl-Traughber, Noch einmal: Rechtsextremismus als (neue) soziale Bewegung?, Versuch einer Einschätzung vor dem Hintergrund der Situation Ende der 90er Jahre, in: Frieder Dünkel/Bernd Geng (Hrsg.), Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Bestandsaufnahme und Interventionsstrategien, Mönchengladbach 1999, S. 103
Vgl. Martin Doehlemann, Langeweile, Moralentwicklung und Gewaltbereitschaft von Jugendlichen in der Konsum-und Konkurrenzgesellschaft, in: Gregor Sauerwald (Hrsg.), Angst, Haß, Gewalt — Fremde in der Zweidrittelgesellschaft. Eine Herausforderung für das Sozialwesen, Münster/Hamburg 1994, S. 43f.
Ute Osterkamp, Antirassismus: weitere Fallstricke und Problematisierungen, in: Das Argument 195 (1992), S. 737
Bodo Morshäuser, Hauptsache Deutsch, Frankfurt am Main 1992, S. 112
Reinhard Kühnl u.a., Die NPD. Struktur, Ideologie und Funktion einer neofaschistischen Partei, Frankfurt am Main 1969, S. 297
Vgl. Gerhard Amendt, Du oder Sie. 1945 — 1968 — 1995, Bremen 1995, S. 70
Helmut Kohl, Erklärung der Bundesregierung zu Extremismus und zunehmender Gewaltbereitschaft in Deutschland, in: Presse-und Informationsamt der Bundesregierung (Hrsg.), Bulletin 136/1992, S. 1242f.
Beate Scheffler, „Trau keiner/m unter 30“. Brauchen wir eine neue Revolte?, in: Die GRÜNEN im Landtag Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Halbzeit. Zweieinhalb Jahre GRÜNE im Landtag NRW, Düsseldorf 1992, S. 48
Claus Leggewie, Plädoyer eines Antiautoritären für Autorität, in: Die Zeit v. 5. 3. 1993
Vgl. z.B. Anleitung zum Haß. Der Kriminologe Christian Pfeiffer über das Erziehungssystem der DDR und die Folgen, in: Der Spiegel v. 22.3.1999, S. 60ff.; zur Kritik: Michael Geyer, Der häßliche Deutsche — ein DDR-Krippenkind?, Pädagogischer Drill bedingt Ausländerhaß — Anmerkungen zu einer These, die heftigen Streit verursacht, in: Die Zeit v. 8. 4. 1999
Vgl. Karl-Otto Richter/Bernhard Schmidtbauer, Zur Akzeptanz von Asylbewerbern in Rostock-Stadt Empirische Ergebnisse aus dem Frühjahr 1992, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 2–3/1993, S. 44
Vgl. Roland Eckert u.a., Erklärungsmuster fremdenfeindlicher Gewalt im empririschen Test, in: Jürgen W. Falter u.a. ( Hrsg. ), Rechtsextremismus, a.a.O., S. 154
Siehe Matthias Wellmer, Ausländerfeindlichkeit und Gewalt ist nicht Protest, sondern Tradition!, in: Neue Praxis 3/1994, S. 283
Michael Bommes/Albert Scherr, Faschos raus aus den Jugendzentren?, Probleme offener Jugendarbeit im Umgang mit rechten Jugendlichen, in: Albert Scherr (Hrsg.), Jugendarbeit mit rechten Jugendlichen, Bielefeld 1992, S. 116
Arno Klönne, Kein Spuk von gestern oder: Rechtsextremismus und „Konservative Revolution“, a.a.O., S. 12
Vgl. hierzu: Christoph Butterwegge, Standortnationalismus — eine Herausforderung für die politische Jugendbildung, in: Deutsche Jugend 11/1998, S. 469ff.
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Butterwegge, C. (2001). Entschuldigungen oder Erklärungen für Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt?. In: Butterwegge, C., Lohmann, G. (eds) Jugend, Rechtsextremismus und Gewalt. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01243-6_2
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