Medizinisches Versorgungssystem und Herrschaft

Zusammenfassung

Unter dem Gesichtspunkt des Modus gesellschaftlicher Steuerung diskutiere ich die Funktion und Leistungsfähigkeit medizinischer Versorgung. Die Frage ist, worauf — von ihren Ergebnissen her beurteilt — die Funktion medizinischer Versorgung in erster Linie ausgerichtet ist. Sie hat ja zwei konkurrierende Funktionen. Die eine ist, wie wir spätestens seit Parsons (1964) wissen, die der sozialen Kontrolle einer spezifischen Form abweichenden Verhaltens, nämlich des Krankseins. Die andere steht in unserem Bewußtsein dieser erstgenannten gegenüber sehr im Vordergrund; das hat eine ideologische Funktion, ist jedoch auch eine berechtigte Forderung, denn die Heilfunktion wird davon ja auch legitimerweise erwartet. Ich möchte prüfen, wie sich diese beiden Momente heute zueinander verhalten. Die Fragestellung dient zunächst der Absicht, eventuelle Spannungen zwischen der Kontrollfunktion und der Heilfunktion medizinischer Versorgung zu diskutieren. Schliesslich müssten sich aus dieser Diskussion aber auch Einsichten ableiten lassen über den Stand des Prozeses der Rationalisierung in diesem Bereich und entsprechende Veränerungen von daher qualifizierbar werden.

Schriftliche Fassung eines auf dem 4. Scientific Meeting der International Society of Political Psychology Ende Juni 1981 in Mannheim nur mündlich vorgelegten Referates.