Zusammenfassung
„Was ist Statistik?“ war eine der Fragen, die wir uns in Kap. 1 gestellt haben. Dabei wurden speziell die Säulen „Beschreiben“ (deskriptive Statistik), „Suchen“ (explorative Statistik) und „Schließen“ (induktive Statistik) hervorgehoben. Die Verfahren, die wir bislang kennengelernt haben, sind den ersten beiden Säulen zuzuordnen. Damit sind wir nun in der Lage, einen Datensatz so zu bearbeiten, dass wir ihn komprimiert in grafischer oder tabellarischer Form darstellen und Kenngrößen angeben können. Mithilfe der explorativen Statistik können wir zudem den Datensatz hinsichtlich interessanter Strukturen tiefergehend analysieren. Dies wird uns i. Allg. aber nicht genügen. Da typischerweise keine Vollerhebungen, sondern Stichprobenziehungen durchgeführt werden, wäre es anhand der deskriptiven oder auch explorativen Statistik nicht möglich, formale Rückschlüsse auf die dahinterstehende Grundgesamtheit ziehen zu können. Würde man etwa in einer klinischen Studie ein neues Präparat mit einem Placebo hinsichtlich seiner Wirksamkeit vergleichen, so könnten wir mit den uns bislang zur Verfügung stehenden Methoden beispielsweise nur die Aussage treffen, dass das neue Präparat in dem vorliegenden Kollektiv eine im Durchschnitt bessere Wirkung erzielt hat als das Placebo. Für die Zulassung dieses Präparats auf dem Markt ist es natürlich nicht ausreichend zu wissen, dass es bei einer ausgewählten Gruppe von Patienten und Patientinnen wirkt. Entscheidend ist es, in Erfahrung zu bringen, ob die in der Stichprobe beobachtete Wirkung allein auf den Zufall zurückzuführen ist oder ob sie mit großer Sicherheit tatsächlich durch das Präparat hervorgerufen wurde. Ist Letzteres der Fall, ist der beobachtete Effekt nicht von dem behandelten Kollektiv abhängig, sondern für eine umfassendere Grundgesamtheit gültig, und das Präparat kann auf dem Markt zugelassen werden. Eine solche Entscheidung wird in der Regel durch statistische Methoden abgesichert und erfordert zum einen die Betrachtung des Ausgangs der klinischen Studie als das Ergebnis eines Zufallsvorgangs sowie zum anderen die Verwendung von Wahrscheinlichkeitsrechnung, um die Bedeutung des Zufalls für den Ausgang dieses Zufallsvorgangs quantifizieren zu können.
Im Verlauf des folgenden Abschnitts werden wir den Begriff des Zufallsvorgangs präzisieren und den Begriff der Wahrscheinlichkeit einführen. Einfache Rechenregeln und weitergehende Gesetze für Wahrscheinlichkeiten bilden dann die Grundlage für die Inhalte der weiteren Abschnitte.
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Fahrmeir, L., Heumann, C., Künstler, R., Pigeot, I., Tutz, G. (2023). Wahrscheinlichkeitsrechnung. In: Statistik. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-67526-7_4
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Publisher Name: Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg
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