Zusammenfassung
Es kann heute kaum ein Zweifel daran bestehen, daß die US-Administration in den letzten Kriegsjahren, vor allem dann kurz vor Kriegsende 1945 unter Führung des schon schwerkranken Franklin Delano Roosevelt, das große Ziel einer mit der Sowjetunion gemeinsam zu verwirklichenden Friedenssicherung verfolgte. Sie sollte einen neuen Weltkrieg unmöglich machen und darüber hinaus die Festigung und Ausdehnung eines maximal liberalisierten Welthandels fördern, nicht zuletzt natürlich im Interesse der USA als kapitalistischer Wirtschaftsmacht Nummer eins. Roosevelt sprach in dieser Zeit die Hoffnung auf eine solche Friedenssicherung zumindest für die „nächsten 50 Jahre“ aus. Als Instrument zur Verwirklichung solcher Ziele sollten vor allem die Vereinten Nationen und ihr angeschlossene multilaterale Organe dienen. Für sie wollte der amerikanische Präsident die Sowjetunion unter allen Umständen vertraglich gewinnen. Aber auch der im Frühjahr 1945 noch ausstehende „Endsieg“ über die letzte der drei Achsenmächte, das heißt über Japan, sollte mit Hilfe der Sowjetunion gesichert werden.
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Referenzen
Zit. nach Keesing’s Archiv der Gegenwart (im folgenden zitiert: Keesing), 27. 6. 1945, S. 298; vgl. A. M. Schlesinger (Ed.), The Dynamics of World Power. A Documentary History of the United States Foreign Policy 1945–1973, Bd. V, New York 1973, S. 80f.
Besonders gut aus der Vielzahl neuerer Studien zum legislativen Einfluß: T. M. Frank/ E. Weisband, Foreign Policy by Congress, Oxford 1979.
Siehe: Foreign Relations of the United States. Diplomatic Papers. The Conferences at Malta and Yalta, Washington 1955, S. 97 ff. und 217 ff. (Die Serie wird im folgenden zitiert: FRUS).
Als Väter der realistischen Schule in den USA können der Politologe Hans Morgenthau (nicht der Finanzminister Roosevelts Henry M.) und der protestantische Theologe Reinhold Niebuhr gelten. G. F. Kennans relativ frühes Werk: Amerikas Außenpolitik 1900–1950, Stuttgart 1952, ist auch heute noch beachtenswert.
Protokolle in deutscher Sprache herausgegeben und kommentiert: A. Fischer, Teheran, Yalta, Potsdam. Die sowjetischen Protokolle von den Kriegskonferenzen der „Großen Drei“, Köln 31973; zu Potsdam insgesamt immer noch grundlegend: F. Faust, Das Potsdamer Abkommen und seine völkerrechtliche Bedeutung, Frankfurt 41969; zur Genese des Oder-Neiße-Konfliktes siehe u. a.: H. Lehmann, Der Oder-NeißeKonflikt, München 1979; vgl. auch: H.-A. Jacobsen/C. C. Schweitzer/J. Sulek (Hrsg.), Bundesrepublik Deutschland — Volksrepublik Polen. Bilanz der Beziehun- gen, Probleme und Perspektiven ihrer Normalisierung, Frankfurt/Warschau 1979.
Siehe G. Alperovitz, Atomic Diplomacy, Hiroshima and Potsdam, New York 1965, sowie W. A. Williams, The Tragedy of American Diplomacy, Cleveland 31971. Die Autoren dieser revisionistischen Schule, die auch in der bundesrepublikanischen Literatur häufig kritiklos rezipiert wurden, konnten für den von ihnen untersuchten Zeitraum und für ihre in den fünfziger und zum Teil sechziger Jahren entwickelten Theorien, vor allem über den Kalten Krieg, noch nicht auf die amtlichen FRUSQuellen zurückgreifen. Infofern muß die Sekundärliteratur jener Jahre kritisch hinterfragt werden. — Zum Forschungsstand grundsätzlich: R. S. Kirkendall (Ed.), The Truman Period as a Research Field, University of Miss. Press 1974.
Siehe z. B. Department of Defense (im folgenden zitiert: DOD), Joint Chiefs of Staff (im folgenden zitiert: JCS), 887/7 vom 30. 11. 1951, oder DOD, JCS 2143/6 vom 20. 12. 1952 oder DOD, JCS 2143/58, Nationalarchiv Washington (im folgenden zitiert: NAW).
Die Bestimmungen der US-Verfassung von 1787/89 (Abschnitt II, 2), sind ebenso kurz wie auslegungsfähig. Zu der inzwischen schon nicht mehr zu übersehenden Fachliteratur über die Stellung des Präsidenten im Regierungssystem der USA generell siehe Auswahlbibliographie, 3.2.
Der NSC wurde wiederholt umorganisiert, grundlegend unter Kissinger, als Nationa’er Sicherheitsberater Nixons im Jahre 1969. Damals wurde das Schwergewicht der Studien auf die Erstellung von Optionen gelegt, die von „oben“ angefordert und von „unten“ in den verschiedenen Ressorts unter breiter Beteiligung angereichert wurden. Ein gutes Beispiel ist der Auftrag, im „Namen des Präsidenten“ eine „dringliche Analyse der Politik und Strategie der USA für den Fall eines Sieges von Allende [in Chile]“ unter anderen mit den Fragen auszuarbeiten: „In welcher Art und welchem Ausmaß wäre dies eine Bedrohung von US-Interessen?“; „Welche Optionen stehen der USA als Antwort . . . zur Verfügung?“ (NSC Nr. 97, 24. 7. 1970, NAW, NSCF). Es nehmen an den Sitzungen in der Regel teil: der Außenminister, der Verteidigungsminister, der Chef des CIA bzw. deren Beauftragte, der Nationale Sicherheitsberater des Präsidenten, häufig der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs (JCS) sowie Vertreter anderer Behörden nach Bedarf. Im Laufe der Jahre hat sich der NSC eine große Anzahl von Ausschüssen gegeben, so zum Beispiel den Operations Coordinating Board, den Planning Board, einen Ausschuß für psychologische Kriegsführung. Neben den Richtliniendokumenten werden laufend Analysen erstellt, vor allem zur sog. „Basic National Security Policy“, dann aber auch „Fortschrittsberichte“ (Progress-, Status- und Actions Reports), die Durchführung von früher beschlossenen Maßnahmen betreffend. Insgesamt führt gerade die jeweils auf den neuesten Stand gebrachte Richtliniengebung zu einem hohen Maß an Kontinuität der US-Außen- und Verteidigungspolitik, negativ ausgedrückt, zu einem Mangel an kreativer Lernfähigkeit, weil die Verfasser einer auf den jeweiligen Stand zu bringenden Regionalrichtlinie offensichtlich dazu geneigt haben, zunächst einmal — sozusagen der Einfachheit halber — frühere Formulierungen zu übernehmen. Ein solcher Gleichklang der Zielsetzungen läßt sich z. B. sehr gut in den zugänglichen Nahostrichtlinien von 1954, 1958 und 1960 verfolgen, s. S. 146 ff., 195 ff.; vgl. „Foreign Policy“, Heft 5, 1971.
Siehe Kapitel III, S. 168 f., sowie Kapitel IV, S.246 ff., 268 ff.
Anstelle der schon früher zugesagten Wahlen („freien und ungehinderten“) hatte am 30. 6. 1946 lediglich ein Referendum stattgefunden. Vgl. die Studie von N. Davies, A History of Poland, Bd. II, Oxford 1981, S. 568 ff., zu den Wahlen vom 19. 1. 1947. Die Beschränkungen und Manipulationen sind hier genau beschrieben: „Das Resultat der Wahl stand von Anfang an fest.“
Das Bohlen-Zitat aus: FRUS, 1950, Bd. I, S. 221 f.
Siehe E.-O. Czempiel, Das amerikanische Sicherheitssystem 1945 bis 1949, Berlin 1966, S. 207 ff.
Militär- und Wirtschaftshilfe der USA figurieren in den späteren Jahresbudgets unter dem allgemeinen Oberbegriff der „Auslandshilfe“. Das Verhältnis von Wirtschaftshilfe (1. Gesetz: Economic Cooperation Act als Auswirkung des Marshallplanes) und Militärhilfe (1. Gesetz: Mutual Defence Assistance Act von 1949; ab 1951 die Serie Mutual Security Act) ist nur schwer auszumachen, besonders was die späteren Jahre betrifft.
Ein besonders hervorstechendes Merkmal des US-Regierungssystems im Hinblick auf die Möglichkeiten einer effektiven Wahrnehmung von außen- und verteidigungspolitischer Kontrolle der Legislative gegenüber der Exekutive ist mit dem Instrument der Anhörverfahren in den zuständigen Ausschüssen des Senats und des Repräsentantenhauses gegeben. Speziell an dieser Stelle können sich in den USA die jedes pluralistisch-westlich-demokratisches Regierungssystem auszeichnenden, unzähligen Interessengruppen im intermediären Bereich auch in außen- und verteidigungspolitische Entscheidungsprozesse direkt einschalten ebenso wie indirekt im Hinblick auf die öffentliche Meinung. Ein gutes Beispiel für die Wirksamkeit solcher Einflußnahmen stellte die sogenannte China-Lobby ab 1949 dar.
Siehe Memorandum State Department vom 15. 1. 1952: Truman-Library, Papers of H. S. Truman sowie NAW; vgl. Kapitel II, S. 90 f. und Kapitel V, S. 308 f. zur späteren Chinapolitik der USA. Der erste Sicherheitspakt der USA mit Taiwan wurde 1954 abgeschlossen. Zur entscheidenden Phase der Beziehungen 1949/50 siehe: C. C. Schweitzer, Amerikas Chinesisches Dilemma, Köln 1969.
Zit. nach NAW, National Security Council Files (im folgenden zitiert: NSCF), Box 3.
Vgl. FRUS, 1945, Bd. IX und 1946, Bd. XI.
Siehe Kapitel II, S. 87 f., 151 ff. und Kapitel IV, S. 261 f.
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Czempiel, EO., Schweitzer, CC. (1984). 1945–1950 Genese des Kalten Krieges. In: Weltpolitik der USA nach 1945. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01135-4_3
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