Zusammenfassung
Nach einer Längsschnitt-Darstellung der Entwicklung der Jugendpolitik soll die Jugendpolitik nun als eigenständige Teilpolitik untersucht werden. Sie hat sich als solche mit spezifisch ihr zugeordneten Praxisfeldern, eigenen normativen Mustern und neuerlich mit dem Anspruch der Koordination und Beeinflussung anderer politischer Teilpolitiken im Hinblick auf Jugendfragen etabliert und aus der Innenpolitik ausdifferenziert. Es liegt daher nahe, die Jugendpolitik als eigenes politisches Teilsystem zu begreifen und zwar als Sinnzusammenhang politischer Handlungen, „die aufeinander verweisen und sich von einer Umwelt nicht dazugehörender Handlungen abgrenzen lassen“ (Luhmann 1970, S. 115). Es handelt sich dabei um ein aus dem Gesamtkomplex der Politik objektund funktionalbestimmt ausdifferenziertes Handlungsfeld. Zum jugendpolitischen Teilsystem gehören im weiteren Sinne nicht allein die politischen Zentralinstanzen, sondern auch die in ihrem Vorfeld agierenden Verbände, Gruppen und Institutionen, die auf das, was man Jugendpolitik und jugendpolitisches Handeln nennt, Einfluß nehmen. Im ersten Abschnitt sollen diese Institutionen und Organisationen kurz genannt werden. Sie stellen nach Eaton (1965) das ‚environment‘ des eigentlichen politischen Systems dar.
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Anmerkungen
Es ist im Hinblick auf die »Einheit der Jugendhilfe gelegentlich kritisiert worden, daß noch keine einheitliche Ressortierung erreicht ist. Gerade aufgrund jüngster Entwicklungen scheint uns eine solche Beurteilung nicht ganz einleuchtend. Einerseits soll sich die Jugendhilfe nach Aussagen der Jugendpolitiker in Richtung auf die Büdungs- und Erziehungsbereiche entwickeln, andererseits möchte man die Jugendhilfe nicht an die Kultusministerien »ausgeliefert4 sehen. Im Sinne einer Verflechtung der Sozial- und Bildungspolitik und einer Berücksichtigung der Jugendhilfe in beiden Ressorts könnte man durchaus der Meinung sein, daß die in Kauf zu nehmenden Reibungsverluste geringer wiegen als die daraus möglicherweise erwachsenden Vorteile - vorausgesetzt, es bestehen ausreichende Koordinations- und Kommunikationsstrukturen zwischen den Ministerien.
Neuordnung der sozialen Leistungen 1955, S. 57;,,Finalitätsprinzip, Gestaltungsprinzip des Systems sozialer Sicherung, nach dem Art und Höhe von Sozialleistungen am Ziel der Schadensbehebung oder der gleichmäßigen Sicherung orientiert sind. F. legitimiert eine Vereinheitlichung des Leistungsrechts unabhängig von der Schadensursache.4 Lexikon zur Soziologie, S. 204. Das Kausalitätsprinzip ist der Gegenbegriff dazu.
Auch in anderen Beiträgen zur Sozialreform wurde die Forderung einer stärkeren Berücksichtigung der Kinder und Jugendlichen immer strikt mit der Familie bzw. dem,Familienprinzip4 verknüpft. Vgl. Mackenroth (1952) in Boettcher 1957, S. 59–62, insbesondere S. 62; bedeutungsvoll ist ferner, daß im Zusammenhang mit dem Jugendamt nicht von Jugendpolitik, sondern von Sozialpolitik und Familienpolitik die Rede ist, S. 70.
So verzeichnet das,Lehr- und Handbuch4 von Boettcher (1957) im Sachverzeichnis weder die Jugendhilfe noch die ältere Bezeichnung Jugendwohlfahrt.
Im Auftrag der Kommission ist lediglich von einer Darstellung des »gegenwärtigen Sozialrechts4 und seinen Auswirkungen die Rede. Das Wort,Sozialreform kommt nicht vor; Beschluß der Bundesregierung vom 29.4.1964, abgedruckt in: Soziale Sicherung... 1966, S. 347–349.
So findet man in dem weithin als repräsentativ geltenden Buch von Höffner (1962) noch nicht einmal im Sachverzeichnis die Begriffe,Kind4 oder »Jugend4, während der Ehe und Familie sowie der Familienpolitik breiter Raum gewidmet wird.
Aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang, daß in einer neueren Dokumentation zur Bildungspolitik selbst die Außerschulische Jugendbildung in der auszugsweisen Wiedergabe des Bildungsberichtes nicht erscheint, dagegen schien es dem Herausgeber wichtiger, den Abschnitt über das Bibliothekswesen abzudrucken; Klink 1972, S. 56.
Vgl. Ulrich Lohmar auf dem Kongreß »Junge Generation und Macht4 1960, S. 52 und Willy Brandt auf der Großkundgebung der Sozialistischen Jugend Deutschlands - Die Falken - am 6. November 1972 in Düsseldorf, in: Jugend und Bildung 1972, S. 54.
1973/1974 machten die spektakulären Erfolge der »Schülerunion4 von sich Reden. Pressemeldungen zufolge ist die Mitgliederzahl von 1973 von 5 000 auf 25 000 im Jahre 1974 gestiegen; vgl. deutsche Jugend 1973, S. 203; Meldung der Deutschen Presse Agentur vom 10.8.1974.
Der Programmatik der CSU wird hier keine eigenständige Bedeutung zugemessen. Auch nach parteioffiziellen Aussagen bestehen keine schwerwiegenden Unterschiede in der Zielsetzung von CDU und CSU, vgl. CDU. Geschichte, Idee, Programm, Statut, 1961, S. 8.
Über die Nachwuchsorganisationen der politischen Parteien in der Bundesrepublik geben Bilstein/Hohlbein/Klose 1971 einen materialreichen Überblick. Gleichzeitig dokumentiert diese Veröffentlichung ungewollt die Tatsache, daß die Verbände sich kaum mit Jugendpolitik beschäftigen. Die Autoren lassen dieses Thema völlig beiseite.
Gesprochen wurde in diesem Zusammenhang von der,Einheit der Jugendhilfe’ im neuen Jugendamt und man fand das Schlagwort vom »lebendigen Jugendamt; vgl. dazu: Jugendhilfe eine gemeinsame Aufgabe, 1964, S. 27 ff.
Weitere Auswertungen in: Bruno W. Nikles, Jugendpolitik und Jugendpolitiker. Materialien einer Befragung von Bundestagsabgeordneten, Duisburg: Verlag der Sozialwissenschaftlichen Kooperative 1975.
Beispielsweise die Zeitschrift »Jugendwohl* des Deutschen Caritasverbandes oder die Zeitschrift,Theorie und Praxis der sozialen Arbeit, früher:,Neues Beginnen der Arbeiterwohlfahrt.
Als aktuelles Beispiel: ein Beitrag des Bundestagsabgeordneten Kroll-Schlüter (CDU) zum Referentenentwurf eines neuen Jugendhilfegesetzes in der katholischen Zeitschrift,Die Neue Ordnung, Jahrgang 28, 1974.
Regeirungserklärung der Bundesregierung vom 28. Oktober 1969, BTVerh., VI, 5, 28.10.1969, S. 20 ff.; vgl. auch bereits die Regierungserklärung der Großen Koalition, BTVerh., V, 80, 13.12.1966, S. 3659.
Vogel 1972, S. 261 unter Verweis auf: Organisation und Tätigkeit der Jugendämter… 1960 und Vogel 1960.
Gemeint sind etwa die Arbeiten von Peters 1968, 1969 oder Brüsten 1973, ferner die für den Jugendbericht erstellten Arbeiten aus dem Deutschen Jugendinstitut, vgl. Jugendbericht III, S. 147 f.
Eine breitere Öffentlichkeit erfaßten z. B. die Arbeiten in den von Wurzbacher 1963 und Scharmann 1964 herausgegebenen Werken.
Vgl. Westphal 1972 b, wie hier, so bleiben auch in anderen Äußerungen die inhaltlichen Bestimmungen des Sozialisationsbegriffs äußerst diffus: Bei der Konzeption einer neuen Jugendpolitik heißt es bei Westphal, S. 1680 f.: „Zwei Begriffe stehen hierbei im Vordergrund: - von der Gesellschaft her gesehen die Sozialisation und - von der Persönlichkeit her gesehen die Emanzi-pationl Während über die Sozialisation - die Gewöhnung an Normen des Zusammenlebens - Mißverständnisse kaum möglich sind, bedarf es doch der Erläuterung dessen, was man unter Emanzipation als Erziehungsziel versteht.
Der vierte Jugendbericht soll sich mit der Lage der arbeitenden Jugend und daraus sich ergebender Konsequenzen für Jugendhilfe und Jugendpolitik befassen.
Dies zeigt die Schriftenreihe des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit, in der inzwischen einige Titel zur Grundlegung der Familienpolitik erschienen sind, die aus Gutachten und Beratungstätigkeiten entstanden sind; vgl. Probleme der Familie... 1973.
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Nikles, B.W. (1976). Jugendpolitik als spezielle Teilpolitik. In: Jugendpolitik in der Bundesrepublik Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-00100-3_5
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