Zusammenfassung
1994 präsentierte der deutsche Verkehrsminister einen neuen Zug, den “Intercity-Night”. Dieser Zug verbindet die deutsche Hauptstadt Berlin mit dem Regierungssitz in Bonn und der bayerischen Wirtschaftsmetropole München. Er ist gut ausgestattet. Es gibt Abteile, in denen man in Ruhe arbeiten kann, in denen Konferenzen abgehalten werden können, die mit Einrichtungen für Telekommunikation versehen sind. Der “IntercityNight” hat Restaurants für einen kleinen Imbiß wie für ausgedehnte Mahlzeiten, eine Bar, Schlafabteile und Duschkabinen. Nichts fehlt, was Reisende aus Wirtschaft oder Politik benötigen, wenn sie zwischen den verschiedenen Orten ihrer geschäftlichen Tätigkeiten oder zwischen Arbeitsplatz und Wohnort pendeln. Sie sparen Zeit, weil sie die Reise zugleich für andere Tätigkeiten nutzen können, und sie bewegen sich ökologischer fort als mit dem Auto oder dem Flugzeug.
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Es gibt noch einen weiteren Grund für Frauen, sich Autos anzuschaffen: Ihre Mobilität wie die von Kindern und Älteren ist durch die Angst eingeschränkt, ein Opfer von (sexueller) Gewalt und Kriminalität zu werden. Viele Frauen argumentieren, daß sie ein Auto zu ihrem Schutz in verlassenen Gegenden und in der Dunkelheit brauchten. Sie fühlen sich nur in ihrem geschlossenen Wagen sicher. Gleichzeitig sind die desolaten Parkplätze, die düsteren Parkhäuser sowie die leblosen Fahrstraßen die Orte, die am meisten gefürchtet und gemieden werden. Fast jeder Hollywood-thriller zeigt einen horror-trip in einer Tiefgarage. Belebte Straßen und Öffentlichkeit sind die beste Kontrolle. Aber in vielen Bundesländern haben die Regierungen Gesetze erlassen, um die BewohnerInnen vor Verkehrslärm zu schützen (Lärmschutzverordnungen). Als Folge dessen wurden viele Neubauten straßenabgewandt errichtet, Fenster und Balkone zum Hofinnenbereich orientiert und Straßenfassaden möglichst geschlossen. Diese “ökologischen” Maßnahmen ließen soziale Aspekte außer acht. Als Folge sind besonders in der Dunkelheit Straßen und öffentliche Plätze leblos und unkontrolliert. Gebäude sollten aber “Fenster wie Augen” haben, um hinaus- und hineinschauen und am sozialen Leben teilhaben zu können.können.
1993 bestimmten die Studentlnnenen eines Seminars an der Hochschule der Künste Berlin die schönsten und die häßlichsten Stellen Berlins. Alle, die als besonders häßlich benannt wurden, waren Knotenpunkte des Verkehrs. Die StudentInnen charakterisierten sie als anonym, unübersichtlich, hektisch, finster, monoton, desolat, verwahrlost, dreckig, laut, stinkend, widerlich, gefährlich. Sie assoziierten mit ihnen Öde, Verwirrung, Grobheit, Furcht, Trostlosigkeit, Unmenschlichkeit, Menschenfeindlichkeit, Unbehagen, Unwohlsein und Angst. Die solchermaßen charakterisierten Orte in der Stadt wurden von Architekten und Stadtplanern hergestellt — dem Verkehr zuliebe.
Das Szenario entstand im Rahmen eines unveröffentlichten Artikels zum Thema “Restructuring Cities: Transport, Communication and Urban Form” für das Buch von R. U. Ayres/ U. E. Simonis (Hg.): Industrial Metabolism. Restructuring for Sustainable Development. Tokyo/ New York/ Paris: United Nations University Press 1995. Die Frage von Robert U. Ayres ist einem Brief zum Manuskript entnommen.
Feministinnen in den räumlichen Professionen — Umwelt-, Raum- und Stadtplanung sowie Architektur — sind den Forderungen der Ökologiebewegung oft sehr nahe und unterstützen sie. Ökologen aber sehen in privaten Haushalten nicht selten die größten Umweltverschmutzer. Sie fordern die Entlastung von Umweltschäden durch Rückverlagerung mancher Ver- und Entsorgung in den Reproduktionsbereich. Auch das ist patriarchaler Hierarchie geschuldet.
Das Zitat von Elisabeth List heißt insgesamt: “Denn wie der soziologische Diskurs entspricht der Planungsdiskurs dem Idealtyp eines Herrschaftsdiskurses nach dem Modell instrumenteller Vernunft. Es handelt sich um einen Verftigungsdiskurs, der immer schon davon ausgeht, es sei seine Aufgabe — und auch sein Recht —, aus der Position eines Zentrums der Macht, von Wissensmacht und materieller Macht, kraft seines Rationalitätsanspruchs Entscheidungen über den Einsatz und die Verteilung von Ressourcen, und im besonderen auch über die Gestaltung von Wohn- und Arbeitsraum zu treffen.” (List 1993, S. 139)
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Dörhöfer, K., Terlinden, U. (1998). Transport, Verkehr und Raumstruktur — Zur Absurdität der “rationalen Planung”. In: Verortungen. Stadtforschung aktuell, vol 66. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01132-3_9
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